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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Festungslazarett - Festungsrayon
eine praktische Erprobung noch nicht erfahren, wes-
halb über verschiedene Punkte die Ansichten noch
sehr auseinandergehen. Im allgemeinen wird man
bei dem neuern förmlichen Angriff versuchen: durch
die Wirkung schwerer Geschütze die Streitkräfte
und Streitmittel des Gegners planmäßig nieder-
zukämpfen, den Gegner aus dem Gelände vor feinen
Werken auf diese zurückzutreiben und das eroberte
Gelände durch verteidigungsfähige Deckungen zu
sichern, um schließlich nach Zerstörung der Sturm-
freiheit und der Flankierungsanlagen stürmend
in die Werke einzudringen. Der förmliche Angriff
gliedert sich gewöhnlich in den Fern- und Nah-
an griff. Der erstere soll das Festsetzen der In-
fanterie in dem zur Durchführung des Angriffs un-
entbehrlichen Gelände unterstützen und die Kampf-
mittel des Gegners (Geschütze und ihre Deckungen,
Hohlräume, Wälle, Sturmfreihcit der Gräben) ver-
nichten, um den Nahangrisf, d. h. das Durch-
ich'cnien des unmittelbar vor den Werken im wirk-
samen Gewehrfeuer derselben liegenden Teils des
Angriffsfeldes und dann den Sturm zu ermöglichen.
Hat die Festung geringe Ausdehnung und wenig
.hohlräume, fo kann schon der Fernangriff als
Bombardement die Übergabe des Platzes nach
sich ziehen. Gegen kleinere Festungen mit mangel-
haften Verteidigungsanlagen oder fchwachen Be-
satzungen, oder gegen einzelne abgesondert gelegene
Werke, die keine äußern Reserven haben, kann der
abgekürzte An griff angewendet werden, indem
man von vornherein möglichst nahe an die Werke
herangeht, den Verteidiger durch überwältigendes
Feuer aus dem Vorgelände und vom offenen Wall
vertreibt und den Sturm aus größerer Entfernung
über das freie Feld hinweg unternimmt, ohne vor-
her die Sturmfreiheit (Flankierungsanlagen) ver-
nichtet zu haben. - Obwohl die von den preußisch-
deutfchen Truppen in den neuesten Kriegen aus-
geführten Belagerungen der Form nach noch in
Vaubanscher Manier geführt wurden, machten sich
dabei durch die Verwendung der gezogenen Geschütze
doch verschiedene Momente geltend, die der oben
besprochenen neuen Manier entsprechen. So ist
Düppel(1864) gewissermaßen ein Beispiel des ab-
gekürzten Angriffs, und die Belagerungen von
Toul, Diedenhofen und Neubreisach (1870) solche
eines erfolgreichen Bombardements. Das Bom-
bardement ^traßburgs dagegen führte nicht zum
Ziel, es muhte zur vollständigen Durchführung des
förmlichen Angriffs nach Vaubanscher Manier ge-
schritten werden.
Litteratur. Vauban, Iraite äs I'atta^us 6t
äs Ia ä6l6N86 ä68 Mc68 (2 Bde., Haag 1737; Leid.
1740; deutsch, 2 Bde., Verl. 1744; Übersetzung von
Clair, ebd. 1770); ders., Ii-aits äe Ia äöksnLs ä68
5,1^068 (Par. 1769); de B. (Vousmard), I^83in 36U6-
ral äe lortiüclUion, ä'HtwquL 6t, äs äslöNLe (163
M068 (4 Bde. mit Atlas, Berl. 1798-1803 u. ö.;
deutsch von Kosmann, 2 Bde., Hof 1805); ders.,
^Isinoi'ial äs (^orinontaiZns pour I'ütta^us äs8
Mcs8 sto. (Berl. 1803); Carnot, Anweisung zur
Verteidigung der Festungen^ (nach der 3. Aufl. des
Französischen übers, von Vre^endorf, Stuttg. 1820);
Aster, Die Lehre vom F. Niederer Teil (Dresd. 1835);
von Nüstow, Die Lehre von neuern F. (2 Bde.,,Lpz.
1860); Brialmont, ^tuäs8 3ui- 1k äslsi^s äs8 ^tats
st 8ur 1a loi'tiücation (3 Bde.,und Atlas, Vrüss.
1864)' ders., I^a äslsii86 äs8 ^t^t8 st 1s8 campz
reti-kucds3 sPar.1877); von Prittwitz und Gassron,
Lehrbuch der Veseftigungskunst und des F. (Berl.
1865); Blumhardt,D'erF.(Darmst.1866); Schmolzt,
Die artilleristische Verteidigung der Festungen (Berl.
1873); Popp, Vorlesungen über F. (Münch. 1874);
Mollik, Angriff und Verteidigung fester Plätze
(2 Bde., Wien 1876 - 77); von Vonin, Festungen
und Taktik des F. in der Gegenwart (Berl. 1878);
ders., Die Lehre vom F. (ebd. 1881); H. Müller, Ge-
schichte des F. seit allgemeiner Einführung der Feuer-
waffen (2.Auss., ebd. 1892); Wolf, Der F. in seinen
Grundzügen (Köln 1879-80); Iähns, Geschichte
des Kriegswesens (mit Atlas, Lpz. 1880); (Anonym)
Studie über den F. (2 Tle., Berl. 1880-81); von
Sauer, Beiträge zur Taktik des F. (ebd. 1882); von
Brunner, Leitfaden für den Unterricht im F. (5. Aufl.,
Wien 1884); Krebs, Kriegsgeschichtliche Beispiele der
Fcldbefestigung und des F. (2. Aufl., Verl. 1892);
von Leithner u. a., Die beständige Befestigung und
der F. (2 Bde., Wien 1894).
Festungslazarett. Bei einer Mobilmachung
oder bei Ausrüstung einer Festung erhalten alle in
derselben und in den Forts vorhandenen oder neu
einzurichtenden Lazarette der Militärverwaltung
den Namen F. Leiter derselben ist der Garnisonarzt,
der für ibre Ausstattung mit geschultem Personal
und mit Material zu sorgen hat. Letzteres wird dem
Festung slazarettdepot entnommen, das den
Bedarf für 200 Kranke auf 3 Monate enthält. Das
F. dient grundfätzlich ausschließlich zur Pflege der
Verwundeten und Kranken aus der Festung, nur
ausnahmsweise für folche vom Kriegsschauplatz.
Festungsmanöver, alle diejenigen Übungen,
durch welche die Truppen, insbesondere dieFestungs-
garnisoncn und technischen Truppen, mit den ihnen
bei Verteidigung und Belagerung von Festungen
zufallenden Obliegenheiten bekannt gemacht werden.
Sie bestehen hauptsächlich in Armierungs- und Ve-
lagerungsarbeitcn, dem kriegsmäßigen Festungs-
wachdienst und den sonstigen taktischen Maßnah-
men, die im Fcstungskriege vorkommen können. Im
deutschenHecr unterscheidet manFestungs dien st-
übungen (allgemeiner Natur), Armierungs-
übungen (besonders für Fußartillerie) und Be-
lag erungs Übungen (für Fußartillerie und Pio-
niere unter Heranziehung anderer Waffen).
Festungsrayon (fpr. -räiöng), Bezeichnung
für eine gewisse Abgrenzung der Umgebung von
Festungswerken, innerhalb welcher Beschränkungen
des Grundeigentums aus militär. Gründen gesetzlich
sind. Die Rücksicht auf die möglichst günstige Wir-
kung der eigenen Feuerwaffen und die Ausschließung
aller Gegenstände, die innerhalb der wirksamen
Schußweite jener dem Gegner Deckung gewähren
könnten, zwingt den Verteidiger, bei der Armierung
von Festungen auf einem gewissen Abstände von
den Werken das Vorgelände freizulegen, weiter
hinaus bis zu einer gewissen Grenze die Haupt-
marschrichtuugen des Gegners unterFcuer zu haben.
Damit im Kriegsfall die Wegräumung der durch
Bebauung und andere Veränderungen der Erdober-
fläche entstandenen Dcckungsmittel des Gegners
möglichst rasch und ohne zu große Härten für die
Bewohner geschehen kann, erlassen die Staaten Ge-
setze für den F., welche die Bebauung und Benutzung
der Grundstücke in dem F. regeln.
Nach dem im Deutschen Reich geltenden Gesetz
vom21. Dez. 1871, betreffend dieVefchränkungendes
Grundeigentums in der Umgebung von Festungen,
! ist die näcbste Umgebung der Festung wie der dc-