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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Festungsstrafe - Festus
tachierten Forts in F. geteilt, die je nach der Ent-
fernung von den äußersten Verteidigungslinien als
I., II., III. F. bezeichnet werden. Der I. F. umfaßt
das bis auf 600 m vor dem gedeckten Wege belegene
Gelände, der II. reicht bis 375 in von den Grenzen
des I., der III. umfaßt das Gelände von den Grenzen
des II. bis 1275 m von den äußersten Verteidigungs-
linien. Detachierte Forts haben keinen II. Rayon,
dagegen unterliegt bei ihnen das Gelände von den
Greiizen des I. F. bis 1650 in den für den III. F.
geltenden Beschränkungen. Liegen bei einer Festung
mehrere zusammenhängende Vefestigungslinien vor-
einander, so wird das Gelände zwischen demselben
als Zwischenrayon bezeichnet und unterliegt im all-
gemeinen den Beschränkungen des I. F.
In sämtlichen F. bedürfen alle dauernden Ver-
änderungen in der Höhe der Geländeobersläche
sowie alle Neuanlagen und Veränderungen von
Wasserbauten, die Anlage großer Parks und Wal-
dungen sowie die Errichtung und Veränderung
aller turmartigen Bauten der Genehmigung der
Kommandantur. Innerhalb des II. Rayons sind
alle Massivbauten und zu gewerblichen Zwecken be-
stimmte Ofen von großem Abmessungen (wieZiegel-
und Kalköfen) unzulässig, die Anlage anderer Ge-
bäude in Holz oder ausgemauertem Fachwcrk sowie
von Veerdigungsplätzen bedarf der Genehmigung.
Für den I. Rayon sind auch Wohngebäude jeder Art
ausgeschlossen, ebenso andere Baulichkeiten, wenn sie
nicht aus Holz oder einer leicht zerstörbaren Eisen-
konstruktion bestehen, desgleichen die Neuanlage
lebender Hecken. Die Anlage hölzerner Windmühlen,
hölzerner und eiserner Einfriedigungen sowie von
Brunnen bedarf der Genehmigung.
Zur Entscheidung aller Streitfragen auf dem Ge-
biete der Rayongesetzqebung besteht eine durch den
Kaiser zu berufende Militärkommission, in welcher
alle Bundesstaaten, in deren Gebiet Festungen lie-
gen, vertreten sind. Dieser sog. Reichsrayon-
kommission unterliegen auch die Entwürfe größe-
rer Anlagen in den F., als Chausseen, Eisenbahnen,
Deiche u. s. w. Dieselbe hat bei Feststellung vou
Bebauungsplänen im III. F. die Breite und Rich-
tung der Straßen zu genehmigen. Das bei Neu- und
Erweiterungsbauten von Festungen in den F. hinein-
gezogene Grundeigentum, welches noch keinen gesetz-
lichen Beschränkungen unterlegen, hat Anspruch auf
Entschädigung für den hierdurch bedingten Minder-
wert desselben. Die Kosten für das Niederlegen der
unter diese Rubrik fallenden Anlagen trägt das
Reich; außerdem wird dafür eine besondere Ent-
schädigung gewährt, die aber nicht eintritt bei An-
lagen, die schon vor Verkündigung des Gesetzes den
Beschränkungen unterlegen haben oder nach Fest-
stellung der Rayonlinien neu errichtet sind. In letz-
tern bcidcn Fällen müssen die Besitzer die Kosten der
Beseitigung tragen. In andern Staaten beruht die
Gesetzgebung für die F. auf ähnlichen Grundsätzen.
In Frankreich geht der I. F. bis 250m, der II.
bis 500 m, der III. bis 1000 in. Im I. F. darf gar
nicht, im II. nur in Holz gebaut werden. Im III.
unterliegt jede Geländeverwandlung der Genehmi-
gung der Behörden.
Festungsstrafe, f. Festungshaft.
Festungssystem, deutsches, s. Deutsches
Festungssystem; französisches, s. Französisches
Festungssystem.
Festungsthore, diejenigen Wege, welche aus
dem Innern einer Festung durch die Umwallung in
das Vorgelände führen, werden unterschieden in
Friedensthore, Kriegsthore und Nebenkriegsthore
oder Ausfallthore. Friedensthore dienen dem
bürgerlichen Verkehr, sind daher möglichst bequem
anzulegen. Durch den Wall führt ein offener Ein-
schnitt, seltener eine überdeckte Poterne <s.d.); über
den Graben eine Brücke oder auch ein Erddamm. Das
Glacis wird von einem Einschnitt (Sortie,s.d.) durch-
brocken. Friedensthore werden im Kriegsfall ge-
schlossen, die Übergänge beseitigt. Kriegs thore
sollen den militär. Verkehr in großem Maße ermög-
lichen; sichere Lage ist in erster, Bequemlichkeit m
zweiter Linie zu berücksichtigen. Sie durchschreiten
die Umwallung als tief gelegene Potcrncn, münden
gewöhnlich auf der Grabensohle oder dicht über dem
Wasserspiegel, überschreiten den Graben auf einem
(haussierten Wege oder auf einer gemauerten
Brücke, führen mittels Rampen in einen Wasfen-
platz und aus diesem durch kurvenartige Einschnitte
ins Vorgelände. Nebenkriegsthore (Aus-
fallthore) vermitteln den kleinen militär. Ver-
kehr. Die Anlage der Durchgänge ist ähnlich den
Haupttriegsthoren; der Übergang über den Graben
erfolgt bei trocknen Gräben auf der Sohle, beim
nassen Graben mittels Fahrzeugen. Die Konter-
eskarpe wird durch schnell verschließbare Rampen
oder Treppen gangbar gemacht.
Festungsviereck, Bezeichnung für eine Gruppe
von vier Festungen, die sich vermöge ihrer günstigen
Lage (meist an größern Wasscrläufen mit gesicher-
ten Übergängen über dieselben) gegenseitig unter-
stützen, so daß der Angriff gegen die eine Festung
stets durch die Wirkungssphäre einer oder mehrerer
anderer Festungen störend beeinflußt wird. Eine
derartige Festungsgruppe bietet für eine auf die
Verteidigung angewiesene schwächere Armee bei
richtiger Benutzung die Möglichkeit, sich dem über-
mächtigen Angriff zu entziehen und einen Ent-
scheidungskampf unter ungünstigen Umständen zu
vermeiden, ohne doch das Feld vollkommen zu räu-
men. - Am bekanntesten ist in der Kriegsgeschichte
das lombardo-venetianische F. Mantua-Peschiera-
Verona-Legnago, welches seine Berühmtheit zuerst
den glänzenden Operationen Radetzkys im Feldzuge
von 1848 verdankte. Bekannt ist ferner das ost-
bulgarische F. Silistria-Varna-Schumla-Rustschuk
und das polnische F. Nowogeorgijewsk-Warschau-
Iwangorod - Brest - Litowsk.
Festus, Porcius, der von Kaiser Nero ernannte
Nachfolger des Felix (s. d.) als Prokurator von Pa-
lästina von 60 (oder 61) bis 62 n. Chr. Er suchte
mit Strenge und Gerechtigkeit die Ordnung im
Lande wiederherzustellen. Den bei seinem Amts-
antritt als Gefangenen in Cäsarea vorgefundenen
Apostel Paulus sandte er auf dessen Appellation an
das Urteil des Kaisers (Ap ostc lgcsch. 25, n) nach Rom
ab. F. starb nach kurzer Verwaltung der Provinz.
Festus, röm. Geschichtschreiber, s. Nufus Festus.
Festus, Sertus Pompejus, röm. Grammatiker
aus der Mitte des 2. Jahrh. n. Chr., fertigte einen
Auszug aus dem Werte "1)6 verdornin LiZniüeatn"
des Grammatikers Verrius Flaccus (s. d.). Dieser
in 20 Büchern alphabetisch geordnete Auszug, der
in sprachlicher wie antiquarischer Hinsicht gleich
wichtig ist, wurde in der zweiten H älfte des 8. Jahrb.
durch Paulus Diakonus abermals verkürzt, ^2ch
hat sich die ursprüngliche Schrift des F. von der
Mitte des Alphabets an, nebst andern kleinern
Stücken, freilich in trümmerhafter Gestalt, erhalten.