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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Feuerbach (Ludw. Andreas)
^"peyer, erhielt seit 1836 seine wissenschaftliche Vor-
bildung auf dem Lyceum zu Freiburg und begann
dann 1846 unter F. W. von Schadow seine Studien
an der Düsseldorfer Akademie, die er seit 1848 in
München unter Na hl fortsetzte. Nach kurzem Aufent-
halt in Antwerpen besuchte er 1850 Paris, wo
Couture großen Einfluß auf ihn hatte, ihn aber auch
Ingres' Werke lebhaft interessierten. 1852 trat er
zuerst mit dem Gemälde: Hasis in der Schenke hervor,
wählte 1853 Karlsruhe zu seinem Aufenthalt und
malte daselbst den Tod des Aretino (1854), ein
Werk, das sowohl den Einfluß Coutures wie den
der Venetianer aufweist, aber auch seine Neigung
für kalte, trockne und graue Töne verrät. Während
eines Aufenthalts in Venedig kopierte er 1855
Tizians Assunta meisterhaft, ferner entstand seine
Figur der Poesie (beide Bilder in der Galerie
zu Karlsruhe). Seit 1856 lebte F. längere Zeit in
Rom, wo er die großen Cinquecentisten mit Be-
geisterung studierte. Sein erstes Werk in dieser
neuen Richtung ist das 1858 vollendete Bild: Dante
mit edeln Frauen zu Ravenna lustwandelnd, ein Werk
so eigenartig in seinem Geiste wie in der Erschei-
nung, daß die Karlsruher Galeriedirektion, freilich
vergeblich, gegen seine Aufstellung protestierte. 1860
entstand die Madonna mit dem Kinde von musi-
zierenden Engeln umgeben (Galerie zu Dresden).
Anfang der sechziger Jahre trat F. zu dem kunst-
sinnigen Freiherrn von Schack in München in nähere
Beziehungen, als deren Ergebnis eine Reihe wert-
voller, in dessen Galerie bewahrter Schöpfungen zu
betrachten sind. In erster Linie sind von diesen zu
nennen: die ergreifende Pietä (1863), Nymphe von
musizierenden Kindern belauscht, Francesca da
Rimini (1864), Hafis am Brunnen (s. Tafel:
Deutsche Kunst VII, Fig. 7), Mutter mit ihren
Kindern am Brunnen (1866); dann: Ariosto mit
vornehmen Damen im Park zu Ferrara. Das Gast-
mahl des Platon, ein Stoff, der den Künstler
lebhaft fesselte, entwarf er 1867 in feiner ersten Ge-
stalt (neuerdings in die Galerie zu Karlsruhe ge-
langt). Die zweite Darstellung dieses Vorwurfs in
großen Verhältnissen erfolgte 1873 (Berliner Na-
tionalgalerie). 1869 malte er Orpheus und Eury-
dike (Privatbesitz in Zürich). 1870-71 entstanden
unter andern: Medeas Abschied (Entwurf von 1869
in der Berliner Nationalgalerie, Ausführung von
1870 in der Neuen Pinakothek in München), Das
Urteil des Paris (Hamburger Kunsthalle), Iphigenia
(Galerie zu Stuttgart). In diesen Werken hatte F.
seinen Höhepunkt erreicht. DieAmazonenschlacht(der
Entwurf von 1870-71 in der Berliner National-
galerie, Ausführung von 1873) zeigt bereits jene
gesteigerte Formensprache, die namentlich das große
Deckenbild: Titanensturz (Skizze von 1875 in der
Neuen Pinakothek zu München, Ausführung von
1879 in der Akademie zu Wien), beherrscht. 1873
-77 Professor an der Wiener Akademie, wandte
sich der Künstler 1877 nach Venedig, wo er das
Wandgemälde: Kaiser Ludwig der Bayer in Nürn-
berg, für den Nürnberger Iustizpalast malte und
1878 noch Das Konzert (Berliner Nationalgalerie)
schuf. F. starb 4. Jan. 1880 in Venedig. - Vgl.
A. F., Ein Vermächtnis (3. Aufl., Wien 1890).
Feuerbach, Ludw. Andreas, Philosoph, vierter
Sohn des Kriminalisten Paul Joh. Anselm von F.,
geb. 28. Juli 1804ZU Landshut, studierte seit 1822 in
Heidelberg unter Paulus und Daub Theologie. Um
begel zu hören, ging er 1824 nach Berlin, wo er sich
ganz der Philosophie zuwandte. Er habilitierte sich
1828 in Erlangen mit der Schrift "1)6 ratious nua,
uuiv^ali, wüuita." (Erlangen 1828) als Privat-
docent, zog sich jedoch 1832 vom Katheder zurück, weil
die Autorschaft der anonymen Schrift: "Gedanken
über Tod und Unsterblichkeit" (Nürnb. 1830; 3. Aufl.,
Lpz. 1876), in welcher er zwar nicht ohne Abhängig-
keit von der Hegelschen Lehre, aber doch schon als
selbständiger Denker mit der Vekämvsung des Un-
sterblichteitsglaubens auftrat, ihm jeden Fortschritt
in der akademischen Laufbahn verschloß. Hierauf
zog er sich zuerst nach Ansbach, dann 1836 auf das
nahebei gelegene Schloß Vruckberg zurück, bis ihn
1860 Vermögensverluste bestimmten, auf denRechen-
berg bei Nürnberg überzusiedeln. Er starb 13. Sept.
1872 nach mehrjährigem Siechtum.
In seinen ersten Schriften: "Geschichte der neuern
Philosophie von Vacon von Verulam bis Spinoza"
(Ansb. 1833), "Geschichte der neuern Philosophie.
Darstellung, Entwicklung und Kritik der Leibnizschen
Philosophie" (ebd. 1837), "Pierre Bayle, nach seinen
für die Geschichte der Philosophie und Menschheit
interessantesten Momenten" (ebd. 1838), erwies sich
F. als Meister der geschichtlichen Forschung; die
letzte Schrift zeigt bereits sein eigenes Denken im
vollen Gegensatze zu jeder theol. Tendenz der Philo-
sophie, und in dieser Nichtung gewann F. in dem
Werke "über Philosophie und Christentum, in Be-
ziehung auf den der Hegelschen Philosophie ge-
machten Vorwurf der Unchristlichkcit" (Mannh.
1839) seine volle Selbständigkeit zunächst der Hegei-
schen Schule, sodann aber auch dem Meister selbst
gegenüber, von dem ihn das Bedürfnis voraus-
setzungsloser Naturerkenntnis trennte. Im Mittel-
punkte seines Interesses steht das Problem der Reli-
gion. F. ist der konsequente Vertreter einer rein an-
thropol. Theorie, die, von dem Gedanken ausgehend,
daß der Mensch in seiner Gottesvorstellung nur
seinen eigenen idealisierten Gattungsbegriff an-
schaut und im Glauben für wirklich hält, eine pfychol.
Erklärung des religiösen Lebens zu geben versucht.
Diese Gedanken vertreten seine Hauptwerke: "Das
Wesen des Christentums" (Lpz. 1841; 4. Aufl. 1883)
und "Das Wesen der Religion" (2. Aufl., ebd. 1849);
sie wurden von ihm im Winter 1848-49 in Heidel-
berg vor einer Anzahl von Bürgern und Studenten
vorgetragen und u. d. T. "Vorlesungen über das
Wesen der Religion" (ebd. 1851) auch in die Werke
aufgenommen; sie fanden endlich kulturhistor. Be-
stätigungen mannigfacher Art in feiner "Theogonie
nach den Quellen des klassischen, hebr. und christl.
Altertums" (ebd. 1857; 2. Aufl. 1866). Inzwischen
entfremdete er sich der metaphysischen Spekulation
immer mehr und führte immer schärfer die sensualisti-
schen Ansichten durch, die er bereits in seinen
"Grundsätzen der Philosophie der Zukunft" (Zür.
1843) ausgesprochen hatte, wonach die Philosophie
nur als die Lehre vom sinnlich Gegebenen aufgefaßt
wird. Später wendete er sich ethischen und socialen
Problemen zu, wie seine Schrift "Gottheit, Freiheit
und Unsterblichkeit vom Standpunkte der Anthro-
pologie" (Lpz. 1866; 2. Aufl. 1890) und sein nach-
gelassenes Bruchstück der "MoralphNosophie" be-
weisen, neigte jedoch auch hier zum religiösen und
polit. Raditalismus. Seinen "Sämtlichen Werken"
(10 Bde., Lpz. 1845-66; einzelne Bände öfter auf-
gelegt) schließt sich Karl Grüns Werk "Ludwig F.,
in feinem Briefwechsel und Nachlasse sowie in seiner
philos. Charalterentwicklung dargestellt" (2 Bde.,