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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Feuerwaffen
einen stetig wachsenden Sicherheitsfonds für etwaige
ungünstige Zeitabschnitte oder unvorherzusehende
Verluste verfügen zu können. Besondere Reserven
bestehen wohl auch für Kursverluste, zur Divioenden-
aufbesscrung u. s. w. Das Kapital der Gesellsckaft
und die in der Bilanz als zweifellos vorhanden
nachgewiesenen Reserven zusammen bilden ihre
Garantiemittel.
Ende 1892 waren versichert: bei den öffentlichen
Feuerversicherungsverbänden in ganz Deutschland
37624543783 M., die Jahresbeiträge betrugen
52995430 M. oder 1,4 Promille der Versicherungs-
summe, die Entschädigungen 39,^Mill. M. Die all-
gemeinen privaten gegenseitigen Feuerversicherungs-
gesellschaften Deutschlands hatten Ende 1892 zu-
lammen 8927^35824 M. versickert, mit einem Bei-
trag von 23322264 M., nach Abzug der Rückzah-
lungen an die Versicherten jedoch nur 12647303 M.
oder 1,4 Promille der Versicherungssumme (1884:
7 661783 M.), und für Schäden zu vergüten
8 772828 M. Bei den Feuerversicherung^-Aktien-
gesellschaften betrug die laufende Versicherungs-
summe 1892:54 718 566 284, die Prämieneinnahmen
für eigene Rechnung 63053 751, die Schäden für
eigene Rechnung 39800308 M.; im ganzen haben
die Aktiengesellschaften an Prämien 109 727154 M.
oder rund 2 Promille der Vcrsicherungsfumme von
den Versicherten erhoben.
Die Litteratur über das Feuerversicherungs-
wesen ist, abgesehen von den dem großen Publikum
meist nicht zugänglichen Fachblättern und den Flug-
schriften der einzelnen Anstalten zu Privatzwecken,
ziemlich arm und die F. in den größern Werken nie
getrennt von den andern Versicherungszweigen be-
arbeitet. Die in Berlin wöchentlich erscheinende
"Deutsche Versicherungs-Presse" behandelt vornehm-
lich die wirtschaftlichen und praktischen Interessen der
F., während andere Blätter daselbst sowie in Leipzig,
Nien (Ehrenzweigs "Assekuranz-Jahrbuch"), Straß-
burg u. s. w. deren theoretische oder rechtliche Seite
behandeln. - Vgl. von Hülsen und H. Brämer, Die
öffentlichen Feuerversicherungsanstalten in Deutsch-
land und ihre rechtliche Stellung gegenüber den
Privat - Feuerversicherungsgesellsckaften (in der
"Zeitschrift des königlich preuß. Statistischen Bu-
reaus", 1874, Ergänzungsheft IV); Emminghaus,
Feuerversicherung (im "Handwörterbuch der Staats-
wissenschasten", Jena 1891); A. Wagner, Der ^taat
und das Versicherungswesen (Heft 1, Tüb. 1881);
ders., in Schönbcrgs "Handbuch der polit. Ökonomie",
Bd. 2 (ebd. 1891, S. 639 fg.); W. Schäfer, Die Ver-
staatlichung des Versicherungswesens (Hannov.
1884); I. Hopf, Aufgaben der Gesetzgebung im Ge-
biete derF.(Berl. 1880); Schramm-Macoonald, Das
Feuerversicherungswesen (Dresd. 1883); I. I. Kum-
mer, Die Gesetzgebung der europ. Staaten betr.
die Staatsaufsicht über die privaten Versicherungs-
anstalten (Bern 1883); Kaßner, Rechts- und Ver-
waltungsgrundsätze in Feuerversicherungsangele-
genheiten (Berl. 1885); Rasch, Zur Frage'des Ver-
sicherungswertes in der F. (Jena 1892); Mallmann,
Deutscher Versicherungskalender (Berlin).
Feuerwaffen, diejenigen Kernwaffen, bei denen
die das Gefchoß bewegende Triebkraft durch die bei
Verbrennung von Pulver oder andern Spreng-
stoffen sich entwickelnden Gase erzeugt wird. Sie
zersallen in große F. oder Geschütze li. d.), welche
zu ihrer Bedienung der vereinten Anstrengung
mehrerer Menschen, zu ihrer Fortschaffung gleich-
falls bedeutender, meist tierischer oder mechan.
Kräfte bedürsen, und in kleine F., kleines Ge-
wehr oder Handfeuerwaffen (s. d.), welche von
einem einzelnen Menschen gehandhabt und an-
dauernd transportiert werden können. Die Ge-
schütze bilden die Bewaffnung der Artillerie, die
Handfeuerwaffen die Hauptwasfe der Infanterie und
eine Nebenwasfe der andern Truppengattungen.
Die ersten F. scheinen bald nach dem Bekannt-
werden des Schicßpulvers in Europa, also zu Ende
des 13.Iabrh. in Gebrauch gekommen zu sein, was
übrigens bei der Unsicherheit und Unklarheit der
Quellen schwer Zu bestimmen ist. Ob, wie einzelne
Schriftsteller angeben, in der Schlacht bei Crecy
1346 die F. zum erstenmal gewissermaßen als Feld-
geschütz zur Anwendung gekommen, ist zweifelhaft;
jedenfalls aber fand ihre Anwendung schon im
Laufe des 14. Jahrh, eine immer weitere Ver-
breitung und verdrängte allmäblich die alten auf
mechan. Kraft beruhenden Schießmaschinen voll-
ständig. Die Unbehilflichkeit der ersten A. wies
ihnen naturgemäß ihren Platz zunächst beim An-
griff und der Verteidigung fester Plätze zu, aber
bald führte ihre allmählich sich steigernde Wirksam-
keit und Bedeutung zu einer neuen Richtung in der
Vefestigungskunst und zu einer Umgestaltung des
ganzen Festungskrieges. Noch tiefgehender und von
größerer Bedeutung aber als im Festungskriege
zeigte sich die Einwirkung der F. im Feldkriege.
Vor Einführung der F. spielte in allen Gefechten
der persönliche Kampf, Mann gegen Mann, die
Hauptrolle, weshalb man den Körper durch Rüstun-
gen und sonstige (^chutzwaffen gegen die feindlichen
Waffen zu schützen suchte. Die immer allgemeinere
Einfübrung der F. ließ die Rüstungen, da sie gegen
die Geschosse der neuen Waffen doch nicht schützten,
mehr und mehr verschwinden und gab dem Fern-
gefecht eine bis dahin ungeahnte Bedeutung. Zu-
nächst und zwar bis in das 17. Jahrh, hinein wurde
dieses fast ausschließlich von der Infanterie geführt,
da bis dahin die Unbehilflichkeit der Geschütze deren
Verwendung im Feldkriege sehr beschränkte, aber
die allmähliche Verbesserung und namentlich Erleich-
terung der Feldgeschütze gab alsbald auch der Artil-
lerie eine neue sich immer steigernde Bedeutung. Die
allmähliche Entwicklung der F. und des Feuergefechts
machten sich auch in einer völligen Wandlung der tak-
tischen Formen geltend (s. Fechtart). Zunächst ver-
schwanden die tiefen gevierten Haufen, in denen die
Infanterie zum Teil noch in der ersten Hälfte des
17. Jahrh, gefochten, vollständig; der Wunsch, mög-
lichst viel F. der Infanterie auf einmal wirken zu
lasfen, führte zu breitern, weniger tiefen Aufstellun-
gen. Die namentlich von Gustav Adolf angenom-
menen flachern Formationen der Infanterie, die von
Friedrich d. Gr. ausgebildete, auf die höchste damals
denkbare Feuerwirkung berechnete Lineartaktik (s.d.)
und in der Zeit der franz. Nevolutionskriege aufge-
kommene zerstreute Fechtart der Infanterie, fowie die
Vereinigung zahlreicher Gefchütze zu artilleristischer
Massenwirkung sind Hauptmomente in der Entwick-
lung der Taktik (s. d.), welche mit der Entwicklung
der F. in enger Verbindung stehen. Die neueste
Zeit zeigt eine in raschem Tempo fortschreitende
Entwicklung der F. Das mehrfach verbesserte glatte
Gcwebr wurde durch das gezogene Gewehr ver-
drängt, welches demnächst durch Annahme der
Hinterladung, des kleinen Kalibers und der Magazin -
ladung in seiner Leistungsfähigkeit mehr und mehr
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