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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Finland (Heerwesen. Finanzen. Unterrichtswesen u. s. w. Geschichte)

Heerwesen. F. besitzt verfassungsmäßig seine besondere auf allgemeiner Wehrpflicht gegründete Armee. Im Frieden besteht das aktive Heer aus einem Leibgarde-Schützenbataillon in Helsingfors, 8 Bataillonen finn. Schützen und einem Regiment Dragoner, zusammen 5500 Mann. Die Reserve, die während dreier Jahre 90 Tage einberufen wird, bilden alle nicht aktiv dienenden, zum Kriegsdienst tauglichen Männer sowie die nach beendigter Dienstzeit Entlassenen. Nach 5 Jahren bei der Reserve bleiben die Wehrpflichtigen bis zum 40. Jahre bei der Landwehr eingeschrieben, welche nur bei feindlichem Einfall aufgestellt wird. Das Offizierkorps besteht aus eingeborenen Finnen. Im Lande befindet sich außerdem russ. Militär als Garnison in Städten und in den Hauptfestungen Sweaborg und Wiborg. (S. Russisches Heerwesen.) F. unterhält keine Kriegsflotte, sondern nur ein Lotsenkorps (1890: 18 Offiziere und 982 Lotsen).

Finanzen. Das Budget für 1892 betrug in Einnahmen 39324001 M. und in Ausgaben 39202610 M. Unter den Einnahmen kamen 2,25 Mill. von Gütern, Forsten und Fischereien des Staates, 2,5 Mill. Nettoeinnahme von Eisenbahnen und Kanälen, 3,25 Mill. Grundsteuern, 2 Mill. Personalsteuern, 5 Mill. Licenzen auf Branntwein und Malzgetränke, 16 Mill. M. Zollabgaben u. s. w. Unter den Ausgaben sind: zur Disposition des Kaisers und Großfürsten 260000, für die Regierung 1,6 Mill., Justizpflege 1,3, Civilverwaltung 8 Mill., für das Unterrichtswesen 4,6, Gesundheitspflege 1,7, Gefängniswesen 1,4, für Ackerbau und allgemeine Arbeiten 1,8, Militär 7 Mill., Verzinsung und Tilgung der Staatsschuld 5,2 Mill. M. u. s. w. Die Armenpflege wird von den Gemeinden gehandhabt, aber unter Aufsicht eines vom Staate zugesetzten Armenpflegedirektors. 1891 stieg die Zahl der unterhaltenen und unterstützten Personen auf 83892. Die Staatsschuld belief sich am 1. Jan. 1893 auf 75287159 M. und der Wert des festen Eigentums des Staates auf ungefähr 280 Mill. M.

Unterrichtswesen. Die allgemeine Bildung ist eine verhältnismäßig hohe. 1891 waren von 470382 Kindern zwischen 7-16 Jahren nur 21523 ohne Unterricht und zwar zum großen Teil geistiger oder körperlicher Gebrechen wegen. F. hat eine Universität in Helsingfors (s. d.). Höhere Unterrichtsanstalten sind: das Finnische Kadettenkorps in Fredrikshamn, das Polytechnische Institut und 2 Fortbildungsanstalten für Mädchen in Helsingfors, ein landwirtschaftliches Institut in Mustiala und 13 landwirtschaftliche Schulen, ein Forstinstitut in Evois, 6 Handelsschulen, 7 Navigationsschulen, ein Musikinstitut in Helsingfors, 4 Seminarien für Volksschullehrer und Lehrerinnen u. s. w. An höhern Mittelschulen waren (1892) 16 vom Staate unterhaltene klassische Lyceen (mit 8 Klassen), 6 Reallyceen und 20 Elementarschulen mit 2-4 Klassen vorhanden. In 24 von den obengenannten Schulen war die finn. und in 17 die schwed. Unterrichtssprache. Hierzu kommen 10 vom Staate unterhaltene Töchterschulen, 5 mit finn. und 5 mit schwed. Unterrichtssprache. Außerdem giebt es 12 private Lehranstalten für Knaben und 38 für Mädchen, teilweise vom Staate unterstützt. Die Zahl der Schüler in sämtlichen Mittelschulen war 1892: 10607, davon 6603 Knaben und 4004 Mädchen. In demselben Jahre gab es über 1100 feste Volksschulen mit 753 Lehrern, 875 Lehrerinnen und 58436 Schülern. Diese Schulen werden von den Gemeinden unterhalten, erhalten aber Subvention vom Staate. In Kleinkinder- und Wanderschulen, in welchen nur Lesen, Schreiben und Religion gelehrt wird, wurden (1891) 189278 Kinder unterrichtet. Dazu kommen 5 Taubstummenschulen, 2 Blindeninstitute und 2 Kretinenanstalten.

Kirchenwesen. An der Spitze der evang.-luth. Kirche steht der Erzbischof in Åbo, auf dem Landtage und in den Kirchensynoden (alle 10 Jahre) der Vorsitzende der Geistlichkeit. Bischofssitze sind Borgå und Kuopio. Die drei Sprengel sind in 45 Probsteien und 504 Pastorate geteilt. Die griech.-russ. Kirche besteht aus 24 Gemeinden und ist seit 1892 einem Bischof von Wiborg untergeordnet. Die röm.-kath. Kirche hat 2 Gemeinden in Helsingfors und Wiborg, die Methodisten 4 und die Baptisten einige.

Vereinswesen. Unter den wissenschaftlichen und gelehrten Gesellschaften sind hervorragend: Finska Vetenskapssocieteten (45 Mitglieder in 3 Sektionen), welche die "Acta Societatis scientiarum Fennicae" (18 Bde.), "Beiträge zur Kenntnis von F.s Natur und Volk" (50 Hefte) und "Übersichten" ihrer Verhandlungen (33 Hefte) herausgiebt; Finnische Litteratur-Gesellschaft, durch welche ein großer Teil der besten Erzeugnisse der finn. Litteratur veröffentlicht worden ist. Von ihrer Zeitschrift "Suomi" sind 1892 45 Bände und von "Suomalaisen Kirjallisuuden Seuran Toimituksia" 79 Serien erschienen. Sällskapet pro Fauna et Flora fennica, Suomalais-Ugrilainen Seura, Suomen Historiallinen, Seura Suomen maantieteellinen Seura, Svenska Literatur Sällskapet, Fornminnesföreningen u. a. wissenschaftliche Gesellschaften veröffentlichen auch Arbeiten. Das Interesse an bildenden Künsten wird hauptsächlich von Finska Konstföreningen in Helsingfors und ihrer Galerie finn. Maler und Bildhauer gefördert. Ein großes Verdienst um die allgemeine Volksbildung hat Kansan valistus Seura in Helsingfors, mit Zweiganstalten in den Landstädten. Ihre in finn. und schwed. Sprache erschienenen Schriften sind sehr verbreitet. Unter den zahlreichen ökonomischen und Fachvereinen sind Finska Hushålliningssällskapet in Åbo, 9 landwirtschaftliche Gesellschaften und Konstflitsföreningen zu nennen.

Zeitungen. 1891 wurden 134 Zeitungen und periodische Zeitschriften herausgegeben, davon 79 finnische und 55 schwedische. Von polit. Zeitungen kamen 16 (7 finnische und 9 schwedische) täglich und 46 (30 finnische und 16 schwedische) ein- bis viermal in der Woche heraus. Von Zeitschriften waren 3 (2 finnische und 1 schwedische) litterarische, 7 (4 finnische, 3 schwedische) religiöse, 4 (2 finnische, 2 schwedische) medizinische, 3 (2 finnische, 1 schwedische) pädagogische, 4 (finnische) illustrierte, 3 landwirtschaftliche, 4 (2 finnische, 2 schwedische) technische, 30 (22 finnische, 8 schwedische) Volksblätter u. s. w. Die Hauptzeitung der finn.-nationalen Partei ist "Uusi-Suometar" (Helsingfors). Die meist verbreitete schwed. Zeitung ist "Hufvudstadsbladet", obwohl das eigentliche Organ der schwed. Partei "Nya Pressen" ist. Im Gegenteil zur freikirchlichen Richtung der beiden letztgenannten Blätter verfocht die (jetzt eingegangene) Zeitung "Finland" das konservativ-kirchliche Interesse. Der Sprachstreit (Fennomanen und Swekomanen) hat alle zu fester Stellungnahme in diesen Fragen gezwungen.

Geschichte. In den ersten Jahrhunderten n. Chr. kamen die Finnen vom Südosten her nach der Land-^[folgende Seite]