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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Fische (zoologisch)
vor. Das Ende der Wirbelsäule biegt sich meist inner-
halb der Schwanzstosse schräg aufwärts. Häusig ist
diese Flosse in ihrem obern und untern Teile ungleich-
förmig entwickelt und die'obere Hälfte länger; dann
nennt man sie heterocerk; symmetrisch gebildete
heißen diphycerk, amphicert oder homocerk.
Auch die diphycerlen Schwanzflosser sind aber im
Skelettbau heterocerk. Die eigentliche Masse der Be-
wegungsmuskeln liegt an den Seiten des Körpers und
bildet vom Kopfe bis zur Basis der Schwanzflosse eine !
aus tutenförmig ineinander geschachtelten Streifen ^
bestehende Schicht. Ihre einseitigen Kontraktionen be- '
dingen die Krümmung des Schwanzes und wirken so
auf die Schwanzstosse, der bei der Vorwärtsbewegung
d ieH auptaufgabe zufällt. Die paarigen Flossen halten
den Körper im Gleichgewicht, dienen zur Steuerung
und Rückwärtsbewegung. - Das Auf- und Abstei-
gen im Wasser wird durch die Schwimmblase
(Fischblase) unterstützt, welche meist ein abgeson-
dertes Gasgemisch enthält und dazu dient, das speci-
fische Gewicht des Fisches zu vermindern, indem sie
ausgedehnt wird, oder umgekehrt dasselbe zu ver-
mehren, indem sie zusammengedrückt wird. Partielle
Kompressionen verlegen den Schwerpimkt des Fisches i
vor- oder rückwärts. Indessen ist die Schwimmblase
nicht unbedingt nötig, da sie vielen F. fehlt, wie den
Rochen und mehrern rasch schwimmenden Knochen-
fischen. Sie bildet sich aus einer Ausstülpung des
Darms und entspricht morphologisch der Lunge, er-
hält aber die Atemfunktion nur bei wenigen F. Je
nachdem der Verbindungsgang mit dem Schlunde
offen oder verwachsen ist, unterscheidet man Physo-
stomcn mit offenem und Physotlistcn mit geschlosse-
nem Luftgange. Werden F., die in größerer Ticsc
leben, gewaltsam emporgebracht, so dehnt sich ihre
Schwimmblase infolge der Druckverminderung
mächtig aus und treibt den Bauch unförmlich auf. -
Die Haut der F. ist in seltenern Fällen ganz nackt, in
der Regel mit Schuppen betleidet, die in eigenen
Taschen der Oberhaut entstehen und sehr verschiede-
ner Bildung sein können. Meist sind es aus dünnem,
hornartigem Gewebe gebildete Plättchen, deren hin-
terer Rand bald ganz, bald mit Zahnspitzen besetzt ist,
so daß der Körper beim Anfühlen ganz rauh erscheint.
In andern Fällen sind^es wahre Knochenstücke, die
häufig mit einer Art schmelz überzogen sind, in
noch andern Fällen, wie z.B. bei Rochen, wahre
Hautzähne. Agassiz hatte, auf Grund dieser Ver-
schiedenheit, die F. in vier Ordnungen eingeteilt:
P l attenschupper Wakoidcn), Schmclzschup -
per (Ganoiden), Rund- oder Kreisschupper
(Cykloidcn) und Kammschupper(Kteuoiden), eine
Einteilung, die längst wieder aufgegeben worden ist.
Der Schädel der F. ist ursprünglich eine unge-
teilte Knorpelkapsel, setzt sich abcr durch die Ver-
knöcherung aus einer großen Menge von Knochen-
stücken zusammen, die untereinander nicht verwach-
sen sind. Das meist sehr zusammengezogene Schädel-
gewölbe birgt das relativ sehr kleine, in sehr verschie-
dener Weise ausgebildete Gehirn, das wie der Schä-
del den Lanzettfischen gänzlich fehlt. Die zuweilen
fedlenden Augen sind oft, namentlich bei Tiefsee-
fischen und solchen von nächtlicher Lebensweise, rela-
tiv sehr groß und bieten in ihrer Struktur viele sehr
erhebliche Eigentümlichkeiten, können in sehr selte-
nen Fällen auch fehlen. Am meisten fällt die Ab-
stachung der vordern Begrenzung oder Hornhaut
und die kugelige Linse auf; die Lichtbrechung ist der
letztern allein 'übertragen. Ein äußeres und mitt-
leres Ohr fehlt, und das innere, in dem Schädel
verborgene, ist einfachen Baues; dennoch hören F.,
wie jeder Angler weiß, sehr scharf. So ist auch das
Gcruchsorgan keineswegs komplizierter Art; indes
lehrt die Erfahrung, daß F. gegen Gerüche empfind-
lich sind. Nur der Geschmack mag sehr stumpf sein,
denn einerseits ist die Zunge oft ganz knochig, und
außerdem verschlingen F. ihre Nahrung in den aller-
meisten Fällen ungekaut, indem die vielartigen Zähne
ihnen meist nur als Werkzeuge des Ergreifens und
Fefthaltens und nur selten zum Zermalmen oder
Zerkleinern dienen. Bei den Kauenden aber liegt
der Kauapparat hinter der Zunge. - Ein besonderes
Sinneswerkzeug, das auch den Larven der Amphi-
bien zukommt und jedenfalls mit dem Leben im
Wasser zusammenhängt, ohne daß man über seine
Bedeutung vollständig ins Klare gekommen wäre, ist
das Seitenorgan, ein nervenreicher, mit vielen
metameren Öffnungen nach außen mündenderKanal,
der in durchbohrten Schuppen an jeder Seite des Kör-
pers in einer geraden oder gekrümmten zusammen-
hängenden oder durchbrochenen Linie, der Seiten-
linie, entlang zieht und sich am Kopfe meist in drei
Aste gabelt, in je einem über und unter dem Auge und
auf dem Unterkiefer. Es mag einer Art kombinier-
ter Geruchs- und Gefchmackswahrnehmung dienen
oder auch den Fisch durch Angabe des Wasserdrucks
über die Tiefe, in der er sich befindet, orientieren.
Immer aber ist es mit salzigem Sckleim erfüllt.
Ihre Nahrung entnehmen die F. meist dem
Tierreiche; die größern unter ihnen sind wahre
Kannibalen der Gewässer und selbst für den Men-
schen gefährliche Raubtiere; viele nähren sich aber
auch von Pflanzenstoffen. Letztere haben den läng-
sten Darm.- Eine Befonderheit vieler Knochenfische
sind die oft sehr zahlreichen (1-200), ihrer physiol.
Bedeutung nach noch nicht völlig erkannten Blind -
schlauche (^i)i)6iiäie681)^101-1(^6), welcke mit dem
Gallengange und der Bauchspeicheldrüse in den
Darm einmünden, stark entwickelt z.B.beimLachs.-
Die Atmung geschieht durch Kiemen, auf deren
mannigfacher Struktur und Anheftung ein Teil der
systematischen Anordnungen der ganzen Klasse ba-
siert worden ist. Diese gewöhnlich zu beiden Seiten
des Kopfes liegenden, bei den Knochensischen vom
Kiemendeckel geschützten Organe sind nichts anderes
als gefäßreiche Blättchen, welche parallel neben-
einander wie die Zähne eines Kamms stehen, und
zwar bei den Knochenfischen auf besondern Knochen-
bogen, die durch von außen bis in den Schlund
reichende Kiemenspalten getrennt sind; auf ihnen
cirlnliert sämtliches, aus dem Herzen durch die Kie-
menartcrie ausgetriebene Blut in Haargefäßen, die
sich dann zu der großen Körperarterie (Aorta)
sammeln, welche das in Berührung mit dem luft-
haltigen Wasser gewesene Blut wieder in den Kör-
per verteilt. Wenn die Kiemen eintrocknen, hört
die Cirkulation auf, daher ersticken F. außer dem
Wasser, wenn nicht durch besondere Vorkehrungen
für Feuchthaltung jener Organe gesorgt ist, wie
z. B. beim Aal, der daher einige Zeit auf dem
Lande leben kann. Einige ausländifche F. vermö-
gen wirtlich das Wasser zu verlassen und längere
Zeit außerhalb ihres natürlichen Elements zuzu-
bringen; sie haben besondere, in der Nähe der Kiemen
gelegene, Wasser enthaltende Hohlräume, wodurch
das Vertrocknen der Kiemen verhindert wird.
Die Geschlechter sind bei den F. fast immer ge-
trennt. In den allermeisten Fällen werden die Eier