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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Flugbeutler - Flugbrand
des Lustwiderstandes entsteht dann eine seitliche'
Ablenkung, die Derivation, gewöhnlich nach
rechts, welche in Fig. 3, der Horizontalvrojektion
der Bahn Fig. 2, dargestellt ist. Um die Theorie
der rotierenden Geschosse haben sicb der preuh.
Oberst Otto, der Physiker Magnns, die Franzosen
Poisson und Didion verdient gemacht.
Auf Grund der erwähnten Studien ist man im
stände, bei gegebenem Abgangswinkel und bekannter
Anfangsgeschwindigkeit die F. sehr genau voraus-
zubestimmen. Zur Ermittelung der Anfangsge-
<




















3.



schwindigkcit wird auch das von Robins (1742) er-
fundene ballistische Pendel verwendet. Wird
eine Masse N, die als Pendel aufgehängt ist, von
einer Projettilmasse m mit der Geschwindigkeit v ge- ^
troffen, so erhält erstere, wenn sie mit in vereinigt !
bleibt, eine Geschwindigkeit V^^-v,welchesich ^
durch den Pendelausschlag äußert. Aus letzterm, !
dem bekannten ^l und iu, kann v berechnet werden. !
Beim praktischen Schießen befindet sich die Feuer- !
waffe gewöhnlich in einer gewissen Höhe über dem
Erdboden, es wird daher das Geschoß meist seinen
Weg, nachdem es den Mündungshorizont wieder
erreicht hat, fortsetzen und nach entsprechender Zeit
mit dem Erdboden zusammentreffen. Ist der Fall-
winkel ein geringer, so prallt das Geschoß vom Erd-
boden ab und macht einen oder mehrere Sprünge
iNollschuß, s. d.). Bei großem Fallwinkel dringt das
Geschoß tiefer in den Boden ein und bleibt stecken.
Oft endet die F. des Geschosses im Ziele.
Die Strenge schösse zerteilen sich entweder
schon in der Nohrmündung oder innerhalb der F.
Vom Zerteilung5pnnkt ab setzt sich die F. des Etreu-
gcschosses aus einer entsprechenden Zahl von Ein-
zelbahncn zusammen, die mehr und mehr auseinan-
der gehen und im ganzen einen ^treuungskcgel
(oder eine Geschohgarbe) bilden. Maßgebend für
die Lage des Streuungskegcls ist die Richtung,
welche das Geschoß im ganzen im Moment der Zer-
teilung hatte. Kartätschen zerteilen sich in der Ge-
schützmündung, Shrapnels im absteigenden Ast der
F., Granaten kurz über dem Erdboden in anfsteigen-
der Richtung oder im Ziele. (S. Geschoß.)
Von Wichtigkeit für die der F. zu verleihende
Gestalt ist das Ziel. Man unterscheidet in dieser
Einsicht aufrecht stehende und liegende Ziele; bei
erstcrn kommt wieder in Betracht, ob sie frei stehen
oder gedeckt sind. Aufrecht und zugleich frei stehen-
den Zielen gegenüber sind flache F. am Platze, wclcke
aus großen Geschwindigkeiten und geringen Ab-
gangswinkeln hervorgehen. Eine solche F. hat eine
nur geringe Erhebung über dem Erdboden, ist dc-
streichend oder rasant; der Schuß heißt ein direkter.
Gegenüber liegenden Zielen bedarf man großer
Fallwinkcl, also auch großer Abgangswinkel, und
geringer Geschwindigkeiten; ist die F. steil gekrümmt,
spricht man von Vcrtikalfcuer. Ist das aufrechte
Ziel gleichzeitig gedeckt, so muß dte F. so stark ge-
lrümmt werden, daß sie die Deckung zwar über-
sckreitet, aber dabei nicht über das Ziel hinausgeht.
Man ist daher häufig genötigt, die Ladung zu ver-
ringern. Der Schuß heißt dann ein indirekter.
(S. auch Ballistik und Schießen.) - Vgl. Prehn,
Die Ballistik der gezogenen Geschütze (Berl. 1864):
Haupt, Mathem. Theorie der F. gezogener Geschosse
(ebd. 1876); Hentsch, Ballistik der Handfeuerwaffen
(ebd. 1876); Wuich, Lehrbuch der äußern Ballistik
(Wien 1882); van Dam van Isselt, Die Ballistik
der gezogenen Feuerwaffen (deutsch von Weygand,
Berl. 1884); Siacci, Ballistik und Praxis (deutsch
ebd. 1882); ders., L^iistic". (Tur. 1888); Zabudskij,
Über die Lösung der Probleme der gekrümmten F.
(russisch, Petersb. 1888); Mieg, Theoretische äußere
Ballistik (Berl. 1884); Ingalls, Nxterior Lailiäticä
(Neuyork 1886); ders., Uaiiädoolc okprodiemä in
äii-ect üro (ebd. 1890); Mata, LaiiZtica intsrior
(Madr. 1890); Die Berechnung der Schußtafeln
in der Kruppschen Fabrik (Essen 1890); A. Ielita
Ritter von Krainski, Vallistikon oder Physikalisch-
Indra, Neue ballistische Theorien. I (Pola 1893).
Flugbcutler (?6tHuru8), ein aus sieben Arten
bestebendes, Australien und Neuguinea bewohnen-
des Geschlecht pflanzenfressender Beuteltiere von der
Gestalt der fliegenden Eichhörnchen und, wie diese,
mit einer seitlichen Körperfalte zwischen den Extre-
mitäten, durch welche ein Fallschirm zu stände
kommt. Sie schwanken in der Größe von 10 bis
50 cm ohne Schwanz. Die größte Art ist?6tauru3
^uHN0iä63 Desm., 50 cm lang, mit ebenso langem
Schwanz, oben bräunlich schwarz, auf der Flughaut
heller gesprenkelt, unten weißlich.
Flugblätter, fliegende Blätter oder Ein-
blattdrucke. F. erschienen schon bald nach Er-
findung der Buchdruckerkunst (1488; das älteste erhal-
tene Blatt von 1493 befindet sich auf der Universi-
tätsbibliothek zu Leipzig), teils um kurzen Bericht
über ein besonders auffallendes Ereignis zu geben,
! teils um sich in rühmender oder spottender Weise,
! vielfach in Verfen, über irgend eine Begebenheit oder
^ einzelne Person und deren Schicksale zu äußern;
! meist sind sie mit Illustrationen in Kupferstich oder
i Holzschnitt versehen. Sie können als Vorläufer
^ der Zeitungen (s. d.) gelten, mit welchem Namen
sie auch seit 1504 belegt werden, und bilden eine
! wichtige Geschichtsquelle, besonders für das 16.
' und 17. Jahrh., indem sie teilweise über den that-
, sächlichen Verlauf einer Begebenheit, mehr noch
über die gleichzeitige Auffassung der Wirkung eines
Ereignisses oder einer Persönlichkeit aufklären. Die
! gewöhnliche Form dieser Blätter ist Kleinoktav, häu-
! figer, zumal der illustrierten, Folio, seltener Quart.
Was heute noch mit dem Namen Flugblatt oder
Flugschrift bezeichnet wird, entsteht wesentlich aus
! polit. Veranlassung. (S. Flugschriften.) Frühzeitig
z wurden von solchen Drucken Sammlungen veran-
> staltet: besonders reichhaltige sinden sich im Britischen
Museum, in der Nationalbibliothek zu Paris und in
l der königl. Bibliothek zu Berlin. - Vgl. Scheible,
! Die fliegenden Blätter des 16. und 17. Jahrh,
i iStuttg. 1850); E. Weller, Die Lieder des Drcißig-
^ jährigen Krieges (Bas. 1855); ders., Die ersten
deutschen Zeitungen (Stuttg. 1872, Bd. 3 der "Bi-
bliothek des Litterarischen Vereins", nebst 3 Nach-
' trägen); Opel und Cohn, Der Dreißigjährige Krieg,
! eine Sammlung von histor. Gedichten und Prosa-
^ darstellungen (Halle 1862); Zwiedineck-Südenhorst,
! Zeitungen und Flugschriften aus der ersten Hälfte
des 17. Jahrh. (Graz 1873).
F-lugbrand, s. Brand (des Getreides).