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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Flußbett; Flußbricke; Flußdeich; Flüsse

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Flußbett – Flüsse

Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Flußbau'

tiefen und der Schiffahrt auch hinsichtlich des Gefälles und der Krümmungen bequemen Fahrrinne anstreben, entweder unter Anwendung von Buhnen (s. d.) oder Parallelwerken (s. d.), oft unter Zuhilfenahme von Coupierungen (s. d.), Uferdeckungen (s. Uferbau) u. a., oder durch Kanalisierung des Flusses, d. h. durch Einbauen an Wehren (s. d.) und Schleusen (s. d.), welche die Fahrtiefe durch Aufstau vergrößern und dem Flusse eine treppenartige Oberfläche geben. Die einzelnen durch Wehr und Schleuse gebildeten Stufen liegen dann bei Flüssen in der Niederung oft viele Meilen voneinander entfernt. Regulierung und Kanalisierung treten sonach beim Ausbau eines Flusses in Frage, und die Auswahl zwischen beiden wird am besten so getroffen, daß kleine Gewässer, also auch die obern Strecken großer Ströme, durch Kanalisierung, dagegen größere Flüsse, besonders im Flachlande, durch Regulierung für die Zwecke der Schiffahrt ausgebaut werden, wobei dann wieder die Anwendung von Parallelwerken für die Flüsse geringerer Breite, dagegen Buhnenbau für die ganz breiten Flüsse und Ströme der Niederung empfohlen werden kann. Vielfach werden die Flußbauten auch Korrektionsbauten genannt, da sie zum Zwecke der Verbesserung, Korrektion der Wasserläufe ausgeführt werden. – Vgl. Hagen, Handbuch der Wasserbaukunst, Tl. 2: Uferschälungen, Strombauten und Schiffahrtskanäle (3. Aufl., 4 Bde., Berl. 1871–75); Heß, Die Korrektion der Wildbäche (Halle 1876); Hochenburger, Über Geschiebsbewegung und Eintiefung fließender Gewässer (Lpz. 1886); Schrader, Der Fluß- und Strombau (Weim. 1887).

Flußbett, derjenige Raum eines Geländes, den ein Fluß einnimmt; über die rechtliche Natur des F. s. Flüsse (S. 938b) fg.).

Flußbricke, Fisch, s. Neunauge.

Flußdeich, s. Deich.

Flüsse, Bezeichnung für diejenigen fließenden Gewässer, welche aus der Vereinigung mehrerer Bäche entstanden sind oder den Abfluß eines Sees bilden. Unter Strom versteht man einen Fluß von großer Wasserfülle, der sich unmittelbar ins Meer oder einen meerähnlichen Landsee, wie z. B. die Wolga in den Kaspischen See, ergießt. Je nachdem sich die F. unmittelbar oder mittelbar in verschiedenen Abstufungen mit dem Hauptflusse vereinigen, heißen sie Neben-, Zu-, Bei- oder Seitenflüsse. Seinen Namen erhält der Hauptfluß gewöhnlich von demjenigen der ihn bildenden Quellflüsse, dessen Ursprung am entferntesten von der Mündung des Ganzen ist, dessen Lauf also der längste und dessen Wassermenge daher meist auch die größte ist, und der zugleich bei der Einmündung eines andern in ihn seine Richtung beibehält; entsteht ein Fluß durch Vereinigung zweier oder mehrerer gleichgroßer Quellflüsse, so erhält er oft einen neuen Namen, wie die vereinigte Werra und Fulda Weser heißen. Sehr häufig haftet auch der Name des Hauptstroms im Oberläufe an kleinern Nebenflüssen, während die eigentliche Fortsetzung wie ein Nebenfluß behandelt wird und einen andern Namen hat. So ist die Moldau als Oberlauf der Elbe, die Saône als der der Rhône zu betrachten. Küstenflüsse ergießen sich nach kurzem Laufe ins Meer. Steppenflüsse verlieren sich im Sande, in der Erde oder in einem See ohne sichtbaren Abfluß. Flußbett nennt man die Rinne eines Flusses, Spiegel die Oberfläche desselben. Die Geschwindigkeit ↔ der F. oder ihrer Strömung ist nicht bloß durch die Abhängigkeit oder Neigung ihres Bettes, d. h. durch das Gefälle, bedingt, sondern ebenso sehr durch die Wassermenge oder den Druck des Wassers, und demgemäß sehr verschieden. Hieraus ist es zu erklären, wenn z.B. der Rhein bei einem viel abhängigern Flußbette langsamer fließt als die Donau. Die Geschwindigkeit nimmt zu vom Grunde nach oben und von den Ufern nach der Mitte; am größten ist sie in der Mitte, aber etwas unter dem Spiegel. Zur Messung der Geschwindigkeit dienen Strommesser oder Rheometer.

Die Wassermenge der F. ist außerordentlich groß; so ergießt die Wolga in einer Stunde 30 Mill. cbm Wasser ins Kaspische Meer. Die Wassermenge hängt ab von der Größe des Flußgebietes, von den Niederschlags- und Temperaturverhältnissen desselben, von der geolog. Beschaffenheit des durchströmten Bodens u. s. w. Sie ist sehr schwankend, nicht nur im Laufe eines Jahres, sondern auch in größeren Zeiträumen. Die jährliche Schwankung hängt in gemäßigten Zonen weniger von den Niederschlägen, welche ja gleichmäßig im Jahre verteilt sind, als von der Schneeschmelze ab. In den Subtropen und Tropen richtet sich der Wasserstand nach der Regenzeit; ebenso regelmäßig wie diese ändert sich auch jene. Berühmt sind die Beispiele des Nils und Ganges. Zur selbstthätigen Messung der Wasserstände dienen die Pegel (s. d.).

Die F. führen große Mengen von Mineralien teils in fester, teils in aufgelöster Form mit sich. Die Größe der festen Stoffe nimmt nach unten ab. Die größten Blöcke werden gewöhnlich nur im Oberlauf noch fortbewegt, im Mittellauf setzt sich das Geröll nieder, im Unterlauf findet sich nur noch Sand, der gegen die Mündung immer feiner wird. Hier bilden sich an Stellen, wo die Geschwindigkeit sich verringert, wo Rückstau stattfindet, oder wo zwei konvergierende Strömungen zusammentreffen, z. B. am obern und untern Ende von Inseln, Sandbänke. Das feinere Material wird bis ins Meer getragen und bildet hier, wenn es nicht durch eine Strömung weggeschafft wird, ein Delta (s. d.). Bei großen F., z. B. dem Hoang-Ho, gelangen ganz feine, staubartige Massen weit ins Meer hinaus und setzen sich erst dort nieder. Die im Fluß gelöst enthaltenen Mineralstoffe, besonders kohlen- und schwefelsaurer Kalk, werden ins Meer geschafft, dort durch gewisse Tiere umgewandelt und bilden die gewaltigen marinen Ablagerungen, deren Entstehung lange Zeit unerklärt war.

Die Farbe des Flußwassers wird bedingt durch die darin aufgelösten oder suspendierten Bestandteile. Sie ist sehr verschieden, vom Weißen (Rio Branco) bis zum Schwarzen (Rio Negro), vom Gelben (Hoang-Ho) bis zum Blauen (Rhône); am häufigsten ist außer dem Glashellen das Grüne in den verschiedensten Abstufungen.

Ein plötzlicher bedeutender Höhenunterschied in dem Gefälle bewirkt einen Wasserfall (s. d.); plötzliche Verengerungen oder Einschnürungen des Bettes erzeugen Stromschnellen oder Stromschüsse (Rapiden), die besonders häufig bei Stromdurchbrüchen sind. Seltener ist die Flußschwinde (Katabothron), indem ein Fluß eine Strecke weit unterirdisch, d. i. in einem Abgrunde oder einem von Felsmassen überdeckten Bette unsichtbar fortfließt, wie z. B. die Reka (s. d.).

Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 936.