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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Formarius - Formelle Wahrheit
Aussteller durch die Begebung des Papiers arglistig
geschädigt hat. Ähnliche Verhältnisse können ein-
treten bei einer Grundschuld (s. d.) oder bei einer
Hypothek (s. o.). - F. war im röm. Recht die Stipu-
lation (s. d.), welche in Deutschland niemals Gel-
tung gewonnen hat. Nber eine andere, heute aucd
nicht mehr gültige Stipulation des ältern deutschen
Rechts, bei welcher sich der Schuldner durch Über-
reichung einer 1?68tncÄ band, vgl. Schröder, Deutsche
RechtZgeschichte,8.35,S.283(Lpz.1889). Auch ein
Dinglicher Vertrag (s. d.), der ein Versprechen nicht
enthält, sondern ein Forderungsrccht oder ein ding-
liches Recht überträgt oder ein dingliches Recht neu
begründet, kann ein F. sein, wie die Cession (s. d.)
oder die Auflassung (s. d.). Das übertragene oder
neu bestellte Recht' entsteht in der Person des Er-
werbers, auch wenn eine (,^U8H nicht vorliegt, aber
der Veräußerer kann diesen Erwerb anfechten.
Formarlus (lat.), ein wegen strengen Wandels
andern zum Muster und Ermahner aufgestellter
Klosterbruder. In Frauenklöstern entsprach dem F.
die Formaria, die auch Zeugin sein mußte, wenn
eine Nonne sich mit weltlichen Personen unterredcte.
Kormassociation, s. Analogiebildung.
kunst die Bezeichnung für die üblichen Papiergrößen.
In neuester Zeit wird im Deutschen Reiche die Ein-
führung bestimmter Papiergrößen in 12 Normal-
formaten betrieben, von denen Nr. 1 (33 X 42 crn)
zugleich das offizielle Reichsformat ist. Inder
Buchdruckerkunstist F. insbesondere auch dieGrößen-
bezeichnung einer Buchseite und die dem entspre-
chende Einteilung einer Druckform. Vesouders kom-
men folgende F. in Betracht: Folio: 4 Seiten eines
in der Mitte lang heruntergebrochenen Bogens;
Quart: 8 Seiten eines der Länge und der Breite
nack in der Mitte gebrochenen Bogens; Oktav:
16 Seiten eines wie Quart, dann aber noch einmal
der Länge nach von oben nach unten zwischen den
Seiten gebrochenen Bogens. Es giebt ferner Duo-
dez von24, Sedez von 32, Oktodez von 36, Vier-
undzwanziger von 48 Seiten u. s. f. Je öfter also
ein Bogen gebrochen wird, desto kleiner wird sein
und der darauf gedruckten Seiten F., und desto
mehr Seiten enthält er.
Der Buchdrucker bezeichnet ferner mit F. die zur
Ausfüllung der leeren Räume um die eiuzclncn
Seiten einer Druckform benutzten Holz-, Blei- oder
Eisenstege (Klötze), denen er eine solche Breite und
Länge giebt, daß jede Seite ihren richtigen Platz
auf dem gebrochenen Bogen erhält uud, wenn das
Buch später gebunden und beschnitten wird, gleich-
falls allen Regeln richtiger und dem Auge gefälliger
Raumeinteilung entspricht. ^E. Fasquelle.
Format Charpentier, s. Cbarpentier, G., <5
Formation (lat.), Nildung, Gestaltung; in der
Geologie eine l^chichtenreihe, die sich durch ihre
Gcsteinszusammcnsetzung, ihre Lagerungsweise und
durch ihre Versteinerungen (Petrefalten, fossile
Neste) als selbständiges, von den übrigen getrenntem
Ganzes kenntlich macht. Mit Hilfe dieser Kenn-
zeichen gliedert man die Gesamtheit der am Aufbau
der Erdkruste teilnehmenden Schichtcnkomplere in
eine Anzahl von F. (S. Geologie.) Im Militär-
wesen bezeichnet F. 1) eine organische Einrichtung,
z. V. Kriegs- und Friedensformation eines Armee-
korps; 2) eine Gestaltung zu besondern taktischen
Zwecken, z. B. Marschformation, Gcfechtsforma-
tion; 3) eine reglementarische Aufstellungsari: F.
BrockhauZ' Konversations-Lc'xilou.. 14. Aufl. VI.
in Linie, F. in Kolonne; 4) die Handlung des For-
mierens, d.h.Vildens: F. eines Truppenteils.
Formbrett, in der Gießerei der als Boden oder
Deckel dienende Teil des Formkastens.
Formdraht, s. Draht.
Formel (lat. loi-inuw), für besondere Falle vor-
geschriebene oder gebräuchliche Worte und Wen-
dungen, so die in zweckmäßiger Weise gewählten
Worte, mit welchen im gerichtlichen Verfahren
oder bei Abschluß von Rechtsgeschäften häufig wie-
derkehrende Aussprüche oder Erklärungen wiederge-
geben werden. Sie sind bald nur herkömmlich, bald
auch gesetzlich vorgeschrieben. So spricht man von
Eidesformeln, Klagformeln, Urteilsformeln. Im
einzelnen Fall muh die F. dem Gegenstande ange-
paßt werden. Diese zweckmäßige Anpassung der
Worte in knapper und deutlicher Form an das, was
der Redende oder Schreibende beabsichtigt und er-
strebt, ist nicht immer leicht; deshalb spricht man
von einer Kunst zu formulieren, wie sie sich bei
Stellung parlamentarischer Anträge, bei der Ge-
staltung der Klaganträge im Civilprozeß, bei der
Fragestellung (s. d.) zeigt. - In der Mathematik
versteht man unter einer F. den in allgemeinen Zei-
chen, Buchstaben gegebenen Wert einer aus mehrern
audern zusammengesetzten Größe; man unterschei-
det algebraische, analytische, trigonometrische u.dgl.
F. - In der Chemie bezeichnet man mit F. die Zu-
sammensetzung einer Verbindung durch Zusammen-
stellen der chem. Zeichen der einzelnen Elemente der-
selben. (S. Chemische Formeln.)
Formelbücher, Sammlungen, welche im Mit-
telalter in den Kanzleien angelegt wurden, um
Muster für Urkunden und Briefe zur Hand zu
haben, solche Muster können erfunden sein, wur-
den aber ebenso häufig wirklichen Urkunden und
Briefen entnommen, meist mit Hinweglassung oder
Veränderung des geschichtlichen Inhalts, da es
nicht so sehr auf diesen ankam, als auf die formel-
haften Sätze, durch welche ein Schriftstück erst zur
Urkunde wurde. Die ältesten solcher Formelsamm-
lungen schließen sich noch dem Gebrauche der röm.
Kaiserzeit an; zu den berühmtesten gehört die des
Marculf aus dem 7. Jahrh. (Vgl. de Roziere, Ns-
cueil A6Q61'a1 (Ie3 t'01'irmi68 U8it668 (1HU8 I'öinpirs
ä68 5i'ÄQc8, Tl. 1, 2 Bde., Par. 1859-71; Zeumer,
^0i'inula6 Nm'mvinFici 6t Kai'oliui ll6vi, 2 Tle.,
in den "^lonuinsutg. (^Liniauias 1ii8torica". I^6Fum
äectio V, Hannov. 1882-86.) Die Formeln selbst
wnrden im Lause dcrZeit vielfach nach dem Beoürf-
uisse umgearbeitet, und die Zahl der F. wird beson-
ders seit dem 11. Jahrh, sehr groß. - Vgl.Rockinger,
Über F. vom 13. bis zum 16. Jahrh, als rechtsge-
schichtliche Quellen (Münch. 1855); ders., Briefsteller
und F. des 11. bis 14. Jahrh. (2 Bde., ebd. 1864);
Bärwald, Zur Charakteristik und Kritik mittelalter-
licher F. (Wien 1858); Dümmler, Das Formelbuch
dcs Bischofs Salomo 111. (Lpz. 1857); Wattenbach,
Teutschlands Geschichtsquellen im Mittelalter
(5. Aufl., 2 Bde., Berl. 1887); Österley, Wegweiser
durck die Litteratur der Urkundensammlungen (Tl. 1,
ebd. 1885). - Etwas Mnliches hat man jetzt in den
Truckvorlagen für Briefe, geschäftliche Schriftstücke,
handelsrechtliche Verträge (z.B. Friedberg, "Formel-
buch für Handels-, Wechsel- und Seerecht", Lpz. 1890)
u. s. w. soviel wie Formal (s. d.).
Mormell (frz.), förmlich, der Form nach; auch
Formelle Wahrheit, das, was die Parteien
nach der Feststellung des rechtskräftigen Urteils in
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