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Forster (Joh. Reinhold) – Forster (William)
Konvent nachzusuchen. In die Reichsacht erklärt, starb er 10. Jan. 1794, verlassen selbst von Gattin und Kindern, in Paris.
F., mehr Talent als Charakter, wurde von Jugend auf durch die Unruhe und Not des Lebens zu übereilter, massenhafter Produktion gedrängt, die ihn nie zu rechter Vertiefung gelangen ließ. So liegen seine Verdienste weniger auf dem Gebiete der Forschung als in der Darstellung; seine anschauungsreiche Prosa erreicht zwar nirgend klassische Vollendung und Strenge, stellt F. aber durch die Belebtheit und Mannigfaltigkeit ihres Stils und Inhalts zu den anregendsten Schriftstellern, zumal aus dem Gebiete der Reisebeschreibung. Dies Lob gilt minder noch der zuerst englisch erschienenen Schrift «A voyage round the world» (2 Bde., Lond. 1777. deutsch u. d. T: «J. R. Forsters Reise um die Welt in den J. 1772‒75», hg. von G. Forster, 2 Bde., Berl. 1778‒80), als von seinen ausgezeichneten «Ansichten vom Niederrhein, Brabant, Flandern, Holland, England und Frankreich im April, Mai und Juni 1790» (3 Bde., Berl. 1790‒91; mit Einleitung und Anmerkungen hg. von W. Buchner, 2 Bde., Lpz. 1868). Die «Sakontala» des Kalidasa hat er auf deutschen Boden verpflanzt. F.s Gattin, Therese Huber (s. d.), gab seinen «Briefwechsel, nebst Nachrichten von seinem Leben» (2 Bde., Lpz. 1829), F.s Tochter seine «Sämtlichen Schriften» mit einer Charakteristik des Verfassers von Gervinus (9 Bde., ebd. 1843), seinen «Briefwechsel mit Sömmering» Hettner (Braunschw. 1877), andere Briefe Leitzmann im «Archiv für neuere Sprachen» (Bd. 84‒87), letzterer auch «Briefe und Tagebücher F.s von seiner Reise am Niederrhein u. s. w.» (Halle 1893) und «Ausgewählte kleine Schriften» (Stuttg. 1894), Elisa Maier «Georg F. Lichtstrahlen aus seinen Briefen u. s. w.» (Lpz. 1856) heraus. – F.s Leben behandelte H. Koenig in dem Roman «Die Klubbisten in Mainz» (3. Aufl., 3 Bde., Lpz. 1875) und in «F.s Leben in Haus und Welt» (2. Aufl., 2 Tle., ebd. 1858). Vgl. Klein, G. F. in Mainz, 1788‒93 (Gotha 1883); Leitzmann, Georg F. (Halle 1893).
Forster, Joh. Reinhold, Reisender und Naturforscher, geb. 22. Okt. 1729 zu Dirschau in Polnisch-Preußen, stammte aus dem Hause der Lords Forester in Schottland, studierte seit 1748 zu Halle gegen seine Neigung Theologie, ging 1751 nach Danzig und erhielt 1753 die Predigerstelle zu Nassenhuben. Hier widmete er sich der Mathematik, Philosophie, Länder- und Völkerkunde und den alten Sprachen. Im Auftrag der russ. Regierung reiste er, begleitet von seinem Sohne Georg, im März 1765 ab, um das Koloniewesen zu Saratow an der Wolga zu untersuchen. In seinen Berichten deckte er mehrere Mißbräuche in der dortigen Verwaltung auf, erhielt nach seiner Ankunft in Petersburg von der Kaiserin Katharina Ⅱ. den Auftrag, mit Zuziehung mehrerer Gelehrten ein Gesetzbuch für die Kolonisten zu verfertigen, empfing jedoch für diese Arbeiten und Reisen nicht die erwartete Entschädigung und reiste Aug. 1766 nach London. Von hier folgte er dem Rufe als Professor der Naturgeschichte und der franz. und deutschen Sprache nach Warrington in Lancashire. Doch legte er sein Amt bald nieder und lebte als Privatmann zu Warrington, bis er 1772 den Antrag erhielt, den Kapitän Cook bei seiner zweiten Entdeckungsreise als Naturforscher zu begleiten. Diese Reise, auf welcher er volle drei Jahre zubrachte, wurde von seinem Sohne ausführlich beschrieben, da es dem Vater zur Bedingung gemacht worden war, nichts über dieselbe drucken zu lassen. Nach der Rückkehr erhielt F. von der Universität zu Oxford die jurist. Doktorwürde. Da jede Belohnung ausblieb, geriet F. bei seiner zahlreichen Familie in Schuldhaft, aus der ihn Herzog Ferdinand von Braunschweig befreite. Er wurde 1780 Professor in Halle, wo er 9. Dez. 1798 starb. F. schlug zuerst vor, Australien als fünften Erdteil anzuerkennen, die Meeresstraße, welche die Alte und Neue Welt trennte, Beringstraße zu nennen und machte auch zuerst auf die gleichartige Gestaltung der Landmassen gegen den Südpol aufmerksam. Von seinen Schriften sind zu erwähnen die «Observations made during a voyage round the world» (Lond. 1778; deutsch, übersetzt von Georg Forster, Berl. 1783), «Liber singularis de Bysso antiquorum» (Lond. 1776), «Zoologia indica» (Halle 1781; 2. Aufl. 1795), «Geschichte der Schiffahrt und Entdeckungen des Nordens» (Frankf. a. O. 1784).
Forster, John, engl. Publizist und Historiker, geb. 2. April 1812 in Newcastle, wurde Advokat in London, wählte jedoch bald eine publizistisch-litterar. Thätigkeit. Bekannt ward er durch Beiträge zu der radikalen Wochenschrift «The London Examiner», an der er während der dreißiger Jahre neben Fonblanque einer der wirkungsvollsten Mitarbeiter war, und die er 1842‒52 selbst leitete. Mit Dickens, mit dem ihn eine früh geschlossene, lebenslange Freundschaft verband, gründete er 1845 die «Daily News» und war, nach Dickens’ bald erfolgendem Rücktritt, ein Jahr lang deren Hauptredacteur. Außerdem war er Mitarbeiter an der «Edinburgh Review» und «Quarterly Review» und andern Zeitschriften. Seinen Ruf als Schriftsteller begründete das auf fleißigen Quellenstudien beruhende Werk «Statesmen of the commonwealth of England» (7 Bde., 1840), dem später die dieselbe Zeit behandelnden und viel Neues enthaltenden Schriften «Arrest of the five members by Charles Ⅰ.» (1860), «Debates on the grand remonstrance» (1860) und «Sir John Eliot. A biography» (2 Bde., 1864; 2. Aufl. 1871) folgten. Noch Ausgezeichneteres leistete F. auf dem Gebiete der litterar. Biographie, das er zuerst mit «Life, adventures and times of Oliver Goldsmith» (1848; neue Aufl. 1889) betrat. Diesem vortrefflichen Werke schlossen sich an: «W. S. Landor» (2 Bde., 1868; neue Aufl. 1879), «The life of Charles Dickens» (3 Bde., 1871‒74; deutsch von Althaus, 3 Bde., Berl. 1872‒73) und «Life of Jonathan Swift» (Bd. 1, 1875, unvollendet). Eine Sammlung seiner Beiträge zu Zeitschriften veröffentlichte er als «Historical and biographical essays» (2 Bde., 1858; 3. Aufl. 1860). Seit 1855 war F. auch Sekretär, seit 1861 ordentliches Mitglied der Kommission für Irrenanstalten. Er starb 1. Febr. 1876 zu London.
Forster, William, engl. Staatsmann, geb. 11. Juli 1818 in Bradpole in Dorsetshire, wurde, nachdem er schon vielfach in öffentlichen Versammlungen aufgetreten war, 1861 als liberaler Kandidat in Bradford gewählt und hat seitdem diese Stadt bis zu seinem Tode unausgesetzt vertreten. Als entschiedener Liberaler aus der Schule Cobdens und Brights, als kenntnisreicher, umsichtiger Politiker und gewandter Redner erlangte F. bald einen günstigen Ruf, und schon 1865 übertrug ihm Lord Russell in seinem kurzen Ministerium das