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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Franzensveste; Franzfahrer; Franzgold; Franzisieren; Franziskaner

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Franzensveste - Franziskaner

pital). Die Einnahmen betrugen (1888) 248174, der Überschuß 88153 Fl.

Franzensveste, s. Franzensfeste.

Franzfahrer, Schiffe der Hansa, die im Handel nach Frankreich beschäftigt waren.

Franzgold, s. Blattgold.

Franzisieren, französisch, zum Franzosen machen.

Franziskaner, die Mitglieder des von dem heil. Franz von Assisi gestifteten Bettelmönchsordens. Sie heißen auch Minoriten, d. h. Mindere Brüder (fratres minores), Seraphische Brüder (s. Franz von Assisi), Graue Brüder, Barfüßer (s. d.). Die heil. Klara gründete 1212 einen weiblichen Zweig des Ordens, die Klarissinnen (s. d.). Dazu kam noch der "dritte Orden", die Tertiarier und Tertiarierinnen, von Franz 1221 gestiftet für Leute, die ihre weltlichen Geschäfte nicht aufgeben, aber dabei ein geistliches Leben führen wollten. Die eigentlichen F. erhielten von Honorius III. 1223 die Bestätigung ihrer Regel und bedeutende Vorrechte: sie durften nicht bloß von Almosen leben, sondern auch ohne Erlaubnis der Pfarrgeistlichen überall predigen und Beichte hören, wurden der bischöfl. Gerichtsbarkeit entzogen und bloß dem Ordensgeneral, dieser aber unmittelbar dem Papste unterstellt, und erhielten den Portiuncula-Ablaß (s. d.). Der Orden wuchs rasch an Mitgliedern und Einfluß; schon 1270 zählte er 8000 Klöster mit 200000 Mönchen. Im Laufe der Zeit gelangten die F. zu hohen Kirchenämtern; die Päpste Nikolaus IV., Sixtus IV. und V., Clemens XIV. waren F. Auch viele gelehrte Theologen gingen aus dem Orden hervor: Bonaventura, Alexander von Sales, Duns Scotus, Roger Baco, Nikolaus von Lyra, Wilhelm Occam u. a. In der Theologie entstand ein Wettkampf und in manchen Punkten ein Gegensatz zwischen den F. und den Dominikanern. Wie diese sich an Thomas von Aquino hielten (Thomisten), so jene an Duns Scotus (Scotisten). Der Gegensatz trat besondere hervor bei der Lehre von der unbefleckten Empfängnis Maria, die von den Scotisten verteidigt, von den Thomisten bekämpft wurde. Die weite Ausbreitung des Ordens hatte naturgemäß eine Milderung der strengen Regel zur Folge; dieses und namentlich die Frage wegen der in der Regel ganz besonders betonten Armut führte zu vielen Streitigkeiten und Spaltungen. Schon zu Lebzeiten des Stifters versuchte der von ihm 1224 für die Zeit seiner Abwesenheit zum Generalvikar ernannte Elias von Cortona die Regel zu mildern; er erneuerte den Versuch, als er 1232 zum General des Ordens ernannt war, wurde aber auf Betreiben der strengern Partei unter Führung des Antonius von Padua (s. d.) und des Cäsarius von Speier 1239 abgesetzt; er starb 1253 (vgl. Rybka, Elias von Cortona, Lpz. 1874). Der Gegensatz zwischen der strengern und der mildern Auffassung der Regel trat in den folgenden Jahrhunderten immer wieder hervor. Nikolaus III. erklärte 1279 in der Bulle Exiit, Christus selbst habe die vollkommene Armut als Entäußerung jeder Art von Eigentum beobachtet, und damit die F. als die echtesten Jünger des Herrn ihm darin folgen könnten, übertrage er hiermit das Eigentum der Dinge, die sie zum Lebensbedarf verbrauchten, auf die röm. Kirche. Unter den Spiritualen, den Anhängern der strengern Richtung, von denen sich mit Erlaubnis Papst Cölestins V. 1294 die Cölestinereremiten als besondere Gemeinschaft abzweigten, traten nun manche gegen die Verweltlichung der röm. Kurie auf: Petrus Johannes von Oliva (gest. 1297) in seiner "Postille über die Apokalypse" und Ubertino von Casale in seinem "Arbor vitae crucifixae" (1305) bezeichneten den röm. Stuhl als das Haupt der fleischlich gewordenen Kirche und als die Hure der Apokalypse, und viele Spiritualen schlossen sich den in offene Opposition gegen Rom tretenden Fraticellen (fratres de paupere vita, ital. fraticelli della opinione) an. Johann XXII. verwarf 1322 die von Nikolaus III. aufgestellte Lehre von der Armut Christi und die Vorstellung von einem der röm. Kirche zustehenden Eigentum der dem Orden unentbehrlichen Güter und die Unterscheidung des Eigentums von der Nutznießung. Dagegen protestierte der Ordensgeneral Michael von Cesena (vgl. Gudenatz, Michael von Cesena, Bresl. 1876) und floh mit dem damals berühmtesten Theologen des Ordens, Wilhelm von Occam, von Avignon zu Ludwig dem Bayer, der damals in offener Opposition gegen den Papst stand. Über hundert andere Spiritualen und Fraticellen wurden von der Inquisition verbrannt. Spätere Päpste nahmen das Eigentum über die Güter des Ordens wieder an. - Der Gegensatz zwischen einer strengern und mildern Auffassung des Gelübdes der Armut besteht noch jetzt und wurde von Leo X. 1517 förmlich sanktioniert durch die Trennung der Familienbrüder oder Observanten (Fratres minores regularis observantiae), die an der Regel in der ursprünglichen Strenge festhalten, von den Konventualen, die Milderungen gelten lassen, namentlich das Besitzrecht liegender Güter und Renten. Von den Observanten haben sich 1528 die Kapuziner (s. d.) als selbständiger Orden abgetrennt. Besondere Zweige der Observanten sind die Clareni fratres (Clareniner), 1302 von Angelo di Cordona gestiftet, die Discalceaten in Spanien, aus denen 1555 der strengste Zweig hervorging, die Alcantariner, so genannt von Petrus von Alcantara, gest. 1562, der von Gregor XV. 1622 selig, von Clemens IX. 1669 heilig gesprochen wurde, ferner die Reformaten in Italien, von dem Spanier Stephan Molina 1531 gegründet, und die Rekollekten in Frankreich und Flandern (1602).

An der Spitze des ganzen Ordens steht der General (Minister generalis), der immer aus den Observanten gewählt wird und dem der Magister generalis der Konventualen untergeordnet ist, an der Spitze jeder Provinz (Kustodie) ein Provinzial (Kustos); die Vorsteher der einzelnen Klöster heißen Guardian. Die Ordenstracht ist eine braune (bei den Konventualen eine schwarze) Kutte von grober Wolle mit einer Kapuze und einem langen Kragen als Mantel; der Leib ist mit einem Strick umgürtet (daher der franz. Name Cordeliers); sie gingen ursprünglich barfuß, jetzt tragen sie Sandalen (daher ital. Zoccolanti). - Im 18. Jahrh. gab es noch mit Einschluß der Kapuziner 150000 F. in 9000 Klöstern. Während und nach der Französischen Revolution wurde der Orden in den meisten europ. Staaten unterdrückt. Nach einer amtlichen Statistik gab es aber 1884 wieder 15000 Observanten, 1400 Konventualen und 7700 Kapuziner und Klöster in Italien, Spanien, Portugal, Belgien, Österreich und Preußen (namentlich in Westfalen und der Rheinprovinz) und in Amerika. - Es giebt mehrere Frauengenossenschaften nach der Regel des dritten Ordens, die aber in Klöstern zusammenwohnen und sich der Krankenpflege widmen. Dazu gehört