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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Französische Litteratur

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Französische Litteratur (Neufranzösische Periode 1550-1630)

lung echt franz. Schwänke in volkstümlicher Sprache. Von religionsfeindlicher Gesinnung sind seine unter dem Namen "Cymbalum mundi" (1537) veröffentlichten drei satir. Dialoge, in denen der Verfasser ohne viel Glück Lucians Manier nachzuahmen sucht. - Vgl. über diese Periode A. Birch-Hirschfeld, Geschichte der F. L. seit dem Anfang des 16. Jahrh., Bd. 1 (Stuttg. 1889).

2) Von Heinrich II. bis zur Begründung des Absolutismus unter Ludwig XIII. durch Richelieu (etwa 1550-1630). Dieser Zeitraum umfaßt die Periode des gelehrten Klassicismus in seinem siegreichen Emporkommen und allmählichen Niedergang. Zöglinge gelehrter Humanisten (Dorats u. a.), im Besitz einer schulmäßig erworbenen klassischen Bildung, waren es, die in den ersten Regierungsjahren Heinrichs II. durch ihre litterar. Bestrebungen einen grundsätzlichen Bruch mit den alten Formen und Überlieferungen der franz. Dichtung und eine Reform derselben im neuzeitlich-klassischen Geiste herbeizuführen trachteten, und die in der That dem Klassicismus auf Jahrhunderte hinaus eine festbegründete Stellung in der Nationallitteratur verschafft haben. Diese neue Schule, an deren Spitze Ronsard (1524-85) und Du Bellay (1524-60) standen und die den Kampf gegen das Bestehende mit des letztgenannten Manifest "Défense et illustration de la langue françoise" (1549) eröffnete, wird vielfach mehr von dunkler Begeisterung vorwärts getrieben als von einem klaren Streben nach festen Zielen. Doch lassen sich vier leitende Gesichtspunkte in den Forderungen der Plejade (so nannte sich der Dichterbund Ronsards) erkennen. Man verfolgte die Ausbildung einer poetischen, von der Prosa verschiedenen Sprache; neue Vers- und Strophenformen sollten geschaffen werden; die alten Heidengötter und ihre Fabeln wurden ausersehen, die allegorischen Gestalten und Erfindungen zu verdrängen; durch neue poet. Gattungen (Ode, Sonett, Tragödie, Komödie) sollte die nationale Litteratur bereichert werden. Ronsard selbst dichtete Oden nach Pindar und nach Horaz, Hymnen, Sonette, anakreontische Lieder, Satiren und Elegien und unternahm es, in seiner "Franciade" eine franz. "Äneide" zu schaffen. Fast zwei Menschenalter hindurch war Ronsard anerkannt als Frankreichs größter Dichter. Jodelle (1532-73), Du Bellay, Belleau (1528-77), Baïf (1532-89), Thiard, Dorat, Jamyn u. a. bemühten sich, neben ihm durch ihre poet. Arbeiten die franz. Nation mit einer klassischen Litteratur und Sprache zu beschenken und sie zur Höhe der ital. und griech.-röm. Bildung zu erheben. Zur Begründung eines neuen regelmäßigen Dramas wurde ein energischer Anlauf unternommen, als Jodelle seine nach antiken Mustern geschriebene Tragödie "Cléopâtre" mit Chören vor dem versammelten Hofe aufführte (1552) und diesem Stücke eine "Didon se sacrifiant" folgen ließ. Weiter bereichert wurde das klassische Repertoire durch Jodelles Nachfolger Grevin, Jacques de la Taille, Jean de la Taille u. a. Die Werke aller dieser Poeten erheben sich nicht über das Niveau der Schultragödie. Erst Rob. Garnier (1534-90), Verfasser von acht regelmäßigen Trauerspielen, zeigt dramat. Kraft und Begabung. Auch das erste Beispiel einer Nachbildung des antiken Lustspiels gab Jodelle in seiner Komödie "Eugène ou la rencontre". Auf der von ihm eröffneten Bahn folgten Baïf, Belleau u. a. Fast alle Komödien der Schule sind Intriguenstücke mit schwacher Charakterzeichnung, auch haben sie kaum vor den Farcen den Vorzug größerer Anständigkeit und besserer Haltung. Am besten gelungen sind die Bearbeitungen ital. Komödien von Larivey (1579). Der Mangel einer öffentlichen Bühne und wirklicher Schauspieler ließ übrigens das regelmäßige Drama nicht volkstümlich werden. Erst seit 1588 spielte eine franz. Truppe auf dem Theater der Passionsbrüder im Hotel de Bourgogne. Aber die Zeit nach der Ermordung Heinrichs III. (1589) bis zur Beendigung des Bürgerkrieges durch Heinrich IV. (1594) war der Entwicklung des Schauspiels nicht günstig. Die religiösen und polit. Kämpfe, welche Frankreich erschütterten, riefen auch dramatische, von Parteihaß glühende Pamphlete ins Leben, wie "La tragédie de Coligny" von Chantelouve (1575), die "Guisiade" von Pierre Matthieu (1589) u. a. Eine eigentümliche Stellung unter den Schülern Ronsards nehmen die Hugenotten ein: Du Bartas (gest. 1590), der in seinem erfolgreichen Werke "Le sepmaine, ou création du monde en sept jours" (1584) die Fehler der Schule auf die Spitze treibt, zugleich aber ihrer heidn. Weltanschauung gegenüber eine christliche, streng calvinistische Lebensrichtung vertritt, Agrippa d'Aubigné, der von wildem Zorn entflammte Juvenal ("Tragiques", 1577-94) des Zeitalters. Echt franz. Humor beseelt dagegen eine gleichfalls aus polit. Veranlassung entstandene Schrift, die "Satire Ménippée" (1593), das gemeinsame Werk Passerats, Rapins, Pithous u. a., worin man mit Scherz und Ernst die öffentliche Meinung für den polit. und religiösen Ausgleich durch Heinrich IV. zu gewinnen sucht. Auf dem Gebiet der Novelle und humoristischen Sittenschilderung sind in der zweiten Hälfte des 16. Jahrh. zu nennen: du Fail ("Contes et nouveaux discours d'Eutrapel", 1586), J. Tahureau, Jean Louveau ("Facétieuses nuits de Straparole", Lyon 1560), Cholières u. a.

Einen bleibenden Platz in der Litteratur hat sich die von leichter Skepsis durchwehte, auf dem Boden antiker Bildung ruhende Lebensphilosophie Michel de Montaignes (1533-92) erobert, die unter dem Namen "Essais" zuerst 1580 veröffentlicht wurde. Die Geschichtschreibung ist gleichfalls bedeutend durch das Studium der altklassischen Schriftsteller. Der größte franz. Historiker des 16. Jahrh., Jacques Auguste de Thou (1553-1617). hat allerdings seine "Historiarum sui temporis libri 138" lateinisch geschrieben, neben ihr steht die mehr von persönlichem Geiste durchdrungene "Histoire universelle" von d'Aubigné. Die franz. Altertümer bearbeiteten Cl. Fauchet und Est. Pasquier. Die andern wichtigen Historiker schrieben meist noch Memoiren. Die Kommentare von Blaise de Montluc (1503-77) besitzen dramat. Interesse und führen gräßliche Scenen vor; die Memoiren von Gasp. de Tavannes, von seinem Sohne Jean redigiert, haben mehr philos. Gehalt; Michel de Castelnau (1520-92) ist männlich-kräftig; Heinrichs IV. erste Gemahlin, Margarete von Valois, beschrieb in ihren Privatmemoiren das Leben am franz. Hofe sehr anziehend; der Calvinist de la Noue, genannt Bras-de-fer (1531-91), giebt in seinen Denkwürdigkeiten ein vollkommenes Bild seiner edeln Seele; Pierre de Bourdeille, Seigneur de Brantôme (1527-1614), ist geistreich, witzig und lebhaft, aber leichtfertig in seinen Memoiren; Sully und Hardouin de Péréfire erzählen das Leben Heinrichs IV. Außerdem sind noch zu erwähnen als Memoirenschreiber Duplessis-Mornay, der Lehrer