Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Französisch-Preußisch-Russischer Krieg von 1806 bis 1807'
Mortier verstärkt und dafür das neuformierte Korps Brune nach Pommern rücken lassen; von Spanien und vom Rheinbunde verlangte er
Unterstützungen; auch wurde nach der Kapitulation von Danzig (24. Mai) aus den Belagerungstruppen ein neues Korps unter Lannes gebildet,
wogegen dessen bisheriges Korps zwischen Bug und Narew unter Massénas Befehl trat und Warschau gegen das russ. Heer Essens
deckte.
So lange hatte Bennigsen gewartet, ehe er die Offensive wieder ergriff. Er gebot zu Anfang Juni bei Heilsberg und Mehlsack über 75000
Russen und 13 000 Preußen, während Napoleon an der Passarge über 100000 Mann (Garden, Bernadotte, Soult, Ney, Davout, Augereau,
Murat, Bessières, Lannes und Mortier) bereit stehen hatte. Dennoch beschloß Bennigsen im Vertrauen auf die von England und Schweden
zugesagte Hilfe den Angriff und rückte 5. Juni mit den Preußen auf Braunsberg und Spanden, mit den Russen bei Arensdorf und Benern
zwischen der Alle und Passarge vor, um Ney von der Passarge abzudrängen und durch Angriffe von verschiedenen Seiten her zu erdrücken.
Es gelang zwar, Neys Vorhut bei Altkirch zurückzuwerfen und Gutstadt zu nehmen, doch entkam das franz. Korps von Ankendorf 6. Juni über
Deppen hinter die Passarge. Napoleon befahl allen Korps, am folgenden Tage vorzurücken. Victor führte an Stelle des bei Spanden
verwundeten Bernadotte ein Korps über Braunsberg gegen L'Estocq, während die übrigen Korps die Passarge überschritten; Bennigsen ließ
Bagration bei Gutstadt stehen und führte das Heer in die vorbereitete Schlachtstellung bei Heilsberg, wohin Napoleon folgte, nachdem er
Bagration von der Alle vertrieben und nach Reichenberg zurückgeworfen hatte. Am 10. Juni kam es bei Heilsberg (s. d.)
zur Schlacht, an der die preuß. Kavallerie rühmlichen Anteil nahm. L'Estocq sammelte sein Korps bei Heiligenbeil und führte es zur Deckung
Königsbergs nach Ludwigswalde, wogegen Bennigsen vom Schlachtfelde über Domnau nach Friedland zurückging und L'Estocq durch eine
russ. Division verstärkte. Das franz. Heer rückte von Heilsberg nach Preußisch-Eylau, von wo aus Soult und Davout gegen Königsberg und
Lannes mit viel Kavallerie gegen Friedland entsendet wurden. Lannes traf am 13. auf Bennigsens Vortruppen, worauf Napoleon die übrigen
Korps von Preußisch-Eylau abrücken ließ und 14. Juni Bennigsen bei Friedland (s. d.) angriff und schlug; die Russen
zogen sich nach Tilsit und hinter den Niemen zurück. L'Estocq zog nach Königsberg, wurde dort am 14. von Soult angegriffen, hielt sich
jedoch in der Stadt und vereitelte auch Soults Versuche, den Pregel zu überschreiten. Als Bennigsens Heer abzog, räumte L'Estocq
Königsberg am 15., das nunmehr Soult besetzte, und rückte über Tapiau nach Tilsit, wo er sich mit Bennigsen vereinigte, der hierauf
Verhandlungen mit Napoleon eröffnete, die am 21. zu einem Waffenstillstande führten, von dem jedoch die Preußen ausgeschlossen waren.
Der Friede von Tilsit (s. unten) machte bald darauf dem Kriege ein Ende.
Die Festung Graudenz, die der General Courbiere verteidigte, hatte allen Angriffen widerstanden. Kolberg (s. d.) wurde
durch Gneisenau und Schill unter Mitwirkung der Bürger unter Nettelbeck nachhaltig verteidigt und durch die 2. Juli eintreffende Nachricht vom
Abschlusse des Waffenstillstandes gerettet. In Pommern hielt sich ↔ die von schwed. Truppen besetzte Festung
Stralsund bis 21. Aug., unterstützt durch 5000 Preußen, die 16. Mai unter Blücher auf Rügen gelandet und erst infolge des Friedens von
Tilsit von dort abgezogen waren, sowie durch 8000 am 5. und 6. Juli gelandete Engländer; die Besatzung zog sich nach Rügen zurück,
mußte jedoch im September auch diese Insel auf Grund der mit Frankreich geschlossenen Übereinkunft räumen. In Schlesien hatten zwar
Fürst Pleß und Graf Götzen den Truppen des Prinzen Jérôme hartnäckigen Widerstand geleistet und mehrfach glücklich gekämpft, doch war
die Übermacht der Franzosen zu groß; die Festungen fielen mit Ausnahme von Kosel, Silberberg und Glatz in Feindeshand, und zwar Breslau
6. Jan., Brieg 16. Jan., Schweidnitz 7. Febr., Neisse 16. Juni.
Am 25. Juni erfolgte auf einem Floß auf dem Niemen bei Tilsit die persönliche Zusammenkunft Napoleons mit Kaiser Alexander; die beiden
Kaiser schlossen Freundschaft auf Kosten Preußens. Tilsit wurde neutral erklärt, und alle drei Monarchen (der König von Preußen 28. Juni)
verlegten ihre Hauptquartiere in die Stadt, Am 7. Juli schloß Frankreich mit Rußland, zwei Tage darauf mit Preußen Frieden. Preußen trat das
Kammerdepartement Bialystok an Rußland ab (11340 qkm mit 184000 E.), ebenso die 1793 und 1795 erworbenen poln. Provinzen an das
neugebildete, dem König von Sachsen zugewiesene Herzogtum Warschau, die links der Elbe gelegenen Provinzen, zu denen Braunschweig
und Hessen geschlagen wurden, an das neue Königreich Westfalen, den Cottbuser Kreis an Sachsen; Danzig mit einem Umkreise von zwei
Stunden wurde ein Freistaat unter Preußens und Sachsens Schutz. Der König von Sachsen erhielt zur Verbindung mit dem Herzogtum
Warschau eine Militärstraße durch Schlesien. Die Herzöge von Mecklenburg, Oldenburg und Coburg erhielten von Napoleon ihre Länder
zurück, wogegen Kaiser Alexander Napoleons Brüder Jérôme, Joseph und Ludwig als Könige von Westfalen, Neapel und Holland
anerkannte und die Herrschaft Jever an Holland abtrat. Rußland räumte Cattaro, sowie die Moldau und Walachei und verpflichtete sich, unter
Napoleons Vermittelung mit der Pforte Frieden zu schließen. Preußen mußte sich dem Kontinentalsystem Napoleons anschließen und engl.
Schiffen seine Häfen sperren. In einem geheimen Vertrage zwischen Rußland und Frankreich wurde überdies bestimmt, man wolle auch
Dänemark, Schweden, Portugal und Österreich zum Handelskriege gegen England nötigen. Zwischen dem Grafen Kalckreuth und dem
Fürsten von Neuchâtel wurde sodann noch vereinbart, daß die franz. Truppen bis zum 1. Okt. das preuß. Staatsgebiet räumen sollten, sofern
bis dahin die dem Lande auferlegten, sehr beträchtlichen Kriegssteuern bar oder durch Sicherheit abgetragen sein würden; doch wurde
dieser Vertrag nicht gehalten, und selbst, als nach Jahresfrist Preußen die willkürlich bestimmte franz. Forderung von 150 Mill. Frs. erlegt
hatte, blieben die Oderfestungen Glogau, Cüstrin und Stettin durch franz. Truppen besetzt.
Litteratur. von Höpfner, Der Krieg von 1806 und 1807 (2. Aufl., 4 Bde., Berl. 1855); C. Freiherr von der
Goltz, Roßbach und Jena (ebd. 1883); Foucart, Campagne de Prusse 1806 (3 Bde., Par. 1887–90);
ders., Campagne de Pologne (2 Bde., ebd. 1882); M. Lehmann, Scharnhorst (2Bde., Lpz.
Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 219.