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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Freiwillige Rettungsgesellschaft - Freiwillige Versicherung
außerdem bei den Lazaretten in der Heimat, bei den
Krankentransporten und in belagerten Festungen
erfolgen. Nur ausnahmsweise dürfen auf Grund
defonderer Erlaubnis in Notfälleu freiwillige Sani-
tätskolonnen bis zu den Feldlazaretten und den
Sanitätsdetachements, also bis in den Bereich der
fechtenden Truppen vorgeschoben werden.
Unter Festhaltung dieser Grundsätze soll die
Thätigkeit der F. K. bestehen a. in der Gestellung
des Pflegepersonals für die Transporte der Kran-
ken und Verwundeten im Bereich der Etappen-
inspektionen uach den Reservelazaretten; d. in der
Bereitstellung von ausgebildeten Krankenpflegern
und Krankenpflegerinnen für die Reservelazarctte,
Etappen- und stehenden Kriegs- und Feldlazarette;
c. in der Sammlung und Zuführung der freiwilli-
gen Gaben für die Krankenpflege; ä. in der Unter-
stützung der Reservelazarette, sei es durch Über-
nahme einzelner Zweige der Lazarettverwaltung, sei
es durch Einrichtung besonderer (Vereins-)Lazarette
oder endlich durch die Aufnahme von Genesenden;
6. in der Vermittelung von Nachrichten über die in
den Lazaretten befindlichen Kranken an deren An-
gehörige. Außerdem wird der F. K. gestattet, Laza-
rettzüge aus eigenen Mitteln auszurüsten und ber-
zustellen sowie unter eigener Leitung und Verwal-
tung zu verwenden, falls ein Bedürfnis vorliegt.
Zur Erfüllung dieser im Kriege ihr zufallenden
Aufgaben bedarf die F. K. einer sorgfältigen Vor-
bereitung im Frieden. Dieselbe besteht vornehm-
lich in dem Ausbau der Vereinsorganisation, in der
Verbreitung ausreichender Kenntnis der Heeresein-
richtungen, insbesondere der für den Heeressanitäts-
dienst bestehenden Vorschriften, in der Ausbildung
von Krankenpflegern und -Pflegerinnen, in der Schu-
lung von Transportkolonnen. in der Beschaffung
des zur Errichtung von Vereinslazarctten, Hilfs-
lazarettzügen und zur Unterstützung des Landtrans-
ports erforderlichen Materials, endlich in der Füh-
rung und dauernden Kurrenthaltung zahlreicher Per-
sonen- und Sachetats.
Das Personal der F. K. muß nach der deutschen
Kriegssanitätsordnung deutscher Nationalität sein.
Die internationale Hilfe, d. h. die persönliche
Hilfeleistung von Personen nichtdeutscher Nationali-
tät, desgleichen die Gabenverteilung durch nicht-
deutsche Vereine und Genossenschaften ist bei der
Feldarmee unbedingt ausgeschlossen, im Inlande
nur mit besonderer Genehmigung dec> Kriegsmini-
steriums zulässig. Die Sammlung und Weiterbeför-
derung von Gaben ausländischer Personen oder
Vereine muß somit durch die Organe der deutschen
F. K. erfolgen.
Wie in Deutschland ist auch in Ost erreich und
Frankreich die F. K. schon im Frieden organisiert
und im Kriege unter einheitlicher Leitung den:
Etaatssanitätsdienst unterstellt. In England ist
sie bis jetzt im Frieden nicht organisiert, auch ist
ihr daselbst für den Kriegsfall eine freiere Stellung
eingeräumt. In Rußland entbehrt sie bis jetzt
ebenfalls einer centralisierten Leitung und bestimm-
ten Regelung ihrer Rechte und Pflichten; sie kommt
daselbst je nach Angebot und Bedarf in kleinern
Gruppen zur Verwendung. In Italien bilden
sich ähnliche Verhältnisse wie in Deutschland heraus.
Geschichtliches. Im allgemeinsten Sinne ist
freiwillige Hilfe im Kriege so alt wie der Krieg selbst.
In der jetzigen Bedeutung aber, d. h. als organisierte
Hilfsbereitschaft eines ganzen Volks trat die F. K.
zum erstenmal während der deutschen Befreiungs-
kriege 1813 - 15 in die Erscheinung. Preuß.
! Prinzessinnen riefen damals nicht die Humanität,
^ sondern den Patriotismus der Privaten an mit der
Aufforderung, die Notlage des Staates durch frei-
willige Hilfsthätigkeit auf dem Gebiete der Kriegs-
krantenpflege zu erleichtern. Während des Orient-
krieges (1853-56) und Italienischen Krieges (1859)
ging die Anregung von Privaten aus, nachdem die
staatlichen Sanitätseinrichtungen in den betreffe/edett
Armeen sich unzulänglich gezeigt hatten. Eine um-
z fassende Thätigkeit entfaltete sodann die F. K. im
^ amerit. Secessionskriege. Bei allen diesen Gelegen-
! beiten machte sich der Mangel einer festen Organisa-
tion, einer ausreichenden Friedensvorbereitung und
einer bestimmten Einfügung in den Heeressanitäts-
dienst empfindlich bemerkbar. Dieselben Übelstände
traten bei der F.K. im Schleswig-Holsteinischen Feld-
zuge 1864 und im Deutscheu Kriege 1866 hervor, ob-
wohl 1864 durch Bildung des "Centralkomitees des
Preußischen Vereins zur Pflege im Felde verwun-
deter und ertränkter Krieger" der erste Versuch ge-
macht war, die freiwillige Hilfsthtttigkeit in geord-
nete Babnen zu leiten. Die nach dem Kriege von
1866 eifrig betriebeneVereinsorganifation befähigte
die deutsche F. K., bei dem plötzlich ausbrechenden
Kriege 1870/71 alsbald eine umfassende, verhältM-
mäßig einheitliche und hauptsächlich dadurch erfolg-
reiche Thätigkeit zu entfalten. Seitdem ist die Ver-
einsorganisationunausgesetzterweitertund befestigt,
ihre Friedensthätigkeit (Ausbildung von Pflegeper-
sonal, Schulung von Transportkolonnen u. s. w.)
immer umfassender geworden, sodaß die deutsche
F. K. in einen neuen Krieg zweifellos besser vorbe-
reitet eintreten wird, als jemals bisher irgendwo
der Fall gewesen ist. Die zweite, mindestens ebenso
wichtige Bürgschaft für ihren Erfolg in einem et-
waigen Zukunftskriege liegt darin, daß sie durch
die Teutsche Kriegssanitätsordnung vom 10. Jan.
1878 die oben geschilderte feste Einfügung in den
Heeresmechanismus erhalten hat, wodurch einerZer-
splitterung der Kräfte und willkürlichem Handeln ein
Riegel vorgeschoben ist.
Eine Zeit lang (während des 6. und 7. Jahrzehnts
des 19. Jahrh.) griff vielfach die Auffassung Platz,
als ob F. K. gleichbedeutend mit Internatio-
naler Krankenpflege sei. In Wirklichkeit ist
erstere eine durchaus nationale Einrichtung, welche
eine internationale Wirksamkeit nur insoweit zu ent-
falten vermag, als durch die Genfer Konvention das
Heeressanitätswesen überhaupt eine Neutralisierung
erfahren hat. Der weitgehenden Beschränkung,
welche der Bethätigung fremdländischer Vereine bei
der deutschen Armee auferlegt ist, ward oben bereits
gedacht. (S. Rotes Kreuz und Genfer Konvention.)
Litteratur. Eanitätsbericht über die deutschen
Heere 1870/71. Bd. 1: Sanitätsdienst (Berl. 1884;
8. Kapitel: F. K. und Genfer Konvention); F. von
j Eriegern-Thumitz, Lehrbuch der freiwilligen Kriegs-
! krankenpfiege (2.'Aufl., Lpz. 1891); E. Gurlt, Ge-
! schichte der internationalen und F. K. im Kriege
(ebd. 189^).
Freiwillige Rettungsgefellfchaft in Wien,
s. Feuerlöschwesen (Bd. 6, S. 736 a).
Freiwilliges Hinken, s. Hiuken.
Freiwillige Verdampfung oder Verdun-
stung, s. Dampf.
Freiwillige Versicherung kommt in der Form
freiwilliger Beteiligung an irgend welchen aus