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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Friesische Sprache und Litteratur
hinter liegen die Halligen (s. d.). In weiterm Sinne gehört auch die niederländ. Inselkette von Texel bis zur Emsmündung zu den F. I. - Vgl. Jensen, Die nordfries. Inseln (Hamb. 1891).
Friesische Sprache und Litteratur. Die Sprache der Friesen ist aufs engste der der Angelsachsen verwandt, dermaßen, daß man für das frühere Mittelalter von einer anglo-fries. Sprache spricht, die mit der deutschen die westgerman. Gruppe der Germanischen Sprachen (s. d.) bildet. Erst seit der Auswanderung der Angelsachsen nach Britannien um die Mitte des 1. Jahrtausends n. Chr. horte der sprachliche Zusammenhang und Austausch zwischen Friesen und Angelsachsen auf, sodaß nunmehr jede der beiden Mundarten sich zu einer besondern Sprache ausbildete. Die ältesten Denkmäler der fries. Sprache gehen bis auf das 12. bez. 11. Jahrh. zurück; es sind fast durchweg Rechtsquellen, denen eine litterar. Bedeutung nicht zukommt. Sie sind gesammelt von K. von Richthofen ("Fries. Rechtsquellen", Berl. 1840) und M. de Haan Hettema ("Oude Friesche wetten", 2 Tle., Leeuw. 1846-51; "Het Emsiger landregt van 1312", ebd. 1830; "Het Fivelingoër en Oldampster landregt", Dokkum 1841; "Jurisprudentia Frisica", 3 Tle., Leeuw. 1834-35); vgl. auch die zum Schluß des Artikels Friesen angeführten Urkundenbücher. Die Sprache dieser altfries. Texte weist erhebliche mundartliche Verschiedenheiten auf. Man unterscheidet eine westfriesische (westerlauersche) Mundart (in der niederländ. Provinz Vriesland) und eine in Ems- und Weserfriesisch zerfallende, oft friesische (östlich davon bis zur Wesermündung). (Vgl. die Karte der deutschen Mundarten, Bd. 5, S. 28.) Von der westlich und südwestlich vom Zuidersee gesprochenen Mundart ist uns nichts erhalten.
Die fries. Sprache wurde als Schriftsprache im 14. und besonders im 15. Jahrh. durch die mächtigere niederdeutsche Sprache verdrängt, wenn man in Westfriesland auch noch im 16. Jahrh. zum Teil friesisch schrieb. Die altfries. Sprache und Litteratur reicht in Ostfriesland bis um 1500, in Westfriesland bis 1600. Die spätere Sprache ist das Neufriesische. In Ostfriesland kam es nicht zu einer neufries. Litteratur. Nur Liebhabern der alten Sprache verdanken wir einzelne Aufzeichnungen, wie das Wurster Wörterverzeichnis des Pastors Westing 1688 (hg. von O. Bremer in Paul und Braunes "Beiträgen zur Geschichte der deutschen Sprache und Litteratur", Bd. 13, Halle 1888, S. 530-561) und das Harlingische "Memoriale linguae Frisicae" des Pastors Cadovius-Müller 1691 (hg. von Kükelhan, Leer 1875), sowie einige neuere Aufzeichnungen, besonders in Ehrentrauts "Fries. Archiv" (2 Bde., Oldenb. 1849-54). Die Sprache war schon im 17. Jahrh. im Aussterben begriffen, um der plattdeutschen zu weichen. Diese von Süden her eingedrungene plattdeutsche Mundart nennt man innerhalb der deutschen Reichsgrenzen noch heute ostfriesisch, in dem niederländ. Landesteile groningisch. Die alte ostfries. Zunge ist heute nur noch auf Schiermonnikoog und im Saterlande (im westl. Oldenburg) lebenskräftig. Auf Wangeroog und der Kolonie Neuwangeroge ist sie im Aussterben begriffen und wurde 1890 nur noch von 32 Menschen gesprochen. Anders in Westfriesland. Zwar die westlich dem Zuidersee gesprochene fries. Mundart ist im 17. Jahrh. ausgestorben. Aber in der heutigen niederländ. Provinz Friesland lebt die alte Sprache noch heute fort; nur in der großen Mehrzahl der Städte wird jetzt eine holländische, die sog. stadtfries. Mundart gesprochen, desgleichen in der im 16. Jahrh. dem Meere abgewonnenen und mit Holland. Bauern besiedelten Landschaft Het Vildt. Von der im Gegensatz zu dem Stadtfriesischen Landfriesisch oder Bauernfriesisch (lat. dialectus communis) genannten westfries. Sprache sondert sich im äußersten Südwesten des Landes eine besondere Mundart ab, das sog. Zuidhoeksch, einst von größerer Ausdehnung, heute nur noch auf die Stadt Hindeloopen beschränkt. Als Schriftsprache ist das Westfriesische nie völlig ausgestorben, wenn auch die niederländ. Sprache seit Beginn der Neuzeit die offizielle Schrift-, Kirchen- und Schulsprache ist. Schon in der ersten Hälfte des 17. Jahrh. wurden einige Gelegenheitsschriften in fries. Sprache gedruckt. Der bedeutendste Dichter der ältern neuwestfries. Litteratur ist Gysbert Japier (1603-66), dessen 1668 erschienene "Friesche Rymlerye" (beste Ausg. von Epkema, 2 Tle. und Wörterbuch, Leeuw. 1821-24; in modernisierter Rechtschreibung hg. von Waling Dijkstra, Franeker 1853) außer prosaischen Stücken Gedichte verschiedenen Inhalts und Übersetzungen vieler Psalmen in Gedichtform enthält; vgl. "Hulde aan G. Japix" (2 Tle., Bolsward 1824 u. Leeuw. 1827). Seit G. Japicx kann man eigentlich erst von einer neufries. Litteratur sprechen. Joannes Hilarides schrieb für das J. 1679 einen Almanach in Hindelooper Mundart. 1701 erschien die seitdem wiederholt herausgegebene derbe, aber witzige Volkskomödie "Waatze Gribberts Bruyloft" (neueste Ausg., Liauwert [Leeuwarden] 1840) und, von unbedeutendern Werken abgesehen, 1755 die Gedichtsammlung "Friesche Rymlery" von Jan Althuysen (1715-63) und 1779 das für das fries. Volksleben wichtige Lustspiel "It libben fen Aagtje Ysbrants" von E. Meinderts (4. Ausg., Liouerd [Leeuwarden] 1861), die Lustspiele 1779 "De reys fen Maicke Jackeles fen hallum ney Ljeauwert yn 1778" (2. Ausg., Ljeauwert 1830) und 1778 "De tankbre boere zoon" (neue Ausg., Snits [Sneek] 1823).
Die Blüte der neufriesischen Litteratur blieb unserm Jahrhundert vorbehalten. Eine Erinnerungsfeier an Gysbert Japicx (1823) gab den Anstoß zu einer Wiederbelebung des fries. Nationalgefühls und einem kräftigen Aufschwung der fries. Litteratur. Das Hauptverdienst an dieser Bewegung gebührt den Gebrüdern J. H.^[Joost Hiddes] und E. Halbertsma (s. d.; ersterer 1789-1869, letzterer 1797-1858) in Deventer, deren Dichtungen die größte Beliebtheit erlangten. Ihr Hauptwerk ist "De lapekoer fen Gabe Skroor" (Dimter [Deventer] 1822, seitdem öfter herausgegeben; deutsch "Der Lappenkorb", von Element, Lpz. 1847), Gedichte und volkstümliche prosaische Schriften enthaltend; ferner schrieben sie 1858 die Erzählung "De Jonkerboer" (2. Ausg., Ljouwerd [Leeuwarden] 1859), die "Twîgen uwt îen âlde stamme" (Dimter 1840), "Rîmen en Teltsjes" (ebd. 1868) u. a. Schon vorher hatte R. Posthumus ein "Prieuwcke fen Friesche Rijmlerije" (Grinz 1824) gegeben, eine Sammlung von Gedichten, der andere sowie Übertragungen Shakespearescher Stücke folgten. Desgleichen seien P. C. Salverdas "Ijtlijcke Friesche Rijmkes" (Snits [Sneek] 1824) genannt. Die Gebrüder Halbertsma haben bis auf die Gegenwart viele Nachfolger gefunden. Die bedeutendsten modernen fries. Dichter sind der Gelehrte T. R.