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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Funddiebstahl; Fundgrube; Fundieren ; Fundierte Schuld; Fundiertes Einkommen

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Funddiebstahl – Fundiertes Einkommen

werden können, gehörigen Orts abzuliefern. Gelingt die Ermittelung des Berechtigten nicht, so werden die Gegenstände an das Fundbureau gesandt. Leicht verderbliche Gegenstände sind zu verkaufen und der Erlös dafür ist abzuliefern. Zur Erleichterung der Ermittelung der Eigentümer ist in Berlin bei dem Auskunftsbureau der deutschen Reichs- und preuß. Staatsbahnen (s. Auskunftsstellen und Eisenbahnagenten) eine Centralfundstelle eingerichtet, der von den einzelnen F. allmonatlich kurze Anzeigen über Fundstücke oder Verlustanzeigen über Gegenstände von besonderer Eigenart oder besonderm Werte einzusenden sind. Die Centralfundstelle sucht durch Vergleichung der eingehenden Anzeigen die Eigentümer zu ermitteln. Nach Ablauf der dreimonatigen Aufbewahrungsfrist erfolgt der öffentliche und meistbietende Verkauf durch Gerichtsvollzieher oder durch einen vereidigten Auktionator, nachdem Ort und Zeit des Verkaufs vorher durch Bekanntmachungen in geeigneten Zeitungen veröffentlicht und in denselben die Eigentümer der zurückgelassenen Gegenstände zur Geltendmachung ihrer Rechte aufgefordert und darauf hingewiesen worden sind, daß im entgegengesetzten Fall zum Verlauf werde geschritten werden. Zur Wiedererlangung der zurückgelassenen Gegenstände werden Muster zu Verlustanzeigen in den Stationsbureaus unentgeltlich verabreicht und auf Verlangen ausgefüllt. Telegr. Depeschen zur Wiedererlangung abbanden gekommener Gegenstände werden mit den Bahntelegraphen befördert. Wird die Fassung der Depesche dem Stationsbeamten überlassen und beschränkt sich deren Beförderung auf den Staatsbahnbereich, so wird eine feste Gebühr von 50 Pf., andernfalls die tarifmäßige Gebühr erhoben. Gefundene Gegenstände werden den Berechtigten im Bereich der preuß. Staatsbahnen mit dem nächsten Schnell- oder Personenzuge auf Gepäckscheine unter Erhebung einer festen Gebühr von 50 Pf., außerhalb des Staatsbahnbereichs mit der Post als Fracht- oder Eilgut oder auch durch Vermittelung eines Spediteurs kostenpflichtig übersandt.

Bei den österreichischen und ungarischen Bahnen ist die Behandlung der Fundsachen eine ähnliche, zumal die obigen Bestimmungen der deutschen Eisenbahnverkehrsordnung auch in dem Betriebsreglement für die österr.-ungar. Eisenbahnen enthalten sind. Danach bestehen für die österreichischen Staatsbahnen besondere Sammelstellen für Fundsachen bei den Betriebsdirektionen (s. Eisenbahnbehörden), wo die Fundgegenstände bis zum Ablauf der dreimonatigen Frist aufbewahrt und demnächst öffentlich veräußert werden. Auf den ungarischen Eisenbahnen ist die Behandlung der Fundgegenstände u. a. dahin geregelt, daß die Versteigerung unter Mitwirkung der Ortsbehörde und des Polizeiamtes stattzufinden hat und der Erlös den Ortsarmen zuzuwenden ist.

In den übrigen Staaten bestehen ähnliche Einrichtungen und Vorschriften; in England gehen die Meldungen u. s. w. über Fundgegenstände an das Railway Clearing House (s. Eisenbahnabrechnungsstellen).

Funddiebstahl. Wer sich eine verlorene Sache rechtswidrig und mit dem Bewußtsein der Rechtswidrigkeit zueignet, macht sich eines Furtum (s. d.) im röm. Sinne schuldig und haftet deshalb dem Eigentümer nach gemeinem Recht auf Ersatz nach Maßgabe der Diebstahlsersatzklage (s. Diebstahl, Bd. 5, S. 272 b) in weiterm Umfange als ein bloß schlechtgläubiger Besitzer. Das Unterlassen der Bekanntmachung oder Anzeige (s. Finden) kann der Richter als Indicium der rechtswidrigen Zueignung ansehen. Viele neuen Gesetze, welche die Anzeige oder Bekanntmachung vorschreiben, versagen dem Finder den ihm sonst zustehenden Finderlohn oder den Anspruch auf Erwerb des Eigentums schlechthin. Das Preuß. Allg. Landrecht stellt überdies gegen den Finder, welcher den Fund über vier Wochen verschweigt, die Vermutung auf, daß er unredlicher Besitzer sei (Ⅰ, 9, §. 71) und läßt ihn als unredlichen Besitzer gelten, wenn er auf außergerichtliches Befragen (§. 72), als Dieb, wenn er dem Richter den Fund ableugnet (§. 73). Das Österr. Bürgerl. Gesetzb. §. 393 läßt den Finder, welcher die gesetzlichen Folgen außer acht läßt, für alle schädlichen Folgen, unter Umständen als Betrüger haften. Sachen, welche nicht verloren waren, sondern sich noch in fremdem Besitz (s. d.) oder Gewahrsam (s. d.) befanden, wie ein auf dem Felde des Eigentümers stehen gelassener Pflug oder innerhalb der Wohnung verlegte Sachen, frei umherlaufende Tiere, welche die Gewohnheit zum Eigentümer zurückzukehren nicht aufgegeben haben, kann niemand finden. Wer sich solche Sachen rechtswidrig aneignet, wird wegen Diebstahls (s. d.) bestraft. Wer aber eine verlorene, also vom Eigentümer nicht aufgegebene, aber aus seinem Besitz gekommene Sache an sich nimmt und, nachdem er sie an sich genommen hat, sich mit dem Bewußtsein der Rechtswidrigkeit oder in der eventuellen Absicht aneignet, sie dem Eigentümer zu hinterziehen, wenn derselbe das Eigentum nicht aufgegeben haben sollte, macht sich nach heutigem Strafrecht einer strafbaren Unterschlagung (s. d.) schuldig. Ob dasselbe auch dann anzunehmen ist, wenn der Finder sogleich, als er die Sache an sich nahm, die Absicht der rechtswidrigen Aneignung hatte, ist unter den Juristen bestritten.

Fundgrube, ein in gewisser Größe an der Stelle, an welcher ein bergmännischer Fund gemacht wurde, vermessenes Stück Feld. Die Größe war verschieden bestimmt; gewöhnlich war sie auf sieben Lehne im Geviert (das Lehen zu sieben Lachter) festgesetzt; einzelne Bergordnungen rechneten nach Wehren, die in der doppelten Länge der Lehne bestanden, sodaß der erste Finder drei Wehren als F. fordern durfte. Was dem Finder außerdem auf derselben Lagerstätte zugeteilt wurde, sind Maße. Das Ganze ist das Grubenfeld. Über die heutigen Verhältnisse s. Bergwerkseigentum.

Fundieren (lat.), gründen, stiften; auf bestimmte Fonds anweisen; Fundation, Gründung, Stiftung, namentlich fromme Stiftung; Fundātor, Gründer, Stifter. – Über F. im Bauwesen s. Grundbau.

Fundierte Schuld, im Gegensatze zu der Flottierenden Schuld (s. d.) zunächst im engern Sinne diejenige Gattung von Staatsschulden, für deren Verzinsung und Tilgung bestimmte staatliche Einnahmequellen besonders und dauernd angewiesen sind. (S. Fonds.) Im weitern Sinne aber umfaßt dieselbe auch alle Anleihen, die ohne besondere Fundierung auf lange Zeiträume oder ohne alle Verpflichtung des Staates zur Rückzahlung des Kapitals gegen Verschreibung von ewigen Renten ausgenommen sind. (S. Staatsschulden.)

Fundiertes Einkommen, s. Einkommen.