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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Fustage – Fusulinen

legung eines Eides vor dem öffentlichen Notar Ulr. Helmasperger, und über diesen Akt wurde ein Protokoll aufgenommen, in dem das Wesentliche der Klagesache und des Richterspruchs enthalten war. K. Dziatzko hat diese wichtige Urkunde in der Göttinger Universitätsbibliothek aufgefunden und 1889 in der «Sammlung bibliothekswissenschaftlicher Arbeiten» (2. Heft) veröffentlicht. Der endliche Ausgang des Prozesses, daß Gutenberg nicht zahlen konnte und somit das Druckgerät F.s Eigentum wurde, läßt sich mit Sicherheit vermuten; ebenso daß dazu die Typen der 42zeiligen lat. Bibel gehörten und gerade diese das gemeinsame Werk von Gutenberg und F. ist. F. verband sich mit Peter Schöffer (s. d.), der F.s Tochter Christine heiratete, und beide gaben 1457 das Psalterium heraus. Während Schöffer mehr die technische Seite des Druckens leitete, scheint F. vor allem dem Buchhandel seine Fürsorge gewidmet und seinen Verlagswerken nach dem Norden und Westen hin Absatz gewonnen, besonders auch schon die Frankfurter Messe dafür benutzt zu haben. Ihr Druckerzeichen, das früheste, das gebraucht wurde, sind zwei durch eine Schlinge verbundene an einem Ast hängende Schilde (s. die Textfigur beim Artikel Druckerzeichen). 1462 wurde bei der Eroberung und Plünderung von Mainz auch ihre Druckerei zerstört und dadurch zahlreiche ihrer Gehilfen zum Auswandern genötigt; aber 1465 war ihre Presse wieder in Thätigkeit. F. starb Ende 1466 oder Anfang 1467, wahrscheinlich zu Paris auf einer Geschäftsreise. Schöffer führte das Geschäft weiter, an welchem außer seiner Frau auch deren Bruder Johann, ein angesehener Geistlicher zu Mainz, und F.s Witwe Margarete, die sich mit einem Geschäftsführer der Firma, Konrad Henckis, von neuem verheiratete, beteiligt waren. Nach F.s Tode versuchte namentlich sein Enkel Joh. Schöffer ihm einen größern Anteil an der Erfindung der Buchdruckerkunst, als ihm gebührt, ja diese selbst zuzuschreiben. (S. Buchdruckerkunst, Bd. 3, S. 653 b.)

Fustage (spr.-ahsche), vom altfrz. fust (Faß), frz. futaille (im Sinne von Faßwerk), auch Fastage, Leergut, Leergüter, wird in der Handelssprache die Umhüllung, besonders Fässer, Kisten, genannt, deren man sich zum Einpacken der Waren und anderer Gegenstände bedient. In der Schiffssprache sind F. die Fässer und Gefäße, in welchen die Flüssigkeiten aufbewahrt werden. (S. Emballage.)

Fustanella, ein Teil der modernen griech. Nationaltracht, der jedoch nur dem männlichen Geschlecht auf dem Festlande und in Morea eigentümlich ist, das sog. Albaneserhemd. Das Wort stammt von dem turk. festan. Die Tracht ist ursprünglich albanesisch und wurde namentlich seit 1770 in Morea und Rumelien besonders von der Jugend immer allgemeiner angenommen; es trugen die F. meistenteils die bewaffneten Griechen, namentlich die Armatolen, die lokalen Milizen und die Klephten, und sie ist später auch für die irreguläre Miliz des Königreichs Griechenland beibehalten worden. Im allgemeinen wird sie auf dem griech. Festlande von den Landleuten getragen. Die von der Taille bis an die Knie reichende, durch einen Zug über den Hüften zusammengehaltene, glänzendweiße F. besteht aus einem Gewebe von feiner Baumwolle (bei den Landleuten ist der Stoff gröber) und geht nach den Knien zu in weite Falten aus, die vorzugsweise ein Gegenstand der Sorgfalt sind. Der untere Saum wird bei Vornehmern durch Stickereien verziert. Die Bewohner der Inseln tragen statt der F. weite, bauschige Beinkleider von bunter Baumwolle, bisweilen auch von Seide.

Fustel de Coulanges (spr. füstéll dĕ kulángsch’), Numa Denis, franz. Geschichtschreiber, geb. 18. März 1830 zu Paris, besuchte die Normalschule daselbst und wurde Mitglied der franz. Schule zu Athen, später war er Lehrer in Amiens und dann am Collège Saint-Louis in Paris; 1861‒70 war er Professor der Geschichte in Straßburg; seitdem las er an der Normalschule in Paris über ältere Geschichte. 1875 wurde er Mitglied der Akademie der moralischen und polit. Wissenschaften. Dann wirkte er als Direktor der Normalschule. F. starb 12. Sept. 1889 in Massy bei Palaiseau (Seine-et-Oise). Er gehört zu den besten und originellsten Geschichtschreibern Frankreichs, seine Schriften zeichnen sich durch Gelehrsamkeit und bündige und treffende Darstellung aus. F. schrieb: «Quid Vestae cultus in institutis veterum privatis publicisque valuerit», «Polybe, ou la Grèce conquise par les Romains» (1858), «Mémoire sur l’île de Chio» (1857), «La cité antique» (1864; 13. Aufl. 1892), «Histoire des institutions politiques de l’ancienne France» (4 Bde., Par. 1875‒90; neu hg. von Jullian, 1892), die beiden letzten von der Französischen Akademie gekrönt; «Recherches sur quelques problèmes d’histoire» (1885), «L’École normale» (1884), «Nouvelles recherches sur quelques problèmes d’histoire» (1891) und «La Gaule romaine, l’invasion germanique et le royaume des Francs» (4 Bde., Par. 1888‒91); dieses Werk erwarb F. den großen Preis «Jean Reynaud» (10000 Frs.).

Fusti (ital., d. h. Stengel, Stiele) oder Refaktie heißt der Abzug auf das Gewicht, welchen sich bisweilen der Verkäufer einer Ware gefallen läßt, wenn dieselbe mehr als im gewöhnlichen Maße Unreinheiten enthält, wie dies z. B. bei Korinthen, Kaffee, Anis u. s. w. nicht selten der Fall ist. Auch ein Abzug wegen schadhafter Beschaffenheit der Ware wird Refaktie genannt. Solche Abzüge pflegen, ebenso wie die Leckage (s. d.), an den meisten größern Handelsplätzen usancemäßig festgestellt zu sein.

Fustibalŭs (von fustis, Knüttel, und grch. ballein, werfen), Stockschleuder, eine Wurfwaffe der Römer, welche in der Kaiserzeit aufkam, ein etwa 1,25 m langer Stock mit Schleuder. Der F., mit dem gewöhnlich Steine geschleudert wurden, hatte größere Schnellkraft als die Funda. – Fustibalātor, Stockschleuderwerfer.

Fustĭe, Kind eines Weißen und einer Mustie (Tochter eines Weißen und einer Mulattin).

Fustigieren (ital.), ausprügeln, stäupen; davon das Substantiv Fustigation.

Fustik, s. Fisetholz und Gelbholz.

Fustikmaulbeerbaum, s. Maclura.

Fustuarĭum (lat., von fustis, Knüttel; zu ergänzen supplicium), das Totschlagen und ‑Werfen mit Knütteln und Steinen, bei den alten Römern als Strafe besonders für Soldaten, welche die Fahnen verlassen oder sich sonst schimpflich aufgeführt hatten, von den Mitsoldaten selbst vollzogen.

Fusulīnen sind die wichtigsten unter den paläozoischen Foraminiferen und haben in dem russ. und amerik. Bergkalk (s. d.) oder Kohlenkalk ganze Schichtenkomplexe durch die ungeheure Ansammlung von Exemplaren ihrer spindelförmigen, in der Ebene spiralig gewundenen, bis etwa sechsfach so breit- ^[folgende Seite]