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Gabriel – Gad
Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Gaboriau'
autres»
(1874) und
«La dégringolade» (1876; illustr. Ausg. 1885).
Gabrĭel (hebr., d. h. Mann Gottes), nach der spätern jüd. Mythologie einer der Erzengel
(s. d.). Er erscheint zuerst in der Apokalypse Daniels, dem er den Traum vom Widder und vom Ziegenbocke auslegt und die Weissagung von den 70
Jahrwochen mitteilt. Nach der christl. Sage über die Kindheit Jesu offenbart er dem Zacharias die Geburt des Johannes und der Maria die Geburt des
Heilandes (Luk. 1, 11 fg.; 20 fg.). Nach den Rabbinen ist er der Todesengel für die
Israeliten, dem alle israel. Seelen abgeliefert werden; nach dem Talmud der Fürst des Feuers und über den Donner und das Reifen der Früchte gesetzt.
Er hat auf Jahwes Geheiß den Tempel angebrannt, ehe Nebukadnezars Krieger ihn anzündeten. Nach der mohammed. Sage ist er einer der vier von Gott
besonders begnadigten Engel, der die göttlichen Ratschlüsse aufzeichnet und nach dessen Eingebungen Mohammed den ganzen Koran schrieb.
Gabriēli, Andrea, ital. Musiker, geb. kurz nach 1510 in Venedig, machte Musikstudien bei Hadrian Willaert, trat
1536 als Sänger in die Kapelle des Dogen und wurde 1556 Organist an der zweiten Orgel der St. Markuskirche. Diese Stelle bekleidete er bis zum Tode,
der Ende 1586 erfolgte. Von G.s Kompositionen (Kirchenmusik, Madrigalen, Orgelstücken) ist eine Anzahl in Venedig, Nürnberg und Antwerpen im Druck
erschienen. Bedeutend war er auch als Lehrer. Seine berühmtesten Schüler sind der Nürnberger Hans Leo Haßler, der Holländer J. P. Sweelinck und G.s
Neffe Giovanni G.
Gabriēli, Domenico, Musiker, geb. gegen 1640 in Bologna, war Kapellmeister am Dom dieser
Stadt, wo er wahrscheinlich auch gegen Ende des Jahrhunderts gestorben ist, und von 1683 ab ein Jahrzehnt lang einer der gefeiertsten
Opernkomponisten. Seine Werke zeigen G. als einen in der Form sehr erfinderischen Meister, als eine reiche und vielseitige Natur, die über Feuer und
Anmut gleich sicher gebot. Dem Stile nach gehören seine Opern der Venetianischen Schule an und bilden mit denen des Freschi und Pallavicini ihre
letzte Gruppe, in der sich der Übergang zu Scarlatti und den Neapolitanern vollzieht. Die größte Anzahl von Opern G.s besitzt die
Biblioteca Estense in Modena.
Gabriēli, Giovanni, ital. Musiker, Neffe und Schüler von Andrea G., geb. 1557 in Venedig, wird
schon 1575 als bedeutender Komponist genannt. Groß als Orgelspieler, erhielt er 1585 die Stelle als Organist an der ersten Orgel der St. Markuskirche.
Er starb 12. Aug. 1612. Zu seinen Verehrern und Freunden gehörten der Herzog Albrecht V. von Bayern und die Fugger zu Augsburg, namentlich Georg
Fugger. Sein bedeutendster Schüler war Heinrich Schütz (s. d.). Zahlreiche Arbeiten von G., in kirchlichen
Stücken, Madrigalen und Orgelkompositionen bestehend, wurden in Venedig und Nürnberg gedruckt. – Vgl. von Winterfeld, Johann G. und sein Zeitalter
(3 Tle., Berl. 1834).
Gäbris, Berg des voralpinen Molassegebietes im schweiz. Kanton Appenzell-Außerrhoden, zwischen Trogen und Gais,
1250 m hoch, mit herrlicher Rundsicht.
Gabrŏvo, Stadt im Fürstentum Bulgarien, Kreis Selvi, 37 km im SW. von Tirnova, am Nordfuße des Balkan,
an der Jantra, hat 1888 8216 E. und infolge der reichlichen Wasserkraft ↔ lebhafte Industrie, wie Wollstofffabrikation, Töpferei, Gerberei,
Messerschmieden und Gießerei. 1835–77 bestand hier die erste bulgar. Schule.
Gabun, Fluß im N. der Kolonie Französisch-Kongo in Westafrika, ist eine seeartige, 70 km lange und bis zu 16 km breite
Ausbuchtung des am Monte-Crystallo entspringenden Como und des Zuflusses Remboë. Er ist für Seeschiffe von 4 m Tiefgang befahrbar; die Barre vor
der Mündung in den Atlantischen Ocean liegt bei Ebbe 8–10 m unter Wasser. An seinem rechten Ufer auf 200 m hoher Terrasse liegt Libreville. Nach dem
Flusse hieß früher die franz. Kolonie, die seit 1891 zu Französisch-Kongo (s. d.) erweitert worden ist.
Gabunholz, soviel wie Camwood; vgl. auch Ebenholz.
Gachard (spr. gaschahr), Ludw. Prosper, belg. Historiker, geb. 12. März 1800 zu Paris, studierte die
Rechte und zog nach Belgien, wo er 1830 Archivar in Brüssel und später Generalarchivar des Königreichs Belgien wurde. G., seit 1837
korrespondierendes, seit 1842 wirkliches Mitglied der belg. Akademie, seit 1834 (dem Gründungsjahre) Mitglied und seit 1850 Sekretär der königl.
Geschichtskommission und Präsident des Conseil héraldique, starb 24. Dez. 1885 in Brüssel. Er hat sich nicht nur
durch zweckmäßige Organisierung des Archivwesens und durch Sammlung archivalischer Schätze große Verdienste erworben, sondern ist auch einer der
fruchtbarsten Geschichtsforscher. Unter seinen zahlreichen Schriften und Sammelwerken stehen obenan die
«Correspondance de Guillaume le Taciturne» (6 Bde., Brüss. 1847–58) und die meist aus dem span. Archiv von
Simancas geschöpfte «Correspondance de Philippe II sur les affaires des Pays-Bas» (4 Bde., ebd. 1848–59). Höchst
belehrend sind die Werke: «Retraite et morte de Charles V» (3 Bde., ebd. 1854–55),
«Relations des ambassadeurs vénitiens sur Charles-Quint et Philippe II» (ebd. 1855) und
«Don Carlos et Philippe II» (2 Bde., 2. Aufl., Par. 1867). Ferner veröffentlichte er
«Correspondance de Marguerite d’Autriche, duchesse de Parme, avec Philippe II» (3 Bde., Brüss. 1867-81).
Gâchis (frz., spr. gaschih), Schmutz, Wirrwarr,
Klemme, in der man sich befindet; Gâcheur (spr. gaschöhr), Sudler, Pfuschcr, Schleuderer (von Waren);
gâchieren, sudeln, schmieren, Waren verschleudern, zu Schleuderpreisen verkaufen.
Gachupīnes (spr. gatschu-), vom aztekischen Worte
cactzopini, wörtlich «der mit dem Schuhe sticht», d. h. Spornträger, Reiter, heißen in Mexiko die in Europa
geborenen Spanier, zum Unterschiede von den in Mexiko geborenen Abkömmlingen der Weißen (Kreolen).
Gacko (spr. gatz-), auch Metokia, Stadtflecken und Hauptort
des Bezirks G. (10582 E.) in der Herzegowina, nahe der Grenze von Montenegro, in dem von hohen Bergen umschlossenen Kesselthale
G. polje, hat (1885) 757 meist mohammed. E. und als Garnisonsort strategische Bedeutung.
Gad (d. h. Glück), einer der zwölf israel. Stämme, wahrscheinlich benannt nach der semit. Glücksgottheit G., der auch im Exil
abtrünnige Judäer dienten (Jes. 65,11). Die hebr. Überlieferung leitet ihn von G., dem Sohne des Jakob und einer
Sklavin Silpa ab; das Gebiet der Gaditer war das Gebirge Gilead, weshalb sie im Deboraliede (s. Debora) geradezu Gilead genannt
werden. Doch haben sie zeitweilig auch südlich vom Stamm Ruben Land besessen.
Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 456.