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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Galizinberg – Galla

Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Galizien'

erst nach seinem Tode wurde es durch Wladislaw II. Jagello abermals für Polen erobert (1380), bei dem es nun bis zur Teilung dieses Landes 1772 verblieb.

Bei der ersten Teilung Polens machte Österreich die Ansprüche seines Königsreichs Ungarn auf G. geltend, und so gelangte G. mit Einschluß einiger Stücke, die bisher zu Kleinpolen gehört hatten, unter dem Titel des Königreichs G. und Lodomerien an Österreich, das 1786 die Bukowina, die es 1775 als Entgelt für die Vermittelung im russ.-türk. Kriege von der Pforte erworben hatte, damit vereinigte. Als Österreich bei der letzten Teilung Polens 1795 neue Erwerbungen in Polen machte, erhielten diese den Namen West- oder Neugalizien, die alten aber wurden nun Ost- oder Altgalizien genannt. Westgalizien nebst Krakau, sowie der Zamoscer Kreis in Ostgalizien mußten von Österreich im Schönbrunner Frieden 1809 an Napoleon abgetreten werden, um mit dem Herzogtum Warschau vereinigt zu werden; an Rußland trat es (1810) von Ostgalizien den Tarnopoler und Czortkower Kreis ab. Im ersten Pariser Frieden 1814 blieb Westgalizien bei Rußland, während der an Rußland abgetretene Teil von Ostgalizien an Österreich zurückgegeben wurde. Ein Teil von Ostgalizien aber wurde auf dem Wiener Kongreß zur Republik Krakau unter dem Schutze der drei Mächte Österreich, Rußland und Preußen erhoben. Seit 1830 zeigte sich indes dieser kleine Freistaat als ein Hauptherd der poln. Agitationen und wurde wiederholt von den Truppen der Schutzmächte besetzt. Als endlich Febr. 1846 die auf alle Teile des ehemaligen Polen berechneten Erhebungsversuche zum Ausbruch kamen, wurde wieder von Krakau aus der Aufstand verbreitet. Während die österr. Regierung die Invasion der Krakauer Insurgenten zurückschlug und Truppen der drei Schutzmächte Krakau selbst besetzten, erhob sich in G. das ruthen. Landvolk gegen die Polen, wobei es zu furchtbaren Greuelthaten kam. Infolge dieser Ereignisse ward 6. Nov. 1846 durch Übereinkunft der Schutzmächte zu Wien Krakau (s. d.) mit seinem Gebiete dem Kaiser von Österreich übergeben. Das Krakauer Gebiet wurde dann 1849 mit dem Titel eines Großherzogtums ausdrücklich zu einem Bestandteil G.s erklärt, die Bukowina aber von G. getrennt und zu einem eigenen Kronlande erhoben. Durch den österr.-ungar. Ausgleich von 1867 wurde G. ein Bestandteil des cisleithanischen Teils der Monarchie. (S. Österreichisch-Ungarische Monarchie.) Seit 1861 standen sich in G. die Polen, die in letzter Zeit auch von der Regierung begünstigt wurden und die ganze Verwaltung in den Händen haben, und die trotz ihrer großen Zahl in den Hintergrund gedrängten Ruthenen in einer immer feindlicher werdenden Haltung gegenüber. In der neuesten Zeit hat man jedoch diesen einige administrative Konzessionen gemacht und ist das Verhältnis zwischen beiden Stämmen nicht mehr so feindselig.

Litteratur. Hoppe, Geschichte von G. Und Lodomerien (Wien 1793); Schmedes, Geographisch-statist. Übersicht G.s und der Bukowina (2. Aufl., Lemb. 1869); Lipp, Verkehrs- und Handelsverhältnisse G.s (Prag 1870); Zehlicke, Die polit. und socialen Zustände G.s (in «Unsere Zeit», Jahrg 1870, 1. Hälfte); Heksch und Kowszewicz, Illustrierter Führer durch die ungar. Ostkarpaten, G., Bukowina und Rumänien (Wien 1882); Szujski, Die Polen und ↔ Ruthenen in G. (ebd. u. Teschen 1882); Jandaurek, Das Königreich G. (Wien 1884).

Galizinberg, s. Ottakring.

Galizische Karl-Ludwigbahn, s. Karl-Ludwigbahn.

Galizische Transversalbahn, s. Österreichisch-Ungarische Eisenbahnen.

Galīzyn, russ. Familie, s. Golizyn.

Galjäß, Schiffsart, s. Galeasse.

Gall von Hibernien, s. Gallus (Heiliger).

Gall, Franz Joseph, Anatom und Phrenolog, geb. 9. März 1758 zu Tiefenbrunn bei Pforzheim, studierte in Straßburg und Wien Medizin und machte sich an letzterm Ort als praktischer Arzt und durch seine «Philos. und mediz. Untersuchung über Kunst und Natur im kranken und gesunden Zustande des Menschen» (Bd. 1, Wien 1792; das fertige Manuskript des zweiten Bandes wurde nicht gedruckt) bekannt. Größere Berühmtheit erlangte er durch seine Vorlesungen über die Schädellehre (s. Phrenologie), die er später während einer Reise durch Deutschland auf mehrern Universitäten und in großen Städten wiederholte, wobei er ebenso viele Anhänger als Gegner fand. Nachdem er sich nach Paris gewendet, suchte er seine Lehre teils durch Vorträge, teils im Verein mit Spurtzheim durch das Werk «Anatomie et physiologie du système nerveux en général et du cerveau en particulier, etc.» (4 Bde., Par. 1810–20; 2. Aufl. u. d. T. «Sur les fonctions du cerveau», 6 Bde., 1822–25, nebst einem Atlas mit 100 Kupfertafeln) weiter zu verbreiten. Außerdem verfaßte er «Introduction au cours de physiologie du cerveau» (Par. 1808). Gegen mehrere ihm besonders von Pariser Gelehrten gemachte Einwürfe verteidigte er sich in der Schrift «Des dispositions innées de l'âme et de l'esprit, du matérialisme, du fatalisme et de la liberté morale» (Par. 1812), deren Inhalt später in das Hauptwerk überging. Nebenbei als praktischer Arzt beschäftigt, lebte er den Studien auf seinem Landsitze zu Montrouge bei Paris, wo er 22. Aug. 1828 starb. Wenn auch G.s System meist auf vorgefaßten Meinungen beruht, deren Unhaltbarkeit durch Erfahrung und Beobachtung hinlänglich dargethan ist, so haben doch seine Entdeckungen in der Anatomie und Physiologie des Gehirns bleibenden Wert.

Gall, Luise von, Schriftstellerin, Gattin von Levin Schücking (s. d.).

Galla, s. Gala.

Galla (arab., d. i. Barbaren; einheimische Benennung: Oroma, Ilmorma), Volksstamm in Ostafrika, der von Schoa in Abessinien im N. bis zum Sabaki im S., an die Somal im O. und an die Nilstämme im W. angrenzend, seine Wohnsitze hat und etwa 3 Mill. Köpfe zählt. Der G. ist halb Neger, halb Araber, verwandt mit den Hamiten des Nilthales. Im weitern Sinne werden auch die Massai zu den Gallavölkern gerechnet. Die G. haben keinen einheitlichen Rassentypus. Wenn auch im allgemeinen von hellerer Hautfarbe als die Neger, findet man bei ihnen doch auch wolliges neben lockigem Haar, die häßlichsten Bantu-Physiognomien neben kaukas. Gesichtsschnitt. Sie sind eine gesunde, langlebige Rasse und haben ein wohlwollendes, gesetztes Benehmen mit Tapferkeit, die sie in den Kriegen mit Somal und Massai und mit ägypt. Truppen am Erer südlich von Harrar bewiesen haben. In religiöser Beziehung neigen sie zu einem durchgeistigten Theismus; in Abessinien nahmen sie das Christentum, in den östlich

Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 483.