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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Gallen (in der Tierheilkunde) - Gallenga
dabei sich von den Säften der Pflanze uäbren nnd
wahrscheinlich auch einen gewissen Reiz auf die sie
umgebenden Gewebepartien ausüben, so findet eine
abnorme Zufuhr von Nährstoffen zu den G. bin
und eine lebhafte Teilung in den Zellen derselben
statt. Eigentümlich ist, daß jedes gallenbildende
Tier eine besondere Art von Galle hervorruft und
daß selbst, wenn mehrere solcher Tiere auf einer und
derselben Pflanze schmarotzen, auch jedes derselben
die ilnn eigene Galle erzeugt.
Die meisten und auch bekanntesten G. werden von
Arten aus den Familien derHymenopterenund Dip-
teren verursacht, aber auch Würmer, Milben, He-
mipteren, Schmetterlinge und Käfer können G. her-
vorrufen. Unter den Nematoden ist es die Gattung
^ußMiinw, deren Arten an mehrern Pflanzen charak-
teristische G. erzeugen; am bekanntesten sind die sog.
Raden- oder Gichtkörner des Weizens, die im
Innern eine große Anzahl von Weizenäl ch e n (^n-
Lnilinla tritici) enthalten, die beim Entfernen der
Schale und beim Benetzen mit Wasser nach einigen
Stunden lebhafte Bewegungen zeigen. Andere Arten
von ^nfmillulH rufen Gallenbildungen an verschie-
denen Wurzeln hervor, so die ^i^uilww i-aäicicolii.
Von Milben rühren diejenigen Krankheitserscheinun-
gen her, die man gewöhnlich als Filzkrankbeit (s. d.)
oder ^rineuin bezeichnet. Es sind dies meist Arten
aus der Gattung i'KvwMi^. Unter den Hcmipteren
sind es hauptsächlich die Pflanzenläuse (Apbiden), !
u. a. die Neblaus (s. d.), ferner die Blutlaus, die !
vorzugsweise auf Obstbäumen krebsartige Krank-
beitserscheinungen verursacht. Zu den Dipteren und
Hymenopteren gehören die Gallmücken und Gall-
wespen, die auf den verschiedenartigsten Pflanzen
kugelige oder knollenartige G. hervorrufen, von
denen die auf den Eichen wegen ibrer Bedeutung
für die Industrie am bekanntesten sind. (S. Gall-
äpfel.) Nicht bloß auf Blättern, sondern anch an
Knospen, Zweigen und Früchten treten die haupt-
sächlich von Arten aus den beiden Gattungen Cc-
ciäoinvll und (^nip" herrührenden G. auf. Die
Tiere legen ihre Eier in die betreffenden Pflanzen-
teile und die Maden entwickeln sich in den allmäh-
lich größer werdenden G. Von den Käfern und
Schmetterlingen sind nur wenige gallenbildende
Arten bekannt. - Vgl. Frank, Pflanzenkrankheiten
(im "Handbuch der Botanik", hg. von Schenk, Bd. 1,
Bresl. 1881); Eckstein, Pflanzengallen und Gallen-
tiere (Lpz. 1891).
Gallen, in der Tierheilkunde rundliche oder
längliche, weiche, schwappende Anschwellungen an
den Beinen von Pferden und Rindern. Man unter-
scheidet je nach dem Sitze Gelenkgallen und
Sehnenscheidengallen (Fluftgallen). Sie
entstehen durch krankhafte Flüssigkeitsansammlung
in den Gelenken bez. Sehnenscheiden. Besonders gern
treten G. bei Pferden weniger edler Abstammung,
dei schlaffen Tieren, auf. Bei edlern Tieren sind sie
die Folge von Überanstrenguug. Die G. stellen mei-
stens nur Schönheitsfehler vor, weil sie die Ge-
brauchstüchtigkeit der damit behafteten Pferde nicht
beeinträchtigen. Sebr häufig findet mau G. am
Fessel (Fessel- oder Kotengallen) sowie am
Sprunggelenke (Eprunggelenksgallen). Bei
frisch entstandenen G. erweift sich die Anwendung
kühlender und zusammenziehender Mittel sowie von
Druckverbänden (z. B. elastische Binden) von Wert.
Altere (chronische) G. trotzen in der Regel der Be-
handlung; am ebesten vermag tägliches Massieren
oder Frottieren mit flüchtig erregenden Mitteln und
Anlegung wollener Binden dieselben allmählich zum
Verschwinden zu bringen.
Gallen MNi), Priester der Kybele (s. d.).
Gallenblase, s. Galle (S. 486a) und Leder.
Gallenbrechen, s. Erbrechen.
Gallenegg, Badeort in der österr. Bezirks-
hauptmannschaft und dem Gerichtsbezirk Litlai
in Kram, 13 I(in im NO. von Littai, zur Orts-
gemeinde Kolovrat (451 E.) gehörig, ist bekannt
durch die Höhle mit heißer Luft beim Schloß G.,
weshalb es auch das "Kramische Monsummano"
genannt wird. - Vgl. Radics, Das Warmbad G.
(Valvasor-Heim) in Kram (Wien 1885).
Gallenfarbstoffe, zu den speeifischen Gallen-
bestandteilen gehörende Stoffe, die sich jedock nur
in geringer Menge in der Galle vorfinden. Man
kennt genauer zwei verschiedene G.: einen rotbrau-
nen, das Bilirubin (s.d.), und einen grünen, das
Biliverdin (s. d.). Je nach dem Überwiegen des
einen oder des andern ist die Farbe der Galle gelb,
braun oder grün. Die beiden Farbstoffe sind Säu-
ren und liefern (Halzc; sie entstehen im Tierkörper
wahrscheinlich aus dem Farbstoffe des Blutes, dem
Hämatin. Außer den genannten werden noch die fol-
genden G. augegeben: Bilifuscin, ^., f^a ^4l^,
Biliprasin, ('32 H44 ^ ^2 "nd Bilihumi n.
Die Zusammensetzung der G. wird oft auch mit
den halben Formeln angegeben, z.B. Vilifuscin
(^a II20 ^2 l^. Charakteristischer ist das Verbalten
des Gallenfarbstoffs gegen Salpetersäure oder alko-
holische Vromlösung. Es entstebt eine grüne Fär-
bung, die dann in blau, violett, rot und endlich
gelb übergeht.
Gallenfett, s. Eholesterin.
Gallenfieber (l^W-i" dilic^a) nannten die ältern
Ärzte eine fieberhafte Krankheit, verbunden mit gelb-
lich oder bräunlich belegter Zunge, bitterlichem Ge-
schmacke, Mangel an Esilust, Übelkeiten, Neigung
zum Erbrechen, unregelmäßigem Stuhlgange, gelb-
licher Hautfarbe (besonders des Gesichts) oder aus-
gebildeter Gelbsucht. Das G. sollte von Kongestion
nach der Leber und von zu reichlicher Gallenabson-
derung herrühren. Allein die neuere Medizin kennt
eine solche Krankheit nicht und findet die HU^ezähl-
ten, das sogenannte G. darstellenden Symptome
öfters bei sehr verschiedenen Krankheitszuständen
wieder, wie beim fieberhaften Magenkatarrh, Tn-
phus, bei Gallensteinen, manchen Leberkrankbeiten,
Pfortaderleiden u. dgl.
Gallenfistel, eine nach Verwundungen oder ent-
zündlichen Verschwärungen der Gallenblase ent-
standene widernatürliche Öffnung der Gallenblase
oder des Gallengangs nach der äußern Haut bin.
Die Galle fließt dabei ganz oder teilweise nach außen
ab, sodaft beträcktlicke Abmagerung, ja selbst der
Tod durch Entkräftung erfolgt.
Gallenga, Antonio, ital. Schriftsteller, geb.
4. Nov. 1810 in Parma, studierte Medizin zu Padua,
widmete sich aber bald der Litteratur. Noch al5
Student wurde er wegen polit. Umtriebe gefangen
gesetzt und erlangte erst dnrch die Revolution von
1831 die Freiheit. Nach der Niederwerfung der
Revolution wurde er verbannt und wanderte in
Frankreich, Nordafrika, den Vereinigten Staaten
und andern Ländern umber. Er batte von Mazzinis
Partei den Auftrag, Kar! Albert von Sardinien zu
ermorden; angesichts de5 Monarcken wagte er aber
nicht, das Verbrechen auszuführen, weshalb er von