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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Gallensteinkolik; Gallensteinkrankheit; Gallenstoffe; Gallensucht; Galleria; Gallerie; Gallertalge; Gallerte; Gallertflechten

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Gallensteinkolik – Gallertflechten

Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Gallensteine'

der eingeklemmte Stein in den Darm übergetreten, so verschwinden sie plötzlich ganz, und der Kranke fühlt sich wieder vollständig wohl. Solche Kolikanfälle können täglich und selbst mehrmals täglich auftreten; es können aber auch Wochen und Monate und noch längere Zeiträume zwischen den einzelnen Anfällen liegen. Untersucht man nach einem solchen Kolikanfall die Stuhlentleerungen des Kranken, so findet man häufig eine größere oder geringere Anzahl von G. in denselben. Bleibt ein Gallenstein längere Zeit hindurch im Gallenblasengang stecken, so hindert er den Abfluß der Galle in den Darm, dieselbe staut sich dann in der ganzen Leber an, tritt in das Blut über und aus diesem in die Gewebe des Körpers; die Haut wird dadurch gelblich bis citronengelb gefärbt, welche Färbung zuerst und am leichtesten an der gelblichen Färbung des Weißen im Augapfel erkannt wird. (S. Gelbsucht.) Bei dauerndem Steckenbleiben des Steins im Gallenblasengang kann außer hochgradiger Gelbsucht auch Anschwellung der Leber und Ausdehnung der Gallenblase oder Entzündung und selbst Durchbohrung der letztern mit nachfolgender tödlicher Bauchfellentzündung eintreten; doch sind das im ganzen genommen nur seltene Vorkommnisse.

Hinsichtlich der Behandlung der Gallensteinkolik verdient während des Anfalls selbst die dreiste Anwendung des Opiums und seiner Präparate die meiste Empfehlung, da durch dasselbe nicht nur die furchtbaren Schmerzen am ehesten gelindert, sondern auch durch die eintretende Erschlaffung des Gallenblasengangs der Durchtritt des Steins nach dem Darm wesentlich befördert wird. Ist starkes Erbrechen vorhanden, so zieht man Einspritzungen von Morphium unter die Haut vor; daneben leisten warme Umschläge auf die Lebergegend oder ein längeres warmes Vollbad gute Dienste. Gegen übermäßiges Erbrechen sind Eispillen, Selterswasser und Champagner, gegen Ohnmachtsanwandlungen Wein, Äther oder schwarzer Kaffee die besten Mittel. Ist der Anfall vorüber, so suche man zunächst durch eine vermehrte Darmbewegung die abgegangenen Steine aus dem Darm zu entfernen und reiche zu diesem Zweck einige Löffel Ricinusöl oder reichliche erweichende Klystiere. Die weitere Aufgabe des Arztes besteht darin, die Wiederkehr der Kolikanfälle möglichst zu verhüten, was erfahrungsgemäß am besten durch den länger fortgesetzten Gebrauch gewisser alkalischer Mineralwässer, namentlich der von Karlsbad, Vichy, Marienbad, Kissingen und Ems geschieht. Wahrscheinlich beruht die Wirksamkeit dieser Wässer darauf, daß durch sie die Gallenabsonderung beträchtlich vermehrt und beschleunigt wird und so die G. gewissermaßen leichter hinweggeschwemmt werden. Eines großen Rufs bei der Behandlung der Gallenkolik erfreut sich auch das Durandesche Mittel, das aus 15 g Schwefeläther und 10 g Terpentinöl besteht, und von dem man täglich frühmorgens 2 g und allmählich mehr nehmen läßt, bis etwa 300 g der Mischung verbraucht sind. Daneben müssen die Kranken für eine möglichst leicht verdauliche Diät, regelmäßige Bewegung und für tägliche Regelung des Stuhlgangs sorgen; übermäßiger Alkoholgenuß und Excesse jeder Art müssen von ihnen strengstens gemieden werden. Für sehr hartnäckige Fälle von Gallensteinkolik hat man die operative Eröffnung (Cholecystotomie) oder die vollständige Entfernung der Gallenblase (Cholecystektomie) empfohlen und wiederholt mit gutem Erfolg ausgeführt. ↔

Gallensteinkolik, Gallensteinkrankheit, s. Gallensteine.

Gallenstoffe, die Gesamtheit der in der Galle vorkommenden Verbindungen. Dieselben sind teils Pigmente (s. Gallenfarbstoffe), teils Salze organischer Säuren (s. Gallensäuren), ferner Cholesterin (s. d.), Schleim und geringe Mengen von Fett.

Gallensucht, veralteter Name für mancherlei Krankheiten mit Symptomen seitens des Gallenapparats, wie Gelbsucht, galligem Erbrechen, Gallenkolik u. dgl.

Gallerĭa L., s. Bienenmotte.

Gallerie, s. Galerie.

Gallertalge, s. Nostoc.

Gallerte (frz. gelée) nennt man Substanzen, die sich als festweiche, zitternde, durchsichtige oder durchscheinende Massen aus Abkochungen von gewissen tierischen oder pflanzlichen Stoffen beim Erkalten abscheiden und dabei die Gesamtmenge der vorhandenen Flüssigkeit in sich aufgesogen enthalten. Am bekanntesten ist die durch Auskochen von Bindegeweben, Sehnen, Knorpel, Haut, Knochen mit Wasser gewonnene Substanz, die durch völliges Trocknen hornartig hart wird und in reinster Gestalt die Gelatine der Küchen, in unreinerm Zustande den gewöhnlichen Leim (s. d.) darstellt. Die Gelatine wird nach der von d’Arcet angegebenen Methode aus sorgfältig gereinigten Knochen bereitet, indem man aus diesen mittels verdünnter Salzsäure die anorganischen Bestandteile (den phosphorsauren und kohlensauren Kalk) auszieht, den zurückbleibenden knorpelartigen Körper rein abwäscht, durch Kochen mit Wasser auflöst, die Auflösung bei gelinder Hitze eindunstet und schließlich zu dünnen Platten ausgießt, die getrocknet werden. Diese aufgelösten Gelatineplatten benutzt man neuerdings sehr viel in der Küche zur Herstellung von allerlei säuerlichen Gallertgerichten, Fleischgelee (Aspik) oder süßen Geleespeisen; indessen sind die aus der Brühe von Kalbs- und Schweinsfüßen oder Schweineschwarte hergestellten Fleischgallerten bei weitem schmackhafter als die mit Gelatine bereiteten. Zur Anfertigung süßer Geleegerichte wählt man in mehrern Küchen lieber Hausenblase anstatt der Gelatine, auch wendet man gegenwärtig als Ersatz derselben für allerlei Gallertspeisen vielfach die Agar-Agar (s. d.) an.

In der Pharmacie bezeichnet man als G. oder Gelatina die durch Abkochen stark schleimiger Tier- oder Pflanzenstoffe erhaltenen Arzneimittel. In der abgekochten G. wird in der Regel Zucker u. s. w. gelöst. Pflanzengallerten werden vorzugsweise aus Isländischem Moos und Carrageen bereitet, tierische G. aus geraspeltem Hirschhorn oder auch durch Auflösen von Gelatine in Wasser. Früher waren G. eine sehr gebräuchliche Arzneiform.

Gallertflechten, Abteilung aus der Gruppe der Flechten (s. d.), deren Arten sämtlich einen homöomeren Thallus besitzen. Die Form desselben ist teils laub-, teils strauchartig, in einigen Fällen auch krustenartig. In trocknem Zustande ist der Thallus schwärzlich und ziemlich hart, mit Wasser benetzt wird er dagegen stets gallertig und nimmt gewöhnlich eine olivengrüne Farbe an. Die Gonidien der G. gehören den Algenfamilien der Nostochaceen, Rivulariaceen, Scytonemaceen und Sirosiphonaceen an. Bei den meisten G., so bei Collema (z. B. bei Collema pulposum Bernh., s. Tafel: Flechten I, Fig. 1), Ephebe (s. d.) sind

Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 491.