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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Gave; Gavial; Gavotte; Gavrion; Gawan; Gaweda; Gawein; Gaxen; Gaxo; Gay; Gay (Sophie)

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Gave – Gay

Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Gavazzi'

gesiedelt war, begründete er 1875 die theol. Schule der freien Kirche, an der er selbst als Professor wirkte; er starb 9. Jan. 1889 in Rom. Von seinen Schriften sind neben den «Memoiren» (1851) und einer Auswahl seiner «Reden» (1859) beachtenswert: «No union with Rome» (Lond. 1871) und «The priest in absolution» (ebd. 1877).

Gave (frz., spr. gahw, d. h. Gießbach), Name verschiedener zum Flußgebiet des Adour gehörender Wasserläufe der franz. Pyrenäen, z. B. der G. d'Aspe, G. d'Oloron, G. de Pau u. a.

Gavial, eine Gattung von Krokodilen, die sich durch die außerordentlich verlängerte und mit über 100 scharf zugespitzten und nahezu gleich großen Zähnen bewaffnete Schnauze auszeichnen. Es giebt zwei Arten, die beide nicht über 6 m lang werden. Am bekanntesten ist der Gangesgavial (Gavialis gangeticus Gmel., s. Tafel: Krokodile, Fig. 2), der im Ganges und dessen Nebenflüssen sehr häufig ist. Doch kennt man seine Lebensweise bis jetzt nur sehr wenig. Er gilt den Hindus ebenso für heilig wie das Krokodil den Ägyptern und wird in einigen dem Wischnu heiligen Teichen gehegt und gefüttert; er ist ein gefräßiger Räuber, der nicht nur Fische, sondern auch Säugetiere und den Menschen ergreift. Eben erst der Eischale entschlüpfte Junge beißen lebhaft um sich, wenn man sich ihnen nähert. In den Landseen des südl. Borneo hat man eine kleinere, etwas verschiedene Art (Gavialis Schlegelii S. Müll.) entdeckt. Viele fossile Krokodile der Jura- und Kreidezeit (Teleosaurus, Steneosaurus) besitzen Gavialschnauzen.

Gavotte, ein früher allgemein gebräuchliches und in neuerer Zeit wieder in Übung gekommenes Tanztonstück von munterm und lebhaftem Wesen, in gerader Taktart (Vierviertel- oder Zweizweiteltakt) stehend und mit zwei Vierteln Auftakt beginnend. Die G. hat zwei, aus je acht Takten bestehende Reprisen mit einem fühlbaren Einschnitt im zweiten Takt. Es sollen bei der Aufzeichnung keine geschwindern oder kürzern Noten vorkommen als Achtelnoten, weil die G. im Allabreve- oder doppeltgroßen Takt geschrieben wird. Die G. war mehr zu theatralischen als zu gesellschaftlichen Tänzen gebräuchlich, kam aber auch, wie die Menuett, in Sonaten, Suiten u.s.w. vor, wo sie dann in der Form freier behandelt wurde. Der Name G. soll von den Gavots, den Bergbewohnern des Ländchens Gap im franz. Depart. Hautes-Alpes, herkommen.

Gavrion oder Gavri, .Hafenort auf der Insel Andros (s. d.).

Gawan, Gawain (frz. Gauvin), Gawein, auch Walwein, ein Lieblingsheld der franz., deutschen und engl. Artusromane, der Neffe des Königs Artus, der Sohn König Lots, die Zierde der Tafelrunde. In Wolframs von Eschenbach «Parzival» ist G. das oberflächlich glänzende Weltkind gegenüber dem Haupthelden. Aber das ist eine tiefere Auffassung, die Wolframs Vorbilde, Chrétien von Troyes, fehlt. Der eigentliche Held ist G. in dem deutschen Gedicht des Heinrich von dem Türlin (s. d.). Unter den Helden der kelt. Sage entspricht ihm Gwalchmai.

Gawęda (poln., spr. -wängda, eigentlich «Plauderei»), in der poln. Litteratur eine besondere Art Erzählungen aus dem Leben und Wesen des poln. Adels (Szlachta), die zuerst von Wójcicki («Stare gawędy i obrazy», d. h. «Alte Gawenda und Bilder», Warsch. 1840) eingeführt und dann besonders ↔ von Czajkowski, W. Pol, W. Syrokomla (L. Kondratowicz) gepflegt wurde.

Gawein, Held der Artussage, s. Gawan.

Gaxen, ein Sprachfehler, s. Angophrasie.

Gaxo, Holzart, s. Agallocheholz.

Gay (spr. geh), John, engl. Dichter, geb. 1685 zu Barnstaple in Devonshire, wo er 16. Sept. getauft wurde. G. machte den ersten dichterischen Versuch in «Rural sports» (Lond. 1713), einer anziehenden Schilderung ländlicher Freuden, die ihm Popes Freundschaft erwarb. G. trat 1712 als Sekretär in die Dienste der Herzogin von Monmouth und begleitete 1714 den Grafen Clarendon als Gesandtschaftssekretär nach Hannover, kehrte jedoch beim Tode der Königin Anna nach London zurück. Ein weiteres litterar. Erzeugnis war die Burleske «Trivia, or the art of walking the streets of London» (Lond. 1716). Seine Parodie der Idyllen von Ambrose Philips in «The shepherd’s week» (Lond. 1714) ist ebenso reich an Witz als an naturtreuen Schilderungen, die er jedoch absichtlich bis zur Plattheit trieb. Die dramat. Versuche «The wife of Bath» (1713), «What d’ye call it» (1714) und «Three hours after marriage» (1717) fanden nur geringen Beifall; desto glücklicher war er mit der 1720 veranstalteten Sammlung seiner Gedichte. Das Trauerspiel «The captives» (1724) wurde zwar günstig aufgenommen, hat aber geringern Wert als seine Fabeln (1726: beste Ausg. von Owen, Lond. 1854; neueste Ausg. von Dobson, 1882), die er zum Unterricht des Herzogs von Cumberland schrieb. Noch mehr stieg sein litterar. Ruhm durch «Beggar’s opera» (1728), die, 63mal nacheinander aufgeführt, heute noch über die Bühne geht. Eine Fortsetzung, «Polly», durfte wegen polit. Anspielungen nicht aufgeführt werden; der Druck trug ihm 1200 Pfd. St. ein. Er starb 4. Dez. 1732 zu London und wurde in der Westminster-Abtei begraben. Seine Dichtungen erschienen als «Poetical works» (3 Bde., Lond. 1797; 2 Bde., 1806).

Gay (spr. gä), Sophie, geborene Nichault de Lavalette, franz. Schriftstellerin, geb. 1. Juli 1776 zu Paris, erhielt eine vortreffliche Erziehung und ging, nachdem sie sich von ihrem ersten Gatten getrennt, 1798 eine zweite Ehe mit G. ein, dem Obersteuereinnehmer des Depart. Roër; sie lebte daher die folgenden 10 Jahre bald in Aachen, bald in Paris, später dauernd in letzterer Stadt, wo ihr Salon einige Bedeutung für den geistigen und geselligen Verkehr erlangte. Als Schriftstellerin wurde sie zuerst 1802 bekannt durch ihre Verteidigung der Frau von Staël im «Journal de Paris». Ihre besten Werke, Schöpfungen einer feinen, zartfühlenden Natur sind die meist anonym erschienenen drei Romane: «Laure d‘Estelle» (3 Bde., Par. 1802), «Léonie de Montbreuse» (2 Bde., ebd. 1813; 2. Aufl. 1823; deutsch, Berl. 1837) und «Anatole» (2 Bde., Par.1815; 2. Aufl. 1822). Später veröffentlichte sie verschiedene Theaterstücke, die nicht ohne Erfolg aufgeführt wurden (wie z. B. «Le marquis de Pomenars», 1820), eine lange Reihe von Romanen, wie «Le malheurs d’un amant heureux» (3 Bde., 1818–23), worin sie das heitere Pariser Leben unter der Direktorialregierung glänzend schildert, «Le moqueur amoureux» (Par. 1830; deutsch von Schoppe, Lpz. 1837), «Un mariage sous l‘Empire» (Par. 1832), «La physiologie du ridicule» (2 Bde., ebd. 1833; 2. Aufl. 1864); «Souvenirs d’une vieille femme» (ebd. 1834; neue Ausg. 1864). Sophie G. folgte dem Gatten ihrer Tochter Delphine (s. Girardin),

Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 604.