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Gay-Lussac-Säure - Gaze
Viele Berichte sind in den "Comptes rendus" der Akademie niedergelegt. Unter seinen einzeln erschienenen Schriften sind zu erwähnen die mit A. von Humboldt gemeinschaftlich gearbeiteten "Mémoires sur l'analyse de l'air atmosphérique" (Par. 1804), "Recherches physico-chimiques faites sur la pile" (2 Bde., ebd. 1811), "Instruction pour l'usage de l'alcoolomètre céntesimal" (ebd. 1824), "Instruction sur l'essai du chlorure de chaux" (ebd. 1824), "Instruction sur l'essai des matières d'argent par la voie humide" (ebd. 1833), "Cours de la physique" (hg. von Grosselin, ebd. 1827), "Leçons de chimie" (gesammelt von Marmet, 2 Bde., ebd. 1828).
Gay-Lussac-Säure, Zwischenprodukt der Schwefelsäurefabrikation, eine Lösung von Nitrosylschwefelsäure, Nitrose oder Nitrosulfosäure, HOSO2ONO, in Schwefelsäure; sie wird gewonnen, indem man die aus der letzten Bleikammer entweichenden Gase durch einen Cylinder (Gay-Lussac-Turm) leitet, in dem sie einem über eine große Fläche verteilten Strome von Schwefelsäure von 62° B. entgegengeführt werden. Die Schwefelsäure nimmt dabei die in den Gasen enthaltenen Sauerstoffverbindungen des Stickstoffs auf, unter Bildung von Nitrosylschwefelsäure, und gestattet dadurch diese Verbindungen wieder in den Betrieb zurückzuführen, wodurch bedeutend an Salpeter erspart wird. Zur Zersetzung oder Denitrifizierung der G. sind vielfache Apparate erdacht, von denen aber keiner so gut funktioniert wie der Gloverturm (s. d.).
Gay-Lussacsches Gesetz, der 1802 von Gay-Lussac aufgestellte Satz, daß sowohl die Ausdehnung (bei gleichbleibendem äußern Druck) als auch die Steigerung der Expansivkraft (bei konstantem Volumen) der Gase proportional der Erhöhung der Temperatur erfolgt. Man faßt das G. G. mit dem Boyleschen Gesetz (s. d.) in eine Formel zusammen: pv = p<sub>o</sub>v<sub>o</sub>(1+αt, in der p<sub>o</sub>, v<sub>o</sub> Druck und Volumen bei 0°, p, v Druck und Volumen derselben Gasmaße bei t° und α den Ausdehnungskoefficienten (1/273) bedeutet. (S. Ausdehnung.)
Gay-Lussac-Turm, s.' Gay-Lussac-Säure.
Gaysalpeter, s. Gayerde.
Gaz, Ellenmaß, s. Göß.
Gaza oder Gasa, im Altertum die südlichste und mächtigste der fünf Hauptstädte der Philister. In dem Tempel des Philistergottes Dagon in G. fand Simson, der die Stadtthore von G. ausgehoben haben soll, seinen Tod. Während Israel G. nicht unterworfen hat, wurde es durch Teglatphalasar II. 734 erobert und war seitdem den Assyrern tributpflichtig. Nach 608 nahm Necho II. von Ägypten G. ein. (Herodot II, 159; III, 5 nennt G. Kadytis.) Infolge der Schlacht von Karkemisch fiel G. an das Babylonische Reich, dann an die Perser und nach langer Belagerung durch Alexander d. Gr. 332 an die Griechen. Die Ptolemäer und Seleuciden stritten wiederholt um den Besitz der Stadt, bis sie Antiochus III. 198 v. Chr. dauernd für die Seleuciden eroberte und damit ihre endgültige Hellenisierung herbeiführte. Der Makkabäer Alexander Jannäus eroberte sie 96 v. Chr., aber Pompejus machte sie 62 v. Chr. zur Freistadt. Seit dem Neubau des Gabinius (57-55 v. Chr.) unterschied man Alt- und (etwas südlicher) Neu-Gaza, von denen jenes noch im 5. Jahrh. n. Chr. an Trümmern kenntlich war (Apostelgesch. 8, 26). Nach dem Tode Herodes' d. Gr., der es von Augustus geschenkt erhalten hatte, kam es zur Provinz Syrien. Unter röm. Herrschaft kam G. zur größten Blüte; Handel mit Arabien und Weinbau in der Umgebung machten G. reich; fremde und einheimische (Marnas-) Kulte wurden gepflegt; heidn. Kunst, Wissenschaft und Festspiele hielten dem Christentum gegenüber lange Stand, obwohl dessen Sieg durch die Erstürmung des Marnastempels 400 n. Chr. entschieden war. Die Eroberung durch die Moslems 635 verlieh der Stadt arab. Gepräge. Während der Kreuzzüge wurde sie 1100 von den Christen erobert, 1170 von Saladin zurückgewonnen. Unter ihren Mauern wurden 1239 das Heer des sechsten Kreuzzuges und 1244 die Ritterorden und die syr. Moslems von den Charismiern und den Ägyptern geschlagen. Die Türken besiegten 1516 die ägypt. Mamluken bei G. 1771 geriet G. in die Gewalt des rebellischen Ali Bei und wurde 1799 von dem franz. General Kleber erobert. - Gegenwärtig zerfällt G. (arab. Ghazze) in die westl. Oberstadt und die östl. Unterstadt; es ist auf einer Anhöhe zwischen Gärten gelegen und hat etwa 18 000 E., die Ackerbau, Weberei, Töpferei und Seifenfabrikation betreiben. Die heute sichtbaren Spuren des Altertums reichen nicht über die Kreuzfahrerzeit hinauf.
Gaza, Theodoros, griech. Gelehrter, geb. 1398 in Thessalonich, kam als Flüchtling, bald nachdem seine Vaterstadt 1430 in die Gewalt der Türken gefallen, (nach Voigt erst um 1444) nach Italien. Zu Mantua lernte er bei Victorinus von Feltre die lat. Sprache, wurde 1447 öffentlicher Lehrer der griech. Sprache zu Ferrara und um 1450 von Nikolaus V. als Lehrer der Philosophie nach Rom gerufen, wo er auf Wunsch des Papstes namentlich Übersetzungen griech. Schriften lieferte. Nach Nikolaus' Tode (1455) lebte er zu Neapel am Hofe des Königs Alfons und als dieser 1458 starb, begab er sich nach Rom, hierauf nach Calabrien, wo er durch Bessarion die Vikarie der Abtei zu San Giovanni a Piro erhalten hatte, und, nachdem er wiederholt nach Rom zurückgekehrt war, 1475 starb. Für Verbreitung des Studiums des Griechischen im Abendlande hat er durch Unterricht und lat. Übersetzungen von Werken griech. Schriftsteller, besonders des Aristoteles, Theophrast, Aelian u. a., sowie durch eine griech. Grammatik (Vened. 1495 u. ö.) gewirkt.
Gazara, alte Stadt in Palästina, s. Geser.
Gaze (frz., spr. gahse), ursprünglich nach der Stadt Gaza in Syrien benannt, wo diese Art Gewebe zuerst verfertigt wurde, ein lose gewebter, durchscheinender, netzartiger Stoff aus Seide, Baumwolle und Leinen. (S. Fadengebilde, Bd. 6, S. 516 b.) Das Gewebe der G. wird entweder in der ganzen Ausdehnung des Stücks ausgeführt (glatte G.) oder es dient nur als Grund für verschiedenartige, z. B. broschierte Muster (geblümte oder gemodelte G.), und wird auch häufig teilweise durch anders gewebte (z. B. taffet- oder atlasartige) Streifen ersetzt. Die als Kleiderstoff verwendete Seidengaze (Dünntuch) wird ganz aus ungekochter Seide hergestellt; die Fäden liegen in Kette und Einschlag sehr weit auseinander, wodurch der Stoff fein gegittert erscheint; mit Einschlagfäden aus gekochter Seide heißt die Ware Gazemusselin. Seidene Stickgaze ist Seidenstramin (Kanevas), wonach der baumwollene Stramin oder Kanevas Baumwollgaze genannt wird.