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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Genast - Gendarmen
Genast, Eduard, Schauspieler und Säuger, geb.
15. Juli 1797 in Weimar als Sohn des Schau-
spielers Anton G. (ursprünglich Kynast, geb. 1705
zu Trachenberg in Schlesien, gest. 4. Mär; 1831),
der als ausübender Künstler und namentlich als
Gehilfe Goethes in der Regie des Weimarer Hof-
theatcrs (1793-1817), an dem er seit 1791 wirkte,
sich bekannt machte. Eduard G.s Talent wurde
von Goethe und Ludw. Tieck mit Vorliebe gepflegt,
seine musikalische Ausbildung von Ebcrwein und
Hafer geleitet und von Karl Maria von Weber
vollendet. Er betrat 1811 die Bühne als Säuger,
ward 1817 in Dresden, dann in Hannover engagiert
und ging 1818 an das Leipziger Theater, wo er
den Grund zu seinem Rnfe als bänger und Schau-
spieler legte. 1828 leitete G. die Bühne in Magde-
burg, 1829 erhielt er mit seiner Gattin ein lebens-
längliches Engagement am Hoftheater zu Weimar.
Er zog sich 1852 von der Oper zurück, um sich einzig
dem Schauspiel zu widmen. Statt der von ibm
1860 nachgesuchten Pensionierung erhielt er die
Ebrcnmitglicdschaft der Weimarer Bühne, trat aber
seitdem nur selten anf, znletzt 1861 zu feinem
50jährigen Künstlerjubiläum. Er starb 3. Aug. 1866
in Wiesbaden. G. war als Sänger und Schau-
spieler gleich ausgezeichnet. Als Schauspieler blieb
er den Lehren Goethes und den Vorbildern der
llassischen Vühnenzeit treu. Als Komponist hat
sich G. dnrch Lieder, Balladen und zwei Opern
("Der Verräter in den Alpen" und "Die Sonnen-
männer") bekannt gemacht. Interessant ist auch sein
autobiogr. Werk "Aus dem Tagebuck eines alten
Schauspielers" (1 Bde., Lpz. 1862-66).
G.s Gattin, Karolinc Christine G., geb.
31. Jan. 1800 in CMel, Tochter Wilhelm Vöblcrs,
eines vorzüglichen Schauspielers, war erst Klavier-
spielerin und debütierte als Opernsängerin 1814 in
Fraukfnrt a. M. als Lilla, ging nnter Leitung von
Sophie Schröder in Prag zum Schauspiel über und
wurde 1817 von Küstner als erste Liebhaberin für
die Leipziger Bühne engagiert. Seit 14. Mai 1820
mit G. vermählt, teilte sie seitdem die künstlerischen
Erfolge ihres Gatten. Sie starb 15. April 1860 zu
Weimar.
Genast, Wilhelm, Sohn des vorigen, Jurist
und Schriftsteller, geb. 30. Juli 1322 in Leipzig,
studierte 1811-45 in Jena und Heidelberg die
Rechte und beteiligte sich 1848 und 1849 lebhaft an
dcr polit. Bewegung. 1850 wnrdc er zum Staats-
anwalt für den Ncnstädter, 1852 für den Weimar.
Kreis ernannt. Als Mitglied des Weimar. Landtags
hat sich G. namentlich dnrch seine Bestrebungen für
Abschaffung dcr Todesstrafe anch über die Grenze
seines Heimatslandcs hinaus bekannt gemacht.
Der Jena-Neustädter Wahlkreis wählte ihn 1867
in den Norddeutschen und 1871 in den Deutschen
Reichstag, wo er der nationallibcralen Partei an-
gehörte. 1872 trat er als Rcgierungsrat in das
Weimar. Ministerinm, wirkte seit 1873 auch als
Präsident dcr Landessynode und starb 18. Jan. 1887
in Weimar. Von scinen litterar. Arbeiten sind her-
vorzuheben die Trauerspiele "Bernhard von Wei-
mar" (Wcim. 1855) und "Florian Gever" (ebd.
1857), das Festspiel "Der Deutschen Hort" (ebd.
1863), die Romane "Das hohe Haus" (4 Bde., Lpz.
1802), "DcrKöhlcrgraf" (4 Bde., ebd. 1867) und
verschiedene Novellen.
Genazzano (spr. dsche-), Flecken in der ital.
Prot.'illz lmd dcm Klc'is Nom, in fnlchtbarer Ge-
gend, zählt (1881) 4008 E. Auf einer Höhe die Wall-
fahrtskirche Sta. Maria del buon Consiglio.
Gendarmen (frz., spr. schana", eine militärisch
organisierte Truppe für den Polizeidienst. Die
Gendarmerie ist fast in allen europ. Ländern
militärifck organisiert und ergänzt sich ans gut ge-
dienten Mannschaften, meist aus Unteroffizieren.
InPrcußcn ist dic Land g end arm erie einem Ge-
neral als Chef unterstellt, der seinen Wohnsitz in
Berlin hat. Jeder Provinz ist eine Gendarmcrie-
brigade nnter einem Brigadier mit den erforder-
lichen Offizieren und Mannschaften zngeteilt; hier-
für ressortiert die Gendarmerie vom Kriegsministe-
rium. Der Dienst der G. ist polizeilich, ressortiert
demgemäß vom Ministerium des Innern und den
Polizeibehörden. Die Verteilung der G. im Lande
erfolgt durch beide Minister gemeinsam. Die ein-
zelnen, teils berittenen, tcils unberittenen G. sind
gut gediente Unteroffiziere, die vor ihrer festen An-
stellung eine scchsmonatige Probezeit durchzumachen
und eine Prüfung zu bestehen haben. Eine be-
stimmte Gruppe von G. ist einem Wachtmeister,
mcbrcre solcher Grnppen sind einem Offizier zur Be-
aufsichtigung unterstellt. Im Deutfchen Reiche gel-
ten für die G. nicht die Vorschriften des Reichs-
militä'rrechts, sondern nnr landesgesetzliche Bestim-
mungen. Den G. liegt die Aufrechterhaltung der
öffentlichen Ordnnng ob, nach Masigabe der allge-
meinen gesetzlichen Vorschriften und der besondern
dienstlichen Anweisungen, zu welchen ansschließlich
die Polizeibehörden zuständig sind; ferner die Sichc-
! rung der durch die Organe der Justiz oder Verwal-
tung vorzunehmenden Erekutionen, wo eine Siche-
rung erforderlich. Ihren Anordnungen hat jeder-
mann Folge zu leisten, event, haben die G. im
Rabmen der bierüber ergangenen besondern Vor-
schriften das Recht der Anwendung der Waffe. In
Preußen sind die G. nnmittelbar untergeordnet den
Landräten und den Ortspolizeibehörden in den
Städten, soweit in diesen nicht besondere Polizei-
organe, die sog. Schntzmannschaften, vorhanden
sind; eine militä'r. Leitung des Dienstes der G. er-
folgt nur, wenn ein Offizier das Kommando für
eine bestimmte Dienstleistung übernommen hat. Für
Disciplin und Strafrechtspflege stehen die G. in
Preußen unter den Militärgesetzen. Die Bewaff-
nung der G. besteht in ^a'bcl, Gewehr und Revol-
ver. Die Gesamtstärke der Gendarmerie in Preußen,
einschließlich dcr Neichslande, beträgt 69 Offiziere
nnd 3908 G., darnntcr 1860 berittenc. - Ähnliche
Vorschriften gelten in den übrigen deutschen Staa-
ten, besonders in Bayern (1812), Sachsen (1810),
Hessen, Elsaß-Lothringen. Ähnliche Organisationen
sindcn sich fast in allen Staaten, wenn auch unter
vcrschicdcncn Namen, z. B. in Italien als (^ra-
dinieri relili lkönigl. Karabinicrs), in Spanien
als (^uai'din. civil (Bürgerliche Wache). Über die
Gendarmerie in Frankreich s. Französisches Heer-
wesen (S. 199 d).
1Iomme8 <I'ainil'8 oder (^6^8 (1'aim68 hießen im
frühen Mittclalter die in der Leibgarde der franz.
Könige dicncndcn Edelleute. König Karl VII. errich-
tete 1445 als crstc stchcnde Truppe 15 adlige Ordon-
nanzcompagnicn, dcrcn jcdc zunächst aus 100 schwer-
gcpanzcrtcn Edcllcuten, ^en8 ä'ai-in68, bestand. Zn
jedcm gehörten als Gcfolgc 1 Page (valet), 1 Knappe
(coMiiiiei-) und 3 Armbrustschützen (g.i'eQ6i-8). Da
jeder der eigentlichen ^"5 <1'ln'in<?8 die Lanze als