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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Gensfleisch; Gensichen; Gensonné; Gent

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Gensfleisch – Gent

an, indem hier von ihnen die ländlichen Bewohner zu Knechten gemacht wurden. Er schuf eine bedeutende Flotte, hatte die Vorherrschaft auf dem Mittelmeer, eroberte Sardinien, Corsica und einen Teil Siciliens, plünderte 455 Rom 14 Tage lang und zerstörte 461 die Flotte, welche Kaiser Majorian an der span. Küste zum Angriff gegen ihn gesammelt hatte. Einer Überlieferung nach soll G. auch Attila zum Angriff auf Gallien veranlaßt haben, um so einen Angriff des Westgotenkönigs, den er beleidigt hatte, zu hindern. G. starb hochbetagt 477. Gewaltig im Kriege und klug im Rat, gehörte er zu den bedeutendsten Königen der Germanen. In eigentümlicher Weise hat er die Aufgabe gelöst, mit Germanen auf röm. Boden ein Reich zu gründen. – Vgl. Papencordt, Geschichte der vandalischen Herrschaft in Afrika (Berl. 1837); Dahn, Die Könige der Germanen (6 Abteil., Münch. und Würzb. 1861‒71).

Gensfleisch, Familienname Gutenbergs (s. d.).

Gensichen, Otto Franz, Schriftsteller, geb. 4. Febr. 1847 in Driesen in der Neumark, studierte in Berlin anfangs Mathematik und Naturwissenschaften, dann Philologie; 1868 veröffentlichte er seine beiden ersten Trauerspiele «Cajus Gracchus» und «Judas Ischarioth». 1874‒78 war er am Berliner Wallner-Theater als Dramaturg und artistischer Sekretär beschäftigt. Die ersten Bühnenerfolge errang G. 1871 durch seine einaktige Plauderei «Minnewerben» und 1872 durch das einaktige Genrebild «Blitzableiter»; dann folgten die Einakter: «Was ist eine Plauderei?» (1874), «Euphrosyne» (1877), Goethes Verhältnis zu Christiane Neumann darstellend, «Lydia» (1884) und die vieraktigen Lustspiele: «Die Märchentante» (1881) und «Frau Aspasia» (1883). Auch in den übrigen Dichtungsgattungen hat sich G. mit Glück versucht. So gab er «Gedichte» (Berl. 1869; 2. Aufl. 1871), «Sechs Kriegslieder» (1870) und 12 Zeitgedichte «Vom Deutschen Kaiser» (1870; 4. Aufl. 1871) heraus; 1876 erschienen in 3. Auflage «Spielmannsweisen, Lieder und Gedichte», 1882 in 16. Auflage das Epos «Felicia, ein Minnesang»; von lyrischen Sammlungen weiterhin: «Frauenlob» (1885), «Immortellen» (1888), «Jungbrunnen» (1889); von Novellen in Versen: «Isolde» (1885), «Der Mönch vom St. Bernhard» (1887), «Tamina» (1888); das humoristische Gedicht «Triglaw-Bismarck, eine Sage im vierten Jahrtausend» (anonym, 1887); der Märchenstrauß «Aus sonnigen Fluren» (1874), die Novellen «Vier Erzählungen» (1886), der Roman «Der Madonna!» (1889), endlich die Essays: «Berliner Hofschauspieler, Silhouetten» (1872) und «Studienblätter, kultur- und litterarhistor. Skizzen» (1881).

Gensonné (spr. schangß-), Armand, franz. Politiker, geb. 10. Aug. 1758 zu Bordeaux, lebte dort bis 1789 als Advokat und wurde bei Errichtung des Kassationshofs 1791 Mitglied desselben. Vom Depart. Gironde in die Gesetzgebende Versammlung gewählt, schloß er sich an die Girondisten an und teilte ihre Schicksale. Am 31. Dez. 1791 brachte er als Mitglied des diplomat. Ausschusses das Gesetz durch, das die Brüder des Königs und mehrere angesehene Emigranten in Anklage versetzte, 9. Febr. 1792 das Konfiskationsdekret gegen die Emigrantengüter. Als Präsident der Nationalversammlung verfaßte er den Bericht über die Kriegserklärung an Österreich und betrieb die Verfolgung der österr. Partei am Hofe. Nach den Greueln vom 2. und 3. Sept. forderte er die Bestrafung der Schuldigen und klagte offen Robespierre, Danton und die Pariser Gemeinde als Urheber dieser Unthaten an. Im Prozeß des Königs stimmte er für dessen Tod, jedoch in der Absicht, ihn durch Aufschub der Urteilsvollziehung und Berufung ans Volk zu retten. Als im März 1793 die Wut der Bergpartei gegen die Girondisten losbrach, war G. Präsident. Er verteidigte sich und seine Genossen mit außerordentlicher Ruhe und Kühnheit. Der Abfall des Generals Dumouriez, mit dem auch G. in Verbindung stand, zog ihm neue Anklagen der Jakobiner zu. Während er die Auflösung des Konvents und die Zusammenberufung einer neuen Versammlung in eine Landstadt beantragte, brachen die Unruhen vom 31. Mai aus, die den Anstrengungen der Girondisten ein Ziel setzten. Ende Juli wurde G. ins Gefängnis gebracht und 3. Okt. dem Revolutionstribunal überliefert. Auf Grund seines Briefwechsels mit Dumouriez des Verrats am Vaterlande beschuldigt, mußte er 31. Okt. 1793 mit seinen Genossen das Schafott besteigen.

Gent, franz. Gand, Hauptstadt der belg. Provinz Ostflandern, liegt am Einfluß der Lys, der Lieve und der Moere in die Schelde und an den Linien Brüssel-Ostende der Staatsbahn, G.-Terneuzen, G.-Eecloo, G.-Antwerpen, G.-Kortrijk und G.-Oudenaarde der Belg. Privatbahnen. G. hat (Dez. 1891) 150223 E., mit den Vorstädten, die sich im W. und S. entwickelt haben (Ledeberg 12362 E., Mont-St. Amand 10836 E. und Gentbrugge 8262 E.), etwa 180000 E.

^[Abb. Wappen]

Anlage und Bauten. Die Stadt wird von einem unregelmäßigen Netz von zum Teil schiffbaren Kanälen und Wasserläufen durchzogen, sodaß gegen 40 Inseln entstehen, die durch 100 Brücken untereinander verbunden sind. Den Mittelpunkt der Stadt bildet die Kathedrale St. Bavo (Sint Baafs), die, 1228 begonnen, 1554 vollendet, dann durch die Bilderstürmer beschädigt, jetzt restauriert ist. Das Innere enthält eine Fülle von Kunstwerken, darunter das Mittelbild des großen Altarwerks der Brüder van Eyck (s. Tafel: Genter Altar, Bd. 6, S. 484) sowie eine prächtige Kanzel aus dem 18. Jahrh. (s. Tafel: Niederländische Kunst Ⅳ, Fig. 1). Andere hervorragende Kirchen sind: die roman. St. Jacobskirche (um 1500 gebaut), die frühgot. Nicolauskirche (10.-12. Jahrh.), die St. Michaelskirche, 1480 vollendet, mit vielen neuern Gemälden, und die St. Peterskirche, 1629‒1718 neu erbaut, auf einer Anhöhe im S. der Stadt gelegen. Auch zahlreiche weltliche Gebäude sind Beweise mittelalterlicher Baukunst. An der Schelde unweit der Place Laurent steht der Geerardduivelstein (Château de Gérard le Diable), seit dem 13. Jahrh. Burg einer Patricierfamilie, jetzt als Kaserne und Archiv benutzt. Unweit der Kathedrale erhebt sich der Bergfried (Beffroi), eine viereckige Warte, 1183‒1339 zu zwei Dritteln vollendet, zu 118 m Höhe, mit weitem Überblick über Stadt und Umgebung; daneben die got. Tuchhalle (1325); ferner das Stadthaus (Hôtel de Ville), 1518‒33 erbaut, jetzt restauriert, mit prächtiger spätgot. Nordfaçade, schönen Sälen und wertvoller Urkundensammlung. Zahlreich sind ältere Häuser an den Quais, darunter das got. Gildehaus der Schiffer (1531). Links vom Lys an dem altertümlichen St. Pharaildenplatz steht das ehemalige Kastell