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Gerlsdorfer Spitze - Germanen (Volksstämme)
Gerlsdorfer Spitze, höchster Gipfel (2663 m) der Hohen Tatra (s. d.) in den Karpaten.
Germ., hinter lat. Pflanzennamen Abkürzung für Ernst Germain de Saint-Pierre (spr. schermäng de ßäng piähr), franz. Arzt und Botaniker zu Paris (Mitte des 19. Jahrh.).
Germ., hinter wissenschaftlichen Tiernamen Abkürzung für Ernst Fr. Germar (s. d.).
Germanen oder Garmanen ist ein kelt. Name und bedeutet wahrscheinlich Grenznachbarn. Zwei kelt. Völker führten diesen Namen, einerseits ein kleines Völkchen im südl. Spanien, andererseits eine Gruppe belg. Völker an der mittlern Maas (Tungri, Eburones, Caerosi, Condrusi, Segni, Paemani). Von diesen vermutlich im 2. Jahrh. v. Chr. aus Westfalen und der heutigen rechtsrhein. Rheinprovinz eingewanderten kelt. Stämmen übertrugen die Kelten den Namen G. auch auf ihre weitern Grenznachbarn jenseit des Rheins, die nachmaligen Deutschen, welche die Sitze der belgischen G. eingenommen hatten, und weiterhin auf die Vorfahren der Deutschen überhaupt. Zwischen 90 und 73 v. Chr. wurde den Römern der Name in dieser Anwendung bekannt. Sie griffen ihn auf zur Bezeichnung des großen Volksstammes, den man noch heute G. nennt, nämlich der Vorfahren der Deutschen, Friesen, Engländer und Skandinavier. Der griech. Geographie waren die G. als besonderer Volksstamm noch unbekannt geblieben; man wußte sie von den Kelten nicht zu scheiden oder bezeichnete sie als Skythen. Erst Cäsar erkannte mit Sicherheit den sprachlichen und ethnogr. Gegensatz der Kelten und G., wenn auch noch spätere Geographen und Geschichtschreiber (wie einige Gelehrte der Neuzeit) beide Volksstämme nicht streng auseinander gehalten haben. In der That ist kein Zweifel, daß die G. ein besonderes Volk für sich bilden, mit seiner besondern Eigenart und Sprache. Die vergleichende Sprachwissenschaft des 19. Jahrh. hat den Beweis geführt, daß die Sprache der G. zwar der der Kelten verwandt ist, aber dieser nicht näher steht als der Sprache der Römer, Griechen, Perser, Inder, Slawen und Litauer. Alle diese Völker sind nach Ausweis ihrer Sprache Glieder der großen indogerman. Völkerfamilie (s. Indogermanen). Wann und wo sich die G. von dem indogerman. Urvolk losgelöst haben, läßt sich nicht mehr ermitteln. Als älteste Heimat der G. läßt sich nur das Flußgebiet der Oder und Weichsel bestimmen. Westlich der Elbe sowie in Süddeutschland, Böhmen und Mähren haben mindestens bis zur Mitte des ersten Jahrtausends v. Chr. kelt. Stämme gesessen und zwar in den Niederlanden, in der Rheinprovinz, in Westfalen und Hannover belg. Stämme, in Mitteldeutschland wolkische Stämme (Volcae). Allmählich sind diese weiter westwärts gewandert und die G. haben im Laufe der zweiten Hälfte des ersten Jahrtausends v. Chr. teils friedlich die von jenen verlassenen Sitze östlich des Rheins und nördlich der Donau eingenommen, teils haben ihre Waffen die Kelten zurückgedrängt. Um 325 v. Chr. fand der griech. Forschungsreisende Pytheas (s. d.) G. bereits an der Elbemündung vor. Während als Vorläufer der Goten die Basternen (Bastarner) und Skiren bereits zu Beginn des 2. Jahrh. v. Chr. von Galizien aus an das Schwarze Meer vordrangen und die Cimbern und Teutonen zu Ausgang des 2. Jahrh. v. Chr. von der Nordseeküste nach Frankreich und Oberitalien zogen, erfolgte der Hauptvorstoß der G. in südwestl. Richtung. Um die Mitte des 1. Jahrh. v. Chr. drangen die G. über den Rhein vor, und nur Cäsars taktische Erfolge, insbesondere sein entscheidender Sieg über Ariovist (s. d.) verhinderten, daß sich die G. dauernd in Gallien als Herren niederließen. Seitdem gelang es der röm. Kriegskunst drei Jahrhunderte lang die G. auf die Wohnsitze östlich des Rheins und Neckars zu beschränken. Nachdem der Plan der Unterwerfung der G. durch die Schlacht im Teutoburger Walde gescheitert war, mußten sich die Römer auf die Verteidigung der Rhein- und Donaulinie beschränken und errichteten vom rechten Rheinufer bis zur obern Donau einen großartigen durch Kastelle geschützten Grenzwall (limes), den sog. Pfahlgraben (s. d.). Diesen dauernd zu durchbrechen gelang den G. erst im 3. Jahrh. n. Chr. und seitdem nahmen sie allmählich das linke Rheinufer in Besitz und breiteten sich über das ganze europ. Römerreich bis nach Afrika hin aus. (S. Völkerwanderung.) Nachdem die G. die Erben der röm.-christl. Kultur geworden waren, vermochten sie ihr Volkstum und ihre Sprache nur da zu bewahren, wo sie in größern Massen angesiedelt waren, nämlich, von Skandinavien abgesehen, in Deutschland und England. Sonst sind sie romanisiert worden. Andererseits haben sie innerhalb ihres engern Gebietes sich die unterworfenen Reste der Kelten und Romanen assimiliert (s. Deutsches Volk 3, Bd. 5, S. 95 a). Die Nordgermanen besaßen ursprünglich nur die dän. Inseln und die südl. Küsten von Schweden und Norwegen und haben erst allmählich die finnisch-lappischen Urbewohner Skandinaviens in den hohen Norden zurückgedrängt. (Über die Ausbreitung der Deutschen s. Deutsches Volk 4, Bd. 5, S. 96 a.) Auch auf die roman. Nationen haben die G. einen bestimmenden Einfluß ausgeübt, die Franken und Normannen auf die Nordfranzosen, die Burgunden auf die Südfranzosen, die Westgoten auf die Spanier, die Sweben auf die Portugiesen, die Ostgoten und die Langobarden auf die Italiener.
Solange es für das deutsche Volk noch keinen Namen gab (s. Deutsch), nannten es die der antiken Bildung teilhaftigen Gelehrten und Staatsmänner wohl G., und bis auf den heutigen Tag wird der Name noch zuweilen in diesem engern Sinne gebraucht (engl. German). Im allgemeinen aber ist es jetzt feststehender Sprachgebrauch, die Deutschen (einschließlich der Niederländer), Friesen, Engländer und Skandinavier unter dem Namen G. zusammenzufassen. Diese Anwendung des Namens ist eine gelehrte. Das in vorgeschichtlicher Zeit vereinigte Volk hat sich selbst nie so genannt. Denn bereits zur Zeit, als die G. in die Geschichte eintraten, im 1. Jahrh. v. Chr., waren sie in verschiedene Stämme gespalten, jeder mit einem besondern Namen, und jeder Stamm fühlte sich als ein Volk für sich. Das Bewußtsein der Zusammengehörigkeit war den G. damals schon abhanden gekommen, trotzdem sie alle dieselbe Sprache redeten und an dieselben Götter glaubten. Erst als die Völkerwanderung ihnen die röm. Welt eröffnete, deren Herren sie wurden, finden sich bei geistig hochstehenden german. Staatsmännern Spuren des Bewußtseins eines über dem Stammesbewußtsein stehenden Germanentums. Das ging jedoch nicht weiter und fand politisch ebensowenig Ausdruck, wie etwa heutzutage von einem Schweden, Norweger, Dänen, Engländer, Niederländer und Deutsche umfassenden german. Nationalbewußtsein, einem Pangermanismus die