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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Gestel - Gerstner (Franz Ant., Ritter von)
s2 Bde., Berl. 1885); Krasft, Lebrbuch der Land'
wirtfchaft, Bd. 2 l5. Aufl., ebd. 1890).
Gerstel, soviel wie große Graupen.
Gerstenberg, Heinrich Wild. von, Dichter uud
Kritiker, geb. 3. Jan. 17.'"? zu Tondern in Schles-
wig, wo sein Vater als Rittmeister in dän. Diensten
stand, studierte 1757-59 in Jena die Rechte, trat
dann als Kornett in dän. Kriegsdienste und ward
I7<;.'> Rittmeister. Nach Friedrichs V. Tode, 1766,
ans geringes Wartegeld gesetzt, ward er, wie es
scheint, von Nernstorsj in der dentschen Kanzlei kom-
missariscb bescbästigt, doch erst 1771 ans dem Mi-
litärdienste entlassen. 1775 wnrde er dän. Resident
und Konsul in Lübeck' doch ward er infolge seiner
Scknlden des Amtes nicht srob. Später lebte G.
in Eutin, seit 1786 inAltona, wo er 1789 zum
Mitdireltor des Lotto Justizwesens ernannt wurde
und namentlich durch eine 179"; geschlossene zweite
Ebe in geregeltere Verbältnisse geriet. 1812 legte
er sein Amt nieder und starb 1. Nov. 182',. Schon
seine "Tändeleien" lLpz. 1759 n. ö.), kleine graciöse
analreontifcke Erzählungen, trugen ibm verdienten
Beifall ein; ibnen verwandt waren die fckon srübcr
verfertigten "Prosaischen Gedichte" (Altona 1759).
Mit dein "Gedicht eines Skalden" lKopenb. l 766; mit
dem "llgolino", neu hg. von Hamcl in Kürschners
"Deutsckcr Natiouallitteratur", Stuttg. 1881) sübrtc
er den Bardenkultus in die deutsche Ticktung ein.
Seine musikalisch gedachte Kantate "Ariadne anj
Naros" (Kopenh. 1767) leitete die Gattung des Duo-
dramas ein. Seinem mit I. F. Schmidt herausge-
gebenen "Hvpochondriston" (2 Bde., Schlesw. 1763;
2. vermehrte Aufl. 1781) reihten sich die "Briese
über Merkwürdigkeiten der Litteratur" (1 Samm-
lungen, 1766-70; Neudruck in Seufferts "Litte-
raturdenkmalen des 18. und 19. Jahrb.", Nr. 29
und 3l>, Heilbronn 1888 u. 189l>) an, eine der an-
regungvreichsten kritischen Zeitschriften der Zeit, in
der G. mit sicherm Takt zu Gunsten des Voltsliedes
und zur richtigen Würdigung Sbakespeares das
Wort ergriff und den wichtigen Begriff de5 "Genieo"
zu erfassen suchte. Großes Aussehen endlich erregte
er durch sein Trauerspiel "Ilgolino" iHamb. 1768),
das trotz des bizarrenStofss, denG.Danteentnahm,
ein originelles Talent in Anlage der Ebaraktere und
Behandlung der Sprackc verkündete und die unlös-
bare Aufgabe, das hoffnungslose Verbungern einer
edeln Familie dramatisch darzustellen, der Lösung
mit virtuoser Kraft nahe brachte. Damit aber war
der Höhepunkt erreicht. Das Melodrama "Minona,
oder die Angelsachsen" (Hamb. 1785) ist ein schwachem
opernhaftes Bardenstück. Seitdem wandte sich G.
ausschließlich der Kantschen Philosopbie zu und gab
"Die Tbeorie der Kategorien entwickelt und erläu-
tert" lAltona 1795) und ein "Sendschreiben an Vil-
lers, das gemeinschaftliche Princip der tbeoretiscken
und praktischen Philosophie betreffend" lcbd. 1821)
beraum. Er selbst besorgte eine Sammlung seiner
"Vermischten Schriften" (3 Bde., Altona 1815-17).
^ Vgl. Weilcns Einleitung zu den Briefen über
Merkwürdigkeiten der Litteratur <in den "Deutschen
Litteraturdenkmalen", Nr. 3(), Stuttg. 1890).
Gerstenfliege, soviel wie Fritfliege (s. d.).
Gerstenkorn, ein kleines, besonders im Alter-
tum bei mebrern Völkern gebräuchlich gewesenem
Längeinnaß und ein kleines Gewicht der allen Zeit.
Im Britischen Reiche und in den Vereinigten Staa-
ten von Amerika wurde ebemals der Zoll iim-n)
desLänacnmaßes s^ '^ Zich) gesetzlich in 3 Gersten-
körner (bn>1<'v c",rn5) geteilt. Dief^^ britische G.
oder V<za <>us') ist ^ 8,^<;? nun.
Gerstenkorn <1I^r<i0()luin), die Entzündung der
.naarbalgdrüsen der Augenwimpern, entsteht ge-
lvöbnlich in Gestalt einer kleinen entzündlichen, ge-
röteten, von stechenden Schmerzen, Lichtscheu ttttd
Thränenfluß begleiteten Anschwellung am Lidrande,
die nach einigen Tagen entweder in Zerteilung oder
bäufiger in Eiterung übergeht. Dem G. sehr ähn-
lich ist das >v agelko r n lclilli^ion), eine härtliche,
allmäblicb wachsende Geschwulst inl Lidlnorpel.
häufig tonnnen mebrere G. bintereinander vor oder
es entwickeln sich solche, namentlich bei skrofulösen
Kindern, wäbrend längerer Zeit in Pausen von
einigen Wochen. Die Vebandlung beschränkt sich
am zweckmäßigstell auf die Anwendung warmer
Breiumschläge "Semmel in Milch), um die Schmer-
zen zu lindern und die Eiterung zu befördern, am
besten ist die baldige Eröffnung des lleinen Abscesses.
Gegen bäufig wiederkebrende G. sind leichte Ab-
fübrungen, saliniscbe Mittel und Solbäder, ferner
Äugendoucben nützlick.
Gerftenputzmaschine, s. Äialzputzmaschine.
Gerstenwalch, Unkraut, s. ^s^^<>i'^.
Gerftenzucker, eine bei Beschwerden der At-
muug^orgaue verwendete Forni des Zuckers, wird
erhalten, indem man weißen, raffinierten Zucker
Milben- oder Rohrzucker) unter Zusatz von etwas
Waffer bis auf 160 s'. erhitzt, wobei der Zucker
zu einer farblofen klebrigen Masse schmilzt, die nach
dem Erlalten zu einer durchsichtigen amorphen
Masse erstarrt; vor dem Erkalten wird sie in Strei-
fen zerschnitten, die zu Stengeln gerollt oder ge-
wunden werden und den G. darstellen. Nach längerm
Ausbewabren wird derselbe undurchsichtig ("stirbt
ad"" und zeigt dann ein krvstaklinisches Gefüge.
Häufig wird der G. durcb rote Farbstoffe gefärbt
und auch aromatifiert. Der G. unterscheidet sick
vom gewöbnlicken Zucker nur durch seiue äußere
^orm und er besitzt daher ancb keine besondere arz-
neilicbe Wirtuug. Die M a lzbo n b o n s sind häusig
nichts weiter als G., die Präparate der bekanntern
größern Malzertrattfabritantcn entbalten indes
mehr oder minder Malzertrakt.
Gerstcr, Etclka, ^pernsängcrin ihoher Sopran),
geb. N'.Iuni 1857 in Kasckau, Schülerin der Frau
Marcbesi in Wien, debütierte 1876 zu Venedig als
Gilda <"Rigoletto") und Ophelia ("Hamlet") und
sang dann in Marseille, Genua, Berlin und London
mit großem Beisall. Sie vermählte sich im Mai
1877 mit ihrem Impresario Earlo Gardini.
Gerstner, ^ranz Ant., Ritter von, Ingenieur,
Sohn des folgenden, geb. 11. Mai 1793 zu Prag,
besuchte das Polvtecbnifche Institut daselbst und
wurde 1818 Professor der praktifchen Geometrie am
ehemaligen Polvtechnifchen Institut, der jetzigen
Technischen Hochschule, zu Wien; gleichzeitig ließ cr
dic Schrift "Lchrgcgenständc der praktischen Geome-
trie" iWien 1818) erscheinen. Das von seinem Vater
inzwischen zur Reife gebrachte Projekt, die Moldau
mit der Donau durch eine Eisenbabn (für Pferde)
von Pudweis bis Linz zu verbinden, veranlaßte ihn
1822 zu einer Reife nach England, um dort das
Eisenbahnwesen genauer kennen zu lernen. Hierauf
vollfübrte er 1823 - 21 dic Vorarbeiten für die
erwähnte Babnstrecke, zu deren Herstellung ihm
7. Sept. 1821 das Privilegium erteilt wurde. Wäh-
rend er nun 1825 die Ausführung der Balm be-
gann, verzichtete cr auf seme Professur in Wien