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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Gerstner; Gerstungen; Gerte; Gerthelbach-Wasserfälle; Gertrud; Gertruidenberg; Geruch

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Gerstner (Franz Jos., Ritter von) – Geruch

und reiste 1826 zum zweitenmal nach England. 1829 gab er heraus: «Über die Vorteile der Unternehmung einer Eisenbahn zwischen der Moldau und Donau» (Wien 1829). Da indes das geringe Aktienkapital (1 Mill. Fl.) schon durch die erste Bahnhälfte erschöpft war, so entstanden Differenzen zwischen den Aktionären und G., sodaß dieser von dem Unternehmen zurücktrat; hierauf besuchte er 1829 England abermals, wo die damals in der Ausführung begriffene Liverpool-Manchester-Eisenbahn ihm reichlichen Stoff zu wichtigen Untersuchungen bot, die er in der von ihm besorgten Ausgabe von seines Vaters «Handbuch der Mechanik» (3 Bde., Prag 1831‒34) niederlegte. G. ging 1834 nach Petersburg, baute die Bahn von Petersburg nach Zarskoje-Selo, die erste in Rußland, und stellte 1838 in Nordamerika umfassende Studien über die Eisenbahnen an, starb aber plötzlich 12. April 1840 zu Philadelphia. Seine amerik. Beobachtungen gab seine Gattin Klara G. in der «Beschreibung einer Reise durch die Vereinigten Staaten von Nordamerika» (Lpz. 1842) heraus; vom speciell technischen Gesichtspunkte aus wurden sie bearbeitet in der Schrift «Die innern Kommunikationen der Vereinigten Staaten von Nordamerika» (hg. von Klein, 2 Bde., Wien 1842).

Gerstner, Franz Jos., Ritter von, Ingenieur, geb. 23. Febr. 1756 zu Komotau in Böhmen, gest. 25. Juni 1832 zu Mladèjow bei Jičin, war Gründer und erster Direktor des aus der Ingenieurschule an der Prager Universität 1806 hervorgegangenen Polytechnischen Instituts zu Prag, der ältesten Anstalt dieser Art in Deutschland und Österreich. Gleichzeitig war G. Wasserbaudirektor Böhmens und verfaßte zahlreiche Abhandlungen auf dem Gebiete der Astronomie, Mechanik u. s. w., von welchen insbesondere die Arbeit «Ob und in welchen Fällen der Bau schiffbarer Kanäle Eisenwegen oder gemachten Straßen vorzuziehen sei» (Prag 1813) von großer Bedeutung für die Entwicklung des Eisenbahnwesens in Mitteleuropa wurde.

Gerstungen, Flecken im Verwaltungsbezirk Eisenach des Großherzogtums Sachsen-Weimar-Eisenach, 18 km westlich von Eisenach, an der Werra und an der Linie Halle-Frankfurt a. M. der Preuß. Staatsbahnen, Sitz eines Amtsgerichts (Landgericht Eisenach), einer Oberförsterei und Superintendentur, hat (1890) 1610 meist evang. E., Post, Telegraph, ein großherzogl. Kammergut; Tintenfabrik, Ziegeleien, Mahl- und Schneidemühlen, Kram- und Viehmärkte. In G. fand 1073 ein Fürstentag, 1085 eine Versammlung der Bischöfe statt, um in dem Streit zwischen Heinrich Ⅳ. und Gregor Ⅶ. Stellung zu nehmen. Am 2. Febr. 1074 schloß Heinrich Ⅳ. in G. einen Frieden mit den Sachsen, in dem er ihnen die Herstellung ihrer alten Rechte und Freiheiten, eigene Richter in eigener Sache und Zurückerstattung des Herzogtums Bayern an Otto von Nordheim gewährleistete.

Gerte, in der Glasfabrikation, s. Glas.

Gerthelbach-Wasserfälle, s. Bühl.

Gertrud, mehrere in der Kirchengeschichte bekannte Frauen.

Die heilige G., Tochter Pippins von Landen, 626 geboren, trat in das neugegründete Kloster Nivelles in Südbrabant, als dessen Äbtissin sie 17. März 659 starb. Sie gilt als Schutzpatronin der Reisenden, die ihr zu Ehren die sog. Gertrudenminne trinken.

G. von Hackeborn, aus angesehenem Freiherrengeschlecht 1232 geboren, trat früh in das Kloster der Cistercienserinnen in Rodardesdorf bei Eisleben, ward 1251 Äbtissin, veranlaßte die Verlegung des Klosters nach dem benachbarten Helfta (1258) und pflegte gelehrte Studien und strenge Zucht; sie starb 19. Nov. 1299.

Die sog. große G., ebenfalls Nonne zu Helfta, oft mit der vorigen verwechselt, geb. 6. Jan. 1256, wurde durch eine Vision (27. Jan. 1281) von dem Studium der freien Künste zum Forschen in den Schriften der Kirchenväter getrieben. Sie starb 1311. Den Inhalt ihrer zahlreichen Visionen, in denen sie unmittelbaren Umgang mit dem verklärten Herrn haben wollte, schildern ihre «Insinuationes divinae pietatis» (seit 1536 mehrfach herausgegeben, übersetzt von M. Wolter, Schaffh. 1864).

Gertrud, Tochter des Kaisers Lothar Ⅲ. und seiner Gemahlin Richenza von Nordheim, wurde 29. Mai 1127 mit Herzog Heinrich dem Stolzen von Bayern vermählt, der 1137 auch Sachsen erhielt. Heinrichs einziger Sohn aus der Ehe mit G. ist der 1129 geborene Heinrich der Löwe. G. wurde so die Stammmutter der spätern Welfen in Braunschweig, Lüneburg (Hannover) und Großbritannien. 1142 vermählte sie sich mit dem Babenberger Heinrich Jasomirgott, starb aber an den Folgen einer frühzeitigen Geburt schon 20. April 1143.

Gertrud, Gemahlin des ungar. Königs Andreas Ⅱ. und Mutter der heil. Elisabeth, Landgräfin von Thüringen, war die Tochter des Grafen Berthold Ⅳ. von Andechs, Herzogs von Meranien, eine willensstarke Frau, die ihren Gemahl und sein Reich beherrschte. Sie begünstigte die Deutschen, besonders ihren Bruder Berchthold, dem sie trotz seiner mangelhaften Vorbildung 1206 das Erzbistum Kalocsa, 1209 das Amt eines Bans von Kroatien und Dalmatien, 1212 die Würde eines Woiwoden von Siebenbürgen verschaffte. Dadurch rief sie unter den Ungarn Unzufriedenheit hervor, und als sie 1213 ihren Gemahl, der gegen Halicz (Galizien) zog, nach dem nördl. Ungarn begleitete, wurde sie 28. Sept. von den Verschworenen, an deren Spitze ein Graf Peter (von Csanád) und ein Ban Simon standen, beim Kloster Leleß überfallen und ermordet. Daß die Veranlassung ein von ihr begünstigtes unsittliches Attentat eines ihrer Brüder gegen die Gemahlin des Bánkbán (s. d.) gewesen sei, ist spätere Sage. Ihr Gemahl hielt dann über die Thäter und deren Freunde ein blutiges Strafgericht. – Vgl. A. Huber, Studien über die Geschichte Ungarns im Zeitalter der Arpaden (Wien 1883).

Gertruidenberg, holländ. Geertruidenberg (spr. chehrtreudenberch), Festung in der niederländ. Provinz Nordbrabant, 15 km im NNO. von Breda, links der Mündung der Donge und an der Linie Lage-Zwaluwe-Hertogenbosch und der Dampfbahn Breda-G., hat (1891) 2029 E., einen guten Hafen, einige Fabriken, Brauerei und Fischfang. – In dem Befreiungskampfe wurde G. mehrfach erobert, z. B. 1593 von Moritz von Oranien. Vom 10. Juni bis 25. Juli 1710 wurde hier ein ergebnisloser Kongreß gehalten zur Vermittelung des Friedens zwischen Ludwig ⅩⅣ. und den Alliierten. Auch in den Revolutionskriegen wurde häufig um G. gekämpft.

Geruch (Olfactus), das Vermögen, mittels des Riechnerven eine specifische Empfindung zu erhalten, die nicht weiter beschrieben werden kann. Der