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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Geschütz
Feldgeschütze gehören in Bezug auf Rasanz, Schuß-
genauigteit und Tragweite zu den besten Systemen
der Gegenwart. Das französische Gebirgs-
geschütz zeigt in einer Gesamtansicht Tafel: Ge-
schütze I, Fig. 1, die franz. kurze 15,5 cm-Kanone
Tafel: Geschützen, Fig. 4.
Italien wandte sich nach 1871 ebenfalls der Hin-
terladung für die Feldgeschütze zu und nahm zuerst
einen 7,5 cm in Bronze mit Kruppschem Rundkeil,
dann 1876 einen stählernen 8,7 cm, von Krupp be-
zogen, an. Dem Vorgange Österreichs folgend,
wandte man sich später der Hartbronze zu und kon-
Fia- '!'.
strnierte auf Grund dessen einen 7,5" cm mit erhöhter
Leistungsfähigkeit, ebenso wie man die Neubeschaf-
sungen von 8,7 cm-Rohren in gleichem Material
vornahm. Beide Rohre haben den Rnndkeilverschluß
mit Liderungsring im Rohr, gleichmäßigen Drall,
Kupferführung. Die Granaten wiegen 4,25 und
6,75 kF, die Ladung besteht aus Balli'stit (s. Nobelv
rauchschwaches Pulver), die Anfangsgefchwindig
teilen betragen 465 und 455 m.
Rußland hatte bereits 1865 ein dein ältern
preußischen ähnliches Feldgeschütz angenommen, die
Rohre teils in ^tahl, teils in Bronze, 2 Kaliber 8,7
und 10,7 cm (4- und 9-Pfünder) mit Granatgewich-
ten von 5,7 und 11 l<^. 1877 wurde ein Material
von erhöhter LeistnngWlMkeit besckasft. Die Rohre
sind in drei Größenklassen, leichte und schwere 8,? cm
und 10,7 cm. Die leichten 8,? cm haben 17, die
schweren 21 Kaliber Seelenlänge, diejenige der
10,7 cm beträgt 17 Kaliber. Es sind 'Mantelrohre
aus Kruppschen: StM mit Rundkeilvcrschlusi und
Vroadwell-Ring- neuerdings werden sie mit franz.
Echraubenverschluß versehen. Der Geschoßraum ist
gezogen, der eigentliche gezogene Teil dcv Rohrs hat
24Parallclzüge mit progressivem Drall. Die Granat-
gewichte sind 6/1, 6,9 und 12,5, die Ladungsverhält-
nisse 1/6,", 1/4,0 und l/4,9, die Anfangsgeschwindig-
keiten 412, 442 und 374 m. Das neue russische
schwere Feldgeschütz ist das schwerste aller zur Zeit
bestehenden. Besonders hervorzuheben sind die seit
1888 eingeführten 6zölligen Fcldmörser vom Ka-
liber 15,24 cm mit Granaten von 26," kx und
Chrapnels von 31,1 1<^ Gewicht.
England hatte 1869 für seine Feldgeschütze die
system. Es wurde ein 9- und ein 16-Pfünder
konstruiert mit Gewichten der Granaten von 4,m
und 7,^5 k^. Die Rohre waren nach Fräsers
System aufgebaut. Aus spätern Versuchen mit
Hinterladern ging endgültig der 12-Pfünder als
Feldkaliber hervor. Das Kaliber ist 76,2 mm; das
Rohr felbst besteht aus einem Kernrohr mit Stahl-
mantel, hat den franz. Schraubenverschluh, 12 ^üge,
28 Kaliber Drall, die Ladung besteht aus Cord'ite
(s. d.), Granate wie Shrapnel wiegen 5,"8 kß-, die
Anfangsgefchwindigkeit beträgt 524 m.
In Bezng auf die Gebirgsg e s chütze s. d. und
Gebirgsartillerie.
Die Geschützsysteme der schweren Artil-
lerie der verschiedenen Staaten stimmen gegen-
wärtig in ihren Grundzügen mit demjenigen der
Feldartillerie überein. Bezeichnend ist die Fort-
bildung der kurzen Kanonen und der Mörser Und
die Übertragung der großen Geschoßgeschwindig-
keiten auf die langen Kanonen.
Im Deutfchen Reicke wurde 1872 eine 15 cm-
Ringkanone mit großer Anfangsgefchwindigkeit für
die Velagerungs- und Fcstungsartillerie angenom-
men. Nachdem man sich für die Hartbronze ent-
schieden, wurde dieselbe auf die G. mit geringen
Ladungsverhältnissen (kurze Kanonen, Mörser) ohne
weiteres übertragen, andererseits schwere G. von 9,
12 und 15 cm in Hartbronze mit großen Anfangs-
geschwindigkeiten neu geschaffen. Die neuesten Kon-
struktionen sind wieder aus Kruppschem Guhstahl,
z. B. die lange 15 cm-Kanone mit einer Anfangs-
geschwindigkeit von 500 m. Zu den 21 cm-Mör-
sern sind noch 9 und 15 cm getreten, mit dem der
franz. Artillerie entlehnten Schraubenverschluß unter
Beibehalt des Liderungrings C/73. Der Schrauben-
verschlnß wurde angenommen, um den Pulverraum
in den Verschluß legen und demselben einen ge-
ringern Durchmesser, als derjenige der eigentlichen
Seele ist, geben zu können, wodurch die Verbrennung
des Pnlvers eine günstigere werden sollte. Der
15 cm-Belagerungs- und Festungsmörser
ist auf Tafel: Gefchütze II, Fig. 2, mit geöffnetem
Verschluß dargestellt. Die niedern Räder der La-
fette dienen nur zum Schießen, zum Transport
werden hohe Räder angebracht. Derselbe ist jetzt
wieder ausgeschieden; an seine Stelle sind in der
Festungsartillerie lange 15 cm-Mörser (Bronze
mit Stahlseile), in der BelagerungsartiÜerie die
15 cm-Haubitze (Gußstahl) getreten. Neu konstruiert
wnrde ferner die für die schwierigern Fälle des in-
direkten Bresckescknsse^ bestimmte kurze 21 cm-Ka-
none, ebenfalls mit Kammerverschlnh (Fig. 32).
Doch schied diese sowohl wie der oben genannte
9cm-Mörser nach einigen Jahren wieder aus. Der
21 cm-Mörser ist jetzt mit ^tahlscele und moderner
innerer Einrichtung (z. B. Progressivdrall) versehen.
Die Küstenartillerie, deren Material sich auf den oben
erläuterten Grundsätzen weiter fortbildet, besitzt von
ältern Konstruktionen lange 15 cm-, lange 21 cm- und
28< m-Ringkanonen; außerdem als neuere Geschütze
dieselben Kaliber als Mantelringrohre von 30 und
35Kaliberlängc sowie 30,5 cm-Kanonen 1^/35,15 cm-
nnd 28cm-Haubitzen. Die Mantelringrohre bestehen
aus einem Seelenrohr, dessen hinterer Teil mit einem
Mantel umgeben ist. Mantel und Seelenrohr sind
außerdem beringt. Die Schiffsartillerie hat die
! Kaliber der Küstenartillerie und noch 26, 24, 17
und 12 cm-Kanonen; sie hat jedoch seit 1882 durch
Einstellung von 35 und 40 Kaliber langen Geschütz-
rohren sowie von 3,5 und 4 Kaliber langen Geschos-
sen einen wesentlichen Zuwachs erfabren. Von ge-
dachten Konstruktionen kommen bereits vor: die