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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Glas

Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Glas'

den Wänden auf «Bänken» aufgestellt werden. Von einer unter der Sohle liegenden Rostfeuerung treten die Flammen in den Ofen ein, umspülen die Häfen und entweichen dann durch eine Reihe seitlich angebrachter Öffnungen entweder zunächst in die Kühl- oder Temperöfen oder direkt in den Schornstein. Taf. I, Fig. 6 stellt einen runden, englischen Ofen für direkte Steinkohlenfeuerung im Durchschnitt dar. Das Feuer wird auf dem Rost D unterhalten; die zur Verbrennung erforderliche Luft tritt durch den Kanal I in das Aschengewölbe H, wird dort angewärmt und streicht sodann durch den Rost nach oben. Die sich bildende Flamme schlägt in den Ofen, bricht sich am Gewölbe und entweicht durch die Füchse E in die Schornsteine. Zwischen je zwei Schornsteinen steht ein Hafen B, der durch ein mit dem Arbeitsloch A versehenes Hafenthor C eingesetzt wird. Als Brennmaterial wurde früher fast ausschließlich das Holz verwendet, welches eine lange rußfreie Flamme liefert. Heute noch ist in Venedig Holz das wichtigste Brennmaterial. Ebenso wird Holz noch im Böhmerwald, Thüringerwald und im Bayrischen Wald als Brennstoff verwendet, später wurde das Holz vielfach durch die billigere Steinkohle ersetzt, seit etwa zwei Decennien wird aber immer mehr und mehr die Gasfeuerung (s. d.) angewendet, die nicht nur eine bessere Führung der Flamme, das Erreichen höherer Temperaturen, sondern auch die Benutzung der verschiedenartigsten, selbst der schlechtesten Brennmaterialien gestattet. Unter allen Konstruktionen von Glasöfen mit Gasfeuerung sind die von Friedrich Siemens am weitesten verbreitet. Sowohl für Hafen- als für Wannenbetrieb hat die Regenerativ-Gasfeuerung Anwendung gefunden, und gegenwärtig stehen Öfen beider Art in größern und auch kleinern Glashütten im Betriebe. Auf Taf. I, Fig. 1 u. 2 ist ein Siemensscher Hafenofen mit Regenerativ-Feuerung dargestellt (Fig. 1 ist ein Längsschnitt nach CD in Fig. 2; Fig. 2 ein Querschnitt nach AB in Fig. 1). Auf der Ofensohle sind acht offene Häfen (auf jeder Längsseite vier) aufgestellt, die von der in der Längsrichtung fließenden Flamme umspült werden; vor jedem Hafen befindet sich ein Arbeitsloch a. Durch die mit Platten versetzten Öffnungen b kann das beim Leckwerden eines Hafens auf die Ofensohle fließende G. entfernt werden. Unter der Ofensohle befinden sich die Regeneratoren, die abwechselnd von Luft und Heizgasen durchströmt werden.

Eine ganz hervorragende Verbesserung an seinen Glasöfen hat Fr. Siemens neuerdings durch Einführung des Heizverfahrens mit freier Flammenentfaltung angebracht. Diese Feuerungsart eignet sich sowohl für Hafen- als für Wannenöfen. Während man bisher die Glasschmelzöfen möglichst eng baute, um die Hitze zusammenzuhalten, baut Siemens dieselben jetzt weitläufiger mit einem hohen Raum über den Häfen, woselbst die Flamme frei, ohne G. oder Wand zu berühren, verbrennt und das G., weniger durch Mitteilung als durch Strahlung der Flammen sowohl, als auch der Ofengewölbe erhitzt wird. Die Vorteile der neuen Feuerung bestehen in einer vollständigern Verbrennung des Gases im Ofen und in bedeutender Schonung der Wände und Schmelzgefäße.

Bei den Wannenöfen unterscheidet man solche für periodischen und solche für kontinuierlichen Betrieb. Die erstern finden gegenwärtig wenig Anwendung. Der vorzüglichste Ofen der letztern Art, ↔ der Siemenssche hufeisenförmige Wannenofen mit freier Flammenentfaltung, ist in Taf. I, Fig. 3, 4 u. 5 durch zwei Vertikalschnitte und einen Horizontalschnitt dargestellt. Die Wanne selbst ist durch Querwände in die Abteilungen W1, W2 und W3 geteilt. In jeder dieser Abteilungen kann eine andere Glassorte abgeschmolzen werden. Generatorgas und Luft treten, in den Regeneratoren R1, R2 (Fig. 4) vorgewärmt, bei a in den Ofen, ziehen als lebhafte Flamme über der halbkreisförmigen Wanne hin und entweichen bei a' durch R3 und R4 in die Esse, oder sie treten bei a' (aus den Regeneratoren R3 und R4) ein und entweichen bei a in umgekehrter Richtung. Die Kanäle g und l (g1 und l1) dienen dazu, abwechselnd Generatorgas und Luft den Regeneratoren zu oder die Verbrennungsgase von diesen fort in die Esse zu führen. Die Wände und der Boden der Schmelzwanne werden, um sie vor der allzuraschen Zerstörung durch die Hitze zu schützen, durch Kanäle k1, k2 und c, in denen frische Luft hindurchstreicht, beständig gekühlt. Bei z wird der Glassatz in die Wanne eingetragen, schmilzt dort, das G. fließt gegen die Mitte zu (woselbst die größte Hitze herrscht), wird dort geläutert und gelangt endlich in ziemlich reinem Zustande bei den Arbeitsöffnungen d an. Daselbst wird das G. durch gesteigerte Luftzufuhr in den Kanälen c und bei den Öffnungen d kühler gehalten, damit es die zum Formen geeignete Zähflüssigkeit erhält. Um die Läuterung zu vervollständigen, werden sog. Schiffchen s vor den Arbeitsöffnungen in die Glasmasse eingesetzt. Taf. II, Fig. 9 stellt ein derartiges Schiffchen in Vertikal- und Horizontalschnitt dar. Die Abteilung B erhält durch eine oder mehrere Abteilungen C das G. aus der Wanne. Indem das G. über die Wand nach B fließt, wird es dicht an die Oberfläche geführt, hier der Hitze ausgesetzt und dadurch noch einmal geläutert. Aus A wird das G. verarbeitet. Das ganze Schiffchen ist aus Chamotte hergestellt und schwimmt infolge seines geringen spec. Gewichts auf der Glasmasse.

Die verschiedenen Ofensysteme ergeben sehr verschiedene Betriebsresultate. Während in den ältern Öfen mit direkter Feuerung zum Abschmelzen von 1 Ctr. G. 8 Ctr. Holz oder 3–4 Ctr. Stückkohle verbraucht wurden, kommt man in Siemensschen Regenerativöfen mit 1 Ctr. Holz oder 0,5 bis 0,75 Ctr. Steinkohlen oder 2 Ctr. Torf aus. In ältern Ofen waren minderwertige Brennmaterialien, wie Torf und Braunkohle, ganz ausgeschlossen, bei den mit Gasfeuerung betriebenen Öfen werden dieselben in großen Massen angewendet. Man erzielt eine viel reinere, von Ruß und Flugstaub freie Flamme, die sich leicht regeln und je nach Bedarf als Oxydations- oder Reduktionsflamme verwenden läßt. – Welche Vorteile der Hafenofen mit freier Flammenentfaltung gegenüber den ältern Hafenöfen mit Regenerativ-Feuerung bietet, zeigt Siemens durch die folgenden Angaben: Ein Ofen älterer Bauart mit 10 Häfen und siebenstündigem Betrieb erzeugte monatlich 70–80000 Flaschen. Die Häfen hielten ungefähr 3 Wochen, der Ofen selbst etwa 3 Monate. Nachdem dieser Ofen durch Vergrößerung der Heizkammer dem neuen Heizverfahren entsprechend umgebaut war, lieferte derselbe bei neunstündiger Arbeitszeit 130–140000 Flaschen monatlich, der Ofen hielt 3 Jahre, die Häfen etwa 6 Wochen.

Verarbeitung des G. Früher wurden beinahe alle Glassorten an der Pfeife geblasen. Heute kann

Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 41.