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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Glaubensfreiheit; Glaubensgericht; Glaubenslehre; Glaubensregel; Glaubenszwang; Glauber; Glauberit; Glaubersalz

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Glaubensfreiheit – Glaubersalz

Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Glaubenseid'

dern die Eidesformeln abgeändert oder wenigstens nicht streng ausgelegt. Indessen bot die äußerlich meist unerschüttert gebliebene «Rechtsbeständigkeit» der alten Bekenntnisse der neuerwachten Orthodoxie eine Handhabe, die alten Eidesformeln wieder geltend zu machen und gegen «Irrlehrer» und «Ketzer», wie in Mecklenburg und Preußen, mit Absetzungen vorzugehen. Neuerdings ist der alte Bekenntniseid in einigen Landeskirchen, z. B. der sächsischen, wieder gemildert worden. – Vgl. E. Zimmermann, Der G. (Marburg 1863).

Glaubensfreiheit, Religions- oder Bekenntnisfreiheit, das Recht, einen von der Staatsreligion abweichenden Glauben zu vertreten. Das Gegenteil davon ist der Gewissens- oder Glaubenszwang. Die kath. Kirche bestreitet das Recht der G. grundsätzlich und die Encyklika Pius' IX. vom 8. Dez. 1864 erklärt die G. für deliramentum (Wahnsinn). Die prot. Kirchen müssen sie grundsätzlich anerkennen, wenn sie auch öfter thatsächlich davon abgewichen sind. Das Christentum im Sinne seines Stifters verlangt diese Anerkennung der G.; doch ist dieselbe erst nach furchtbaren Kämpfen erreicht worden. Erst der moderne Staat, voran Nordamerika, dann England, Frankreich, Deutschland u. s. w. haben die G. gewährt, d. h. zugestanden, daß die Religion im Genuß und in der Ausübung staatsbürgerlicher Rechte keinen Unterschied begründet und daß jede Religionsgesellschaft öffentlich ihren Kultus üben darf. Doch hat der Staat naturgemäß das Recht, die Schranken zu ziehen, welche die Gleichberechtigung der verschiedenen Bekenntnisse, der öffentliche Friede und das Staatswohl setzen, nötigenfalls sogar mit Verbot und Unterdrückung bedrohlicher Erscheinungen vorzugehen. (S. Toleranz.) – Vgl. Bluntschli, Geschichte des Rechts der religiösen Bekenntnisfreiheit (Elberf. 1867).

Glaubensgericht, ein Gerichtshof, der über die Orthodoxie Einzelner oder ganzer Parteien entscheiden soll, besonders die Inquisition (s. d.).

Glaubenslehre, s. Dogmatik.

Glaubensregel (lat. regula fidei, d. h. Richtschnur des Glaubens), die kurzen auf Grund des Taufsymbols (s. d.) gegebenen und daher meist nur auf Vater, Sohn und Geist sich beziehenden Angaben des kirchlichen Glaubens, in denen die ältesten kath. Kirchenväter des 2. und 3. Jahrh. die Richtschnur für die Orthodoxie im Unterschied von aller Ketzerei aufstellten. Auch behaupteten sie, daß diese G. der Kern der in den apostolisch begründeten Gemeinden lebendig erhaltenen mündlichen apostolischen Überlieferung sei, und zugleich die kurze Zusammenfassung des gesamten Schriftinhalts. Ihre Echtheit und vor allem ihr Alter gebe ihr den Vorzug vor allen abweichenden und eben deshalb spätern Formulierungen und Lehrmeinungen. Sie bekämpften damit besonders das Vorgeben der Gnostiker (s. Gnosis), daß auch ihre Lehre auf apostolischer Überlieferung beruhe. – Vgl. Caspari, Ungedruckte, unbeachtete und wenig beachtete Quellen zur Geschichte des Taufsymbols und der G. (3 Bde., Krist. 1866–75); ders., Alte und neue Quellen zur Geschichte des Taufsymbols und der G. (ebd. 1879).

Glaubenszwang, s. Glaubensfreiheit.

Glauber, Joh. Rud., Chemiker und Arzt, geb. 1604 zu Karlstadt in Franken, lebte längere Zeit in Salzburg, in Kitzingen in Bayern, Frankfurt a. M. und Köln, zog 1648 nach Holland und starb 1668 in Amsterdam. G. widmete sich der ↔ Bereitung wertvoller chem. Arzneimittel und der Verbesserung technischer Prozesse. Er verbesserte das Verfahren zur Abscheidung der flüchtigen Säuren aus den Salzen und machte eingehende Studien über die Natur der Salze und deren wechselseitige Zersetzungen, wobei er eine klare Einsicht in die Prozesse gewann, die später als Vorgänge der chem. Wahlverwandtschaft bezeichnet wurden. Seine chem. und mediz. Geheimmittel verkaufte er um hohe Preise. Über 40 Werke von seiner Hand sind erhalten, die fast sämtlich lat. Titel führen, aber deutschen Text haben; viele sind ins Lateinische und in andere Sprachen übersetzt. Die wichtigsten sind: «Furni novi philosophici» (5 Bde., Amsterd. 1648), «Miraculum mundi» (2 Bde., ebd. 1653), «Pharmacopoea spagyrica» (ebd. 1654–67), «Tractatus de natura salium» (ebd. 1658). Besondere Erwähnung verdient sein weitblickendes Urteil in nationalökonomischen Fragen, wie es sich in seinem siebenbändigen Werke «Prosperitas Germaniae» (Amsterd. 1657) bekundet. Eine Gesamtausgabe seiner Werke erschien als «Opera omnia» (7 Bde., ebd. 1661; ein Auszug daraus als «Glauberus concentratus», Lpz. und Bresl. 1715).

Glauberit, s. Glaubersalz.

Glaubersalz, Glaubers Wundersalz, schwefelsaures Natrium, Natriumsulfat, Na2SO4, krystallisiert Na2SO4 + 10H2O, wurde 1658 von Johann Rudolf Glauber (s. d.) unter dem Namen Sal mirabile Glauberi zuerst beschrieben. Es bildet große farblose Säulen, die einen kühlend-bittern Geschmack besitzen, an trockner Luft zu einem weißen Pulver von wasserfreiem Salz zerfallen und sich bei gewöhnlicher Temperatur in zwei Teilen Wasser lösen. In der Natur findet sich G. krystallisiert wasserfrei als Thenardit, in Verbindung mit Gips als Glauberit, in Verbindung mit schwefelsaurem Magnesium als Astrakanit, ferner in bedeutender Menge in dem Wasser einiger Seen Rußlands, in vielen Mineralwässern, so in dem Karlsbader, Püllnaer und Saidschützer Wasser, in den meisten Salzsolen und im Meerwasser. In einigen Ländern wittert es aus der Erde, z. B. in den eintrocknenden Seen der Ararasebene, bei Bahia-Blanca in Südamerika, in Tirol zugleich mit Gips und Steinsalz; auch findet es sich als Auswitterung an alten Mauern, an denen es durch Zersetzung von Kochsalz mit Gips entsteht. Man erhält es in den chem. Fabriken bei der Bereitung der Salzsäure, der Salpetersäure aus Chilesalpeter und des Salmiaks. Außerdem stellt man es aus dem Pfannenstein und der Mutterlauge der Salinen dar. In neuerer Zeit gewinnt man es auch im südl. Frankreich aus den Mutterlaugen der Seesalinen und als Nebenprodukt bei der Verarbeitung der Staßfurter Salze. Das krystallisierte Salz wird als Abführmittel angewandt, das wasserfreie Salz, das technisch den Namen Sulfat führt, dient in großer Menge zur Darstellung der Soda, des Glases und des Ultramarins. – G. kostet im Großhandel 5,5 bis 6 M. pro 100 kg in technisch reiner und 19–20 M. pro 100 kg in chemisch reiner Form. Die Ausfuhr Deutschlands beträgt jährlich gegen 290000 Doppelcentner (einschließlich des sog. Bisulfats). Das Arzneibuch für das Deutsche Reich führt zwei Arten von G., das krystallisierte, Natrium sulfuricum, und das entwässerte, Natrium sulfuricum siccum. – Vgl. Lunge, Handbuch der Soda-Industrie (2 Bde., Braunschw. 1893).