Anmerkung: Fortsetzung des Artikels ''
dem aber die Reformation den G. zunächst doch wieder nur in seiner überlieferungsmäßigen Gestalt als unerschütterliches Vertrauen auf
«Christi Verdienst» und in den biblischen Vorstellungsformen festzuhalten vermochte, stellte sie der Kirchenautorität die Schriftautorität, dem
Kirchenglauben den G. an den Schriftbuchstaben gegenüber. Später wurde die «reine Lehre», womit ursprünglich die Befreiung der Predigt des
«Evangeliums» von menschlichen Verunstaltungen gemeint war, immer mehr den in den Bekenntnisschriften niedergelegten Lehrformeln gleichgesetzt, in
denen man allein das reine Gotteswort unverfälscht aufgefaßt zu haben überzeugt war. Die «reine Lehre» ward jetzt wiederum die Hauptsache, zu deren
Ausmittelung eine neue Scholastik unter Lutheranern und Reformierten entstand. Als erste Gegenwirkung gegen diese äußere Lehr- und
Bekenntnisgerechtigkeit betonten seit Ende des 17. und Anfang des 18. Jahrh. Pietisten, Herrnhuter, Methodisten u. a. den lebendigen Herzensglauben,
nach der Weise des Zeitalters, in Überschwenglichkeit des Gefühls. Die Aufklärung untersuchte darauf die kirchliche Glaubenslehre Punkt für Punkt, gab ein
Stück nach dem andern davon auf und meinte, der G. sei überhaupt geringer als das Wissen zu achten, sei nur Fürwahrhalten aus subjektiven, nicht, wie
dieses, aus objektiven Gründen. Bei den Supranaturalisten sank der G. gar zu einem Fürwahrhalten der biblischen Wunder, ohne die das Christentum nichts
Eigentümliches besäße, herab. – Schleiermacher bezeichnet auch hier den Beginn einer neuen Epoche. Ihm war der G. selbst eine Bestimmtheit des
religiösen Gefühls, gleichbedeutend mit Frömmigkeit. Seine positiv christl. Eigentümlichkeit erhält er durch Jesum von Nazareth, auf den der Christ alle
Kräftigung seines frommen Bewußtseins als auf den schlechthin vollkommenen und seligen Urheber zurückführt. Aber diesen «christl. Glauben» weiß
Schleiermacher im Einklang mit dem philos. Bewußtsein der Zeit zu entwickeln und alles, was letzterm zuwider war in Bibel- und Kirchenlehre, durch scharfe
Kritik zu zerstören. Freilich folgte auf Schleiermacher eine neue Reaktion, die anfangs als schlichter Bibelglaube mit
dogmatischer Weitherzigkeit, danach als orthodoxe Bekenntnisgerechtigkeit mit konfessionellem Streiteifer auftrat. Erstere Richtung nannte sich die
«gläubige», letztere urteilte über den subjektiven G. überhaupt sehr geringschätzig und hob dafür die objektiv göttliche Kirchenanstalt und das objektive
Credo der Kirche, an dem man nicht rütteln dürfe, hervor. Neben beiden Richtungen her ging eine philos. und histor. Kritik, die den Autoritätsglauben und
seinen überlieferten Inhalt in jeder seiner Formen, der biblischen wie der kirchlich orthodoxen, als unhaltbar erwies. Hatte die Hegelsche Philosophie,
ähnlich wie die alte Gnosis, den «Glauben» als bloßes Vorstellen zum «begrifflichen Wissen» erheben und dadurch ersetzen wollen, so bemerkte Strauß,
daß mit der alten Form auch der alte Inhalt abhanden komme, und die Baursche Kritik der neutestamentlichen Bücher lehrte dieselben immer sicherer als
geschichtliche Urkunden echt menschlichen Ursprungs über den Entwicklungsgang der christl. Urzeit erkennen, womit die alte Vorstellung vom Kanon in
sich zusammenbrach. Indessen ist der neuern Theologie Schleiermachers Entdeckung unverloren geblieben. Religion und Dogma sorgfältiger als Hegel
und Strauß unterscheidend, sucht sie auch im G. seinen ↔ bleibenden religiösen Gehalt von seiner wechselnden dogmatischen Form zu
sondern. Die Notwendigkeit geschichtlicher Vermittelung wird dabei, wie auf allen Gebieten des Geisteslebens, auch auf dem religiösen, rückhaltlos
anerkannt, die einzigartige Stellung der Person Christi insbesondere durch ihre Bedeutung als Trägerin der göttlichen Offenbarung und durch den Hinweis
auf die wesentliche Bedeutung der Persönlichkeit gerade auf religiösem Gebiete gerechtfertigt. Dagegen ist es nur eine niedere sinnliche Form des G.,
wenn derselbe von dem Fürwahrhalten äußerer Einzelthatsachen, Wundererzählungen u. s. w. abhängig gemacht wird. (S. Christentum
und Theologie.) – Vgl. Köstlin, Der G., sein Wesen, Grund und Gegenstand (Gotha 1859).
Glaubensartikel (lat. articuli fidei), in der kirchlichen Dogmatik (s. d.) die
einzelnen Lehrsätze; sie sind offenbarte, aus der Bibel zu schöpfende (articuli puri) oder der natürlichen Vernunft
zugängliche G. (articuli mixti), ferner G. von grundlegender Bedeutung
(articuli fundamentales), die zum Seelenheile notwendig sind und solche, von denen dies nicht gilt
(articuli non fundamentales).
Glaubensbekenntnis (lat. confessio fidei), eine Zusammenstellung der wichtigsten
Glaubensartikel einer kirchlichen Gemeinschaft, als Richtschnur für die religiöse Überzeugung ihrer einzelnen Glieder. Das G. der ältesten
Christengemeinde faßte sich in der Aussage, «daß Jesus der Christus (oder der Messias) sei» (Apostelgesch. 8,22),
zusammen, später faßte man den Gegensatz der christl. Lehre teils zum Juden- und Heidentum, teils zu den häretischen (ketzerischen) Meinungen der aus
der Kirche ausgeschiedenen Parteien in kurzen Glaubens- oder Bekenntnisformeln (Symbolen) zusammen, von deren Anerkennung man die Zulassung zur
kirchlichen Gemeinschaft und den kirchlichen Ehren abhängig machte. In der Reformationszeit legten sodann zuerst die Evangelischen, danach auch die
röm. Katholiken die Hauptpunkte ihrer Lehre in eigenen Bekenntnisschriften dar. (S. Apostolisches Symbolum,
Athanasianisches Symbolum und Symbolische Bücher.)
Glaubenseid (lat. professio fidei. sc. Romanae Tridentinae), in der kath. Kirche das
Glaubensbekenntnis, das alle Geistlichen und kirchlichen Lehrer bei Übernahme ihrer Ämter, wie alle zu dieser Kirche übertretenden feierlich ablegen
müssen. Die Formel dieses Eides ist da, wo die Dekrete des Tridentinischen Konzils ohne Einschränkung gelten, die von Papst Pius IV. nach den
Beschlüssen dieses Konzils abgefaßte, durch die Bulle vom 13. Nov. 1564 eingeführte und von Pius IX. mit Rücksicht auf die Beschlüsse des
Vatikanischen Konzils 1877 ergänzte. In Frankreich, wo die disciplinären Beschlüsse des Tridentinischen Konzils nicht angenommen wurden, erhielt der
G. für die Priester entsprechende Änderungen. Verschieden vom G. ist der Eid der Treue, den die Bischöfe beim Antritt ihres Amtes dem Papst zu leisten
haben. In der prot. Kirche fing man, im Widerspruch mit den Grundsätzen derselben, schon im Reformationszeitalter auf Veranlassung von innern
Lehrstreitigkeiten an, Geistliche, Lehrer und Kirchendiener (oft sogar sämtliche öffentliche Beamte) auf die öffentlichen Bekenntnisse zu verpflichten,
anfangs nur durch Namensunterschrift; später nahm diese Verpflichtung den Charakter eines förmlichen G. an. Seit Ende des 18. Jahrh. hat man in vielen
Län-
Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 61.