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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Gliedwasser; Glimmen; Glimmer

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Gliedwasser – Glimmer

Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Gliedschwamm'

unter dem Gelenk liegende Teil magert gewöhnlich beträchtlich ab, die Haut über der Geschwulst wird schließlich rot und blau und die ganze Gelenkgegend schwillt durch Zusammendrückung der das Blut zurückführenden Gefäße wassersüchtig an. Bricht endlich die Geschwulst auf, so ergießt sich Eiter in Menge, der bald durch Eintritt von Luft in die Eiterhöhle zur übelriechenden Jauche wird, und das ganze Knochengelenk nebst den Kapselbändern wird auf diese Weise zerstört. Dabei wird der Kranke durch schleichendes Fieber, Schweiße, Schlaflosigkeit und große Schmerzen auf den höchsten Grad der Erschöpfung gebracht, bis endlich der Tod, manchmal freilich erst nach langen Leiden, erfolgt.

Der G. befällt vorwiegend das jugendliche Alter, namentlich Kinder von 2 bis 10 Jahren, doch werden auch Erwachsene nicht verschont. Skrofulöse und gichtische Anlage, syphilitische, tuberkulöse und skorbutische Dyskrasie disponieren vorzüglich zu dieser Krankheit; äußere Beschädigungen (Stoß, Schlag, Fall, Quetschung) oder Erkältungen des Gelenks bringen meist das Übel zum Ausbruch. Der Verlauf der Krankheit ist meist ein langwieriger, über Jahre sich erstreckender. Im Anfang des Leidens erweisen sich außer einer zweckmäßigen stärkenden Diät absolute Ruhe und Unbeweglichkeit des kranken Gelenks, energische Anwendung der Kälte, methodische Kompression und die Entlastung der kranken Gelenkenden durch Extensionsverbände nützlich, während in vorgeschrittenen Stadien oft nur noch von der Ausschälung (Resektion) des ergriffenen Gelenks oder von der Amputation des Gliedes die Erhaltung des Lebens zu erwarten ist.

Gliedwasser, s. Gelenkwassersucht.

Glimmen, elektrisches, s. Elektrische Lichterscheinungen.

Glimmer, eine Mineralgruppe, deren einzelne Glieder unter anderm eine außerordentlich leichte Spaltbarkeit parallel einer Richtung besitzen, vermöge deren sie sich in ungemein feine, meist elastisch biegsame Lamellen zerteilen lassen. Sämtliche G. gehören, wie die Untersuchungen von Tschermak dargethan haben, krystallographisch dem monoklinen System an, indessen mit einer eigentümlichen Annäherung sowohl an das hexagonale als an das rhombische System, indem einerseits die Prismenwinkel fast genau 120° betragen, und durch das Hinzutreten der Längsfläche eine scheinbar hexagonale Entwicklung bedingt wird, andererseits die eigentliche schiefe Endfläche der Basis nahezu ganz horizontal steht. Dieser Basis folgt die monotome Spaltbarkeit. Chemisch sind die G. Silikate von Thonerde und Kali (oder Natron), wozu aber in vielen auch Magnesia (und Eisenoxydul) tritt; bisweilen begleitet Lithion das Kali und findet sich Eisenoxyd neben Thonerde; Kalk fehlt gewöhnlich. Immer enthalten sie Wasser, das erst beim Glühen entweicht, oft auch Fluor. Doch lassen sich manche G. noch nicht recht befriedigend auf die bei ihnen vermutete Formel zurückführen, während die Analysen von andern zur Annahme sehr komplizierter chem. Verbindungen nötigen. Die Härte ist gering, das spec. Gewicht 2,7 bis 3. Alle G. sind optisch zweiachsig, und die früher als optisch einachsig geltenden haben sich als solche mit äußerst kleinem Achsenwinkel herausgestellt; der Winkel der optischen Achsen ist indessen sehr verschieden, und auch die Lage der optischen Achsenebene weist selbst bei chemisch sehr ähnlichen Vorkommnissen manche Verschiedenheiten auf. Nur ↔ selten bilden die G. wohlgeformte Krystalle, bisweilen erscheinen sie als kurze, gedrungene sechsflächige Säulen, mehr noch als Lamellen, Blätter und Schuppen, die vielfach zusammengewoben sind.

Die beiden Hauptarten sind zunächst:

  • 1) Der Kaliglimmer oder Muskovit, ein farbloser, gelblich-, graulich-, grünlich-, rötlichweißer, überhaupt lichter G. von metallartigem Perlmutterglanz, gewöhnlich durchsichtige Spaltlamellen ergebend; im allgemeinen enthält er 46–48 Proz. Kieselsäure, 31–36 Proz. Thonerde, etwas Eisenoxyd, unter den Alkalien vorwiegend Kali (etwa 10 Proz.), kleine Mengen von Wasser und Fluor; die meisten Vorkommnisse ordnen sich der einfachen Formel R2Al2Si2O8 unter, worin R Kalium und den Wasserstoff bedeutet. Salzsäure oder Schwefelsäure greift diesen G. nicht an.
  • 2) Der Magnesiaglimmer. Dieser zerfällt wieder in mehrere Arten, deren häufigster der Biotit oder Meroxen ist, von grüner, brauner oder schwarzer, meist sehr dunkler Farbe und starkem Pleochroimus; in ihm geht die optische Achsenebene parallel dem klinodiagonalen Hauptschnitt; chemisch unterscheidet sich dieser durch konzentrierte Schwefelsäure völlig zersetzbare G. von dem Kaliglimmer durch den geringern Gehalt an Kieselsäure (38–43 Proz.) und Thonerde (11–20 Proz.), namentlich durch den größern an Eisen, sowie durch die Gegenwart der Magnesia, die mit 10–30 Proz. vorhanden, aber auch stets von etwas Kali begleitet ist. Blätter und Schuppen dieser beiden Mineralien sind sehr weit verbreitet, als wesentliche Gemengteile mancher alten Gesteine, z. B. von Granit, Gneis, Glimmerschiefer, Glimmerporphyr, in gewissen Syeniten, Dioriten u. s. w.; Biotit (kein Kaliglimmer mehr) findet sich auch in jüngern Eruptivgesteinen, wie Trachyt, Andesit, Basalt und den zugehörigen Laven. Granite und Gneise beherbergen bisweilen beiderlei G. nebeneinander. Durch parallel gelagerte winzige Glimmerschüppchen gewinnen viele sedimentäre Gesteine, wie Thonschiefer, Sandstein, auch krystallinische Schiefer, eben ihr schieferiges Gefüge und ihre leichte Spaltbarkeit in Platten. Kaliglimmer erscheint daneben vielfach als Umwandlungsprodukt anderer Mineralien, z. B. von Granat, Cordierit, Orthoklas, Turmalin, Andalusit, Korund u. s. w.

Andere seltenere Glieder der Glimmergruppe sind der Anomit, ein dem Biotit äußerlich und chemisch sehr ähnlicher Magnesiaglimmer, bei dem aber die optische Achsenebene senkrecht auf dem klinodiagonalen Hauptschnitt steht, der helle Phlogopit, ein fast ganz eisenfreier Magnesiaglimmer, und der rabenschwarze Lepidomelan, sehr reich an Eisen, auch kalihaltig, aber äußerst arm an Magnesia, der stellenweise in Graniten den Biotit vertritt. Durch ihren Gehalt an Lithion und Fluor ausgezeichnet sind der graue oder bräunliche eisenreiche, optisch wie Biotit beschaffene Zinnwaldit, der namentlich auf Zinnerzlagerstätten vorkommt, auch in gewissen Graniten, insbesondere zinnerzführenden, eine Rolle als Gemengteil spielt; sodann der oft pfirsichblütrote, eisenfreie und optisch sich wie Anomit verhaltende Lepidolith von Chursdorf bei Penig, Rožna in Mähren, Juschakowa im Ural (mit 8,7 Proz. Fluor) und Paris in Maine. Beides sind sonst Kaliglimmer; sie enthalten oft kleine Mengen von Cäsium, Rubidium, Thallium. Ein dem Kaliglimmer (Muskovit) ganz entsprechend zusammengesetzter Natronglimmer ist der Paragonit vom Monte-

Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 77.