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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Gottz (Hermann, Freiherr von der) - Goltz (Kolmar, Freiherr von der)
bürg. Seme Untersuchungen betreffen besonders
dieHerzsunktion und die Blutbewegung, den Venen-
tonus, den Tastsinn und die Bedeutung der Bogen-
gänge des Ohrlabyrinths; ganz besondere Verdienste
hat er sich um die Erforschung der Funktionen der
Nervencentren, besonders um die Lehre von den
Nervenresteren, erworben. Außer Abhandlungen,
die zumeist in Virchows "Archiv für pathol. Ana-
tomie, Physiologie und klinische Medizin", sowie in
Pstügers "Archiv für Physiologie" erschienen, schrieb
er: "Beiträge zur Lehre von den Funktionen der
Nervencentren des Frosches" (Berl. 1869), "über die
Verrichtungen des Großhirns" (Bonn 1881). In
der Streitschrift "Wider die Humanaster" (^trahb.
1883) bekämpfte er die Gegner der Vivifektion.
Goltz, Hermann, Freiherr von der, prot. Theo-
log, geb. 17. März 1835 zu Düsseldorf, studierte zu
Erlangen, Berlin, Tübingen und Bonn, wurde
nach dreijährigem Ausenthalt in der franz. Schweiz
und in Frankreich 1861 preuß. Gefandtfchaftspre-
diger in Rom, 1865 außerord., 1870 ord. Professor
in Basel. 1873 ging er als Professor der systema-
tischen Theologie nach Bonn, nahm als Deputierter
der dortigen Fakultät an der außerordentlichen Ge-
neralsynode von 1875 regen Anteil und folgte 1876
einem Ruf nach Berlin als ord. Honorarprofessor,
Oberkonsistorialrat, Mitglied des Oberkirchenrats
und Propst zu St. Petri; 1883 wurde er wieder
ordentliches Mitglied der tbeol. Fakultät, 1892 Vice-
präsident des Evangelischen Oberkirchenrats. G. ist
Vertreter der preuß. Klrchenregierung bei der Eise-
nacher Kirchenkonferenz ('s. d.), Mitglied der theol.
Prüfungskommission für Brandenburg, Vorsitzender
der deutschen Lutherstiftung, sowie an der Begrün-
dung und Leitung des evang.-kirchlichen HilfsVereins
und andern Aufgaben der innern Mission lebhaft
beteiligt. Seit 1891 ist ihm die Direktion in der
Revisionsarbeit für die Agende der preuß. Landes-
kirche übertragen. Er schrieb u. a.: "Die reform.
Kirche Genfs im 19. Jahrh." (Bas. 1862), "Gottes
Offenbarung durch die heilige Geschichte" (ebd.
1868), "Die christl. Grundwahrheiten" (Gotha 1873),
"Die Grenzen der Lehrfreiheit in Theologie und
Kirche" (Bonn 1873), "Synodalfragen, zur Orien-
tierung über die bevorstehende Synode" (mit Ad.
Wach, ebd. 1874), "Tempelbilder aus dem Leben
des Herrn Jesu" (Predigten, Verl. 1877; 2. Aufl.
1879), "Unser Kampf gegen Rom in den gemifchten
Ehen" (ebd. 1886).
Goltz, Karl Friedrich, Graf von der, preuh. Ge-
neral der Kavallerie, geb. 12. April 1815 zu Stutt-
gart, Sohn des Generallieutenants und Gefandten
Grafen Heinrich von der G. (gest. 1822), trat 1832
in das preuß. 1. Kürassierregiment zu Breslau ein,
wurde 1833 Offizier und nahm im Gefolge des franz.
Marschalls Bugeaud 1844-45 am Feldzuge m Al-
gerien teil, wurde 1848 Adjutant des Prinzen von
Preußen (spätern Kaisers Wilhelm), den er 1849
auf dem Zuge nach Baden begleitete. G. wurde
1849 zum Rittmeister, 1855 zum Major befördert,
1859 als Oberstlieutenant Commandeur desKönigs-
Husarenregiments in Bonn und 1861 Flügeladju-
tant des Königs. Seit 1864 befehligte G. die 14. Ka-
valleriebrigade, die er auch 1866 im Feldzug gegen
Österreich führte, wurde 1868 Commandeur der
Garde-Kavalleriedivision und nahm mit dieser an
den Schlachten von Gravelotte, Sedan und der Ein-
schließung von Paris teil, nachdem er im Juli 1870
zum Generallieutenant und Generaladjutanten be-
fördert worden war. Im Okt. 1872 gab G. das
Kommando der Gardekavallerie ab und wurde 1873
Chef des reitenden Feldjägerkorps, 1875 Generalder
Kavallerie. Bei Gelegenheit seines fünfzigjährigen
Dienstjubiläums 1883 erhielt er den Schwarzen
Adlerorden. 1888 auf sein Ansuchen verabschiedet,
verblieb er dienstthuender Generaladjutant Kaiser
Wilhelms I. bis zum Tode des Kaisers.
Goltz, Kolmar, Freiherr von der, preuß. General-
major, Militärschnftsteller und türk. Pascha, geb.
12. Aug. 1843 zu Bielkenfeld bei Labiau in Ost-
preußen, wurde im Kadettenkorps erzogen und trat
1861 in das 41. Infanterieregiment. 1864-67
besuchte er die Kriegsakademie zu Berlin, nahm
am Feldzuge 1866 teil und wurde 27. Juni bei
Trautenau verwundet. 1868 wurde G. zur Dienst-
leistung bei der topogr. Abteilung des Großen
Generalstabes kommandiert und bei den Feldarbeiten
der Landesaufnahme befchäftigt. 1870 trat er als
Generalstabsofsizier in das Oberkommando der
Zweiten Armee und nahm an den Schlachten bei
Vionville, Mars-la-Tour, Gravelotte, der Ein-
fchließung von Metz fowie an den Kämpfen bei
Orleans, an der Loire und bei Le Mans teil. Nach
dem Friedensfchlusse kam er zunächst als Lehrer
an die Kriegsschule zu Potsdam, wurde jedoch
schon Okt. 1871 als Hauptmann in den Großen
Generalstab versetzt und der kriegsgeschichtlichen
Abteilung desselben überwiesen. In dieser Stel-
lung veröffentlichte er zwei wertvolle durch Zu-
verlässigkeit des Inhalts und Objektivität aus-
gezeichnete Werke: "Die Operationen der Zweiten
Armee bis zur Kapitulation von Metz" (Berl.
1874) und "Die sieben Tage von Le Mans" (ebd.
1874). Nachdem G. 1874 zum Generalstabe der
6. Division versetzt war, veröffentlichte er "Die Opera-
tionen der Zweiten Armee an der Loire" (Berl. 1875)
und "Leon Gambetta und seine Armeen" (ebd. 1877;
auch französisch erschienen). Da er in letztcrm Werk
seine mit den bestehenden Anschauungen nicht über-
einstimmende Meinung über die Dauer der aktiven
Dienstzeit allsgesprochen hatte, wurde G. 1877
in das Infanterieregiment Nr. 96 versetzt, erhielt
aber schon im folgenden Jahre eine abermalige
Berufung an die kriegsgeschichtliche Abteilung des
Großen Generalstabes und wirkte gleichzeitig als
Lehrer der Kriegsgeschichte an der Kriegsakademie.
Im Juni 1883 wurde er nach Konstantinopel beur-
laubt, um dort die Organisation und obere Leitung
der türk. Militärbildungsanstalten zu übernehmen.
1886 erhielt er vom Sultan Abd ul-Hamid II. den
Auftrag, im Verein mit dem türk. General Mouz-
zaffer Pascha einen Plan für die Neugestaltung der
türk. Armee auszuarbeiten, der dann als Grund-
lage für die Reorganifation diente. Aus ihr ging das
neue türk. Wehrgesetz (Rekrutierungsreglement), eine
neue Landwehrordnung sowie eine Anzahl anderer
Gesetze und Reglements über die Organisation der
ottomanischen Wehrkraft hervor. G. ist Mitarbeiter
vieler, namentlich militär. Zeitschriften und genießt
sowohl in Fachkreisen als auch im größern Publikum
einen wohlverdienten Ruf. Er schrieb noch "Das
Volk in Waffen" (4. Aufl., Verl. 1890), "Roßbach und
Jena" (ebd. 1883) sowie mehrere in türk. Sprache
erschienene Lehrschriften: " Generalstabsdienst"
("Nri^Hn-i-IiHld-^aLaiü"), "Handbuch für den türk.
OfsizierimFelde"("8a,ditan>irlÄcIi88u8-iii0uc1it6rN"),
eine der deutschen nachgebildete Felddienstordnung
("Hi8MLt-i-86k6ri6"), eine Lehre des Festungskrieges