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Golther - Goltz (Friedr.)
Außer zahlreichen Werken für Cello schrieb G. eine Sinfonie (1851), Sonaten, Ouverturen, Lieder u. s. w.
Golther, Ludwig von, württemb. Minister, geb. 11. Jan. 1823 in Ulm, studierte in Tübingen die Rechte, wurde 1847 Gerichtsaktuar in Künzelsau, 1850 Oberjustizassessor in Ellwangen, 1851 Regierungsrat bei der Ablösungskommission und 1858 Oberregierungsrat im Ministerium des Innern. Als Staatsrat von Rümelin, Chef des Kultusdepartements, infolge der Ablehnung des Konkordats seitens der Kammer (16. März 1861) seine Entlassung einreichte, wurde G. sein Nachfolger. Er legte, nachdem das Konkordat aufgekündigt war, den Kammern ein Kirchengesetz vor, wonach, wie in Baden, das Verhältnis des Staates zur kath. Kirche auf dem Wege der Gesetzgebung geregelt wurde (30. Jan. 1862), und gab später in seinem Werke: «Der Staat und die kath. Kirche im Königreich Württemberg» (Stuttg. 1874) eine gründliche Darstellung dieses Verhältnisses. Bei der Thronbesteigung des Königs Karl (1864) wurde G. zum wirklichen Minister befördert und 1867 zum Präsidenten des Geheimen Rats ernannt. Als Vertreter des großdeutschen Standpunktes sah er sich im März 1870 genötigt zurückzutreten und wurde nun zum Präsidenten des evang. Konsistoriums ernannt. Er starb 17. Sept. 1876 in Stuttgart. Aus G.s Nachlaß erschien mit einem Vorwort von Fr. Th. Vischer die Studie «Der moderne Pessimismus» (Lpz. 1878).
Goltsch-Jenikau, Stadt im Gerichtsbezirk Habern der österr. Bezirkshauptmannschaft Časlau in Böhmen, an der Linie Wien-Tetschen der Österr. Nordwestbahn, hat (1890) 2247 E., Post, Telegraph, eine 1827 vom Grafen Herberstein-Moltke erbaute Dekanalkirche, eine 1648 vom Grafen Goltsch erbaute Lorettokapelle mit Altarbildern von Brandl und einem Marmordenkmal der Gräfin Goltsch, Synagoge, 1650 erbautes Schloß mit Park und Herrschaft (1889 ha), Liqueurfabrik, Lohgerberei, Weberei und Brauereien. Kaiser Ferdinand Ⅲ. schenkte die konfiszierte Herrschaft dem General Freiherrn von Goltsch, von dem die Stadt den Namen annahm.
Goltz, von der, ein in sämtlichen preuß. Provinzen blühendes, teils freiherrliches, teils gräfl. Geschlecht. Gegen Ende des 13. Jahrh. ließ sich Arnold von der G. aus Polen in Pommern und den Marken nieder und stiftete durch seine beiden Söhne die beiden Hauptlinien des Geschlechts.
A. Die ältere (weiße) von Reppow mit den Unterlinien von Heinrichsdorf (gräflich seit 1786 und 1789), Sortlack (ein Zweig gräflich seit 1787) sowie deren weitern Zweigen Leissinen, Fingatten, Domnau, vormals Mertensdorf, und Groß-Lauth, dann Giesen und Brotzen.
Der niederländ. (ältere) Zweig der gräfl. Linie Heinrichsdorf ist im Mannsstamme seit Dez. 1863 mit dem niederländ. Oberstlieutenant Grafen Wilhelm Johann von der G. erloschen.
B. Die jüngere (schwarze) Hauptlinie von Wuhrow mit den Häusern Curtow und Clausdorf. Dieser Clausdorfer Zweig hat sich wieder in einen ältern freiherrlichen Ast mit den Unterabteilungen Schellin, Consbruch und Pogdanzig und einen jüngern gräflichen (gräflich seit 1786) geteilt. – Vgl. Friedr. Freiherr von der Goltz, Nachrichten über die Familie der Grafen und Freiherren von der G. (Straßb. 1885).
Goltz, August Friedr. Ferdinand, Graf von der, preuß. Staatsmann, geb. 20. Juli 1765 zu Dresden, studierte in Leipzig und Frankfurt a. O., ^[Spaltenwechsel] trat 1787 in preuß. Staatsdienst, wurde 1788 Geh. Legationsrat in Warschau, 1791 Gesandter in Kopenhagen, 1793 in Mainz. 1797 erhielt er eine Sendung nach Stockholm. Seit 1802 Gesandter in Petersburg, folgte er 1807 dem Kaiser von Rußland in das Hauptquartier und übernahm hierauf die Leitung der auswärtigen Angelegenheiten, worauf er gemeinschaftlich mit dem Grafen von Kalckreuth den Frieden zu Tilsit abschloß und 1808 Preußen auf dem Kongreß zu Erfurt vertrat. Infolge der neuen Organisation des preuß. Ministeriums wurde er sodann Geh. Staats- und Konferenzminister und beteiligte sich an der Feststellung der Verhältnisse zwischen Preußen und Frankreich 1812. Beim Beginn des Befreiungskrieges blieb er als Präsident der Regierungskommission in Berlin. Als nach dem ersten Pariser Frieden Hardenberg die Leitung des Auswärtigen wieder übernahm, wurde G. Oberhofmarschall, 1816 Gesandter am Bundestage und 1817 Mitglied des Staatsrats. Nach seiner Abberufung vom Bundestage 1824 trat er wieder als Oberhofmarschall ein und starb 17. Jan. 1832.
Goltz, Bogumil, humoristischer und moralphilos. Schriftsteller, geb. 20. März 1801 in Warschau, besuchte die Gymnasien zu Marienwerder und Königsberg, erlernte 1817–21 die Landwirtschaft und hörte dann auf der Universität Breslau philos. und philol. Vorlesungen; 1823 kaufte er das Gut Lissowo bei Thorn, gab jedoch später den Gutsbesitz auf und lebte seit 1830 in Gollub philos., histor. und ästhetischen Studien, siedelte aber 1847 nach Thorn über, unternahm größere Reisen und starb 12. Nov. 1870 in Thorn. Seinem «Buch der Kindheit» (Frankf. 1847; 4. Aufl., Berl. 1877), das seinen Ruf begründete und das mit Erfolg in den Bahnen Jean Paulscher Gefühlsträumerei und Weltabwendung wandelt, stellten sich unter seinen frühern Schriften namentlich «Ein Jugendleben. Biogr. Idyll aus Westpreußen» (3 Bde., Lpz. 1851; 2. Aufl., 4 Bdch., 1865) und die Reisebilder «Ein Kleinstädter in Ägypten» (Berl. 1853; 3. Aufl. 1877) an die Seite. Ein Werk von großer Originalität und bleibendem Wert ist namentlich «Der Mensch und die Leute» (5 Hefte, Berl. 1858), in welchem er tieferfaßte und scharfgezeichnete Bilder der Rassen und Völker entwirft. Daran schließen sich «Die Deutschen» (2 Bde., Berl. 1860; 2. Aufl. u. d. T.: «Zur Charakteristik und Naturgeschichte des deutschen Genius», 1864), «Feigenblätter» (3 Bde., ebd. 1861–64), «Zur Charakteristik und Naturgeschichte der Frauen» (ebd. 1859; 5. Aufl. 1874), «Typen der Gesellschaft» (2 Bde., Grünberg 1860; 4. Aufl., Berl. 1867), «Die Bildung und die Gebildeten» (2 Bde., Berl. 1864; 2. Aufl. 1867), «Vorlesungen» (2 Bde., ebd. 1869) und «Die Weltklugheit und die Lebensweisheit mit ihren korrespondierenden Studien» (2 Bde., ebd. 1869). G.' Schilderungen und Erzählungen, namentlich wo diese Selbsterlebtes enthalten, sind wahr und lebendig. Bei Entwicklung seiner Ideen giebt sich jedoch nicht selten Mangel an künstlerischer Abrundung und innerer Ökonomie kund, sodaß seine Darstellung ermüdend wird. – Vgl. Gottschall, Bogumil G. (in «Unsere Zeit», Lpz. 1871).
Goltz, Friedr., Physiolog, Neffe von Bogumil G., geb. 14. Aug. 1834 zu Posen, studierte 1853–57 zu Königsberg in Preußen Medizin, habilitierte sich 1861 als Privatdocent und wurde 1865 außerord. Professor. 1870 wurde er ord. Professor der Physiologie in Halle a. S., 1872 in Straß-^[folgende Seite]