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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Graphophon - Graphotypie
tigt; die unstudierteste Schriftprobe ist die für den
Graphologen wertvollste. Die G. beruht ans ver-
gleichender Beobachtung und daraus gezogenen
Schlüssen. Freudig erregte Menschen z. V. richten
sich höher auf, traurige und niedergeschlagene sinken
zusammen. Daher erschließt der Grapholog aus der
aufsteigenden Linie freudiges, zuversichtliches Vor-
wärtsstreben, aus der sinkenden aber je nach dem
Grad der Senkung Verzagtheit bis Melancholie.
Ferner achtet der Grapholog darauf, ob die Schrift
auffallend groß oder klein, weit oder gedrängt, rund
oder spitzig, schiefliegend oder gerade, einfach oder
geschnörkelt ist und was sie für besondere Merkmale
in den einzelnen Zügen trägt; aus diesen Beobach-
tungen werden dann weitere Einzelheiten des Cha-
rakters erschlossen. Ein ital. Gelehrter Camillo
Baldo schrieb 1622 ein Bnch über die Sache; ein
positives System formulierte der franz. Abt I. H.
Michon (gest. 1881). - Vgl. Michon, 8Möm6 äs
Fi-aplioloZiL (Par. 1875; 6. Aufl. 1880); Schwied-
!and, Die G.: Geschichte, Theorie und Begründung
der Handschriftendeutung (1. und 2. Aufl., Berl.
1883); Scholz, Die Handschrift und ihre charakte-
ristischen Merkmale (Bremen 1885); Machner, über
G. (Zur. 1888). Die Jahrgänge 1880, 1887 und
1888 der Zeitschrift "Von Fels zum Meer" ent-
kalten eine vollständige Darlegung der grapholo-
gischen Lehre in gedrängter Form von Amselmann.
In Paris erscheint ein Fachblatt: "I^a. Orapko-
10^16", redigiert von Varinard.
Graphophön, eine Modifikation des Phono-
graphen (s. d.), die von Tainter (1889) herrührt.
Die Walze wird beim G. durch ein Schwungrad mit
Tritt, beim Phonographen durch einen Elektromotor
in gleichmäßigen Umlauf gefetzt.
Graphospäsmus (grch.), der Schreibkrampf.
Graphoftatik oder graphifche Statik, die
Stabilitätsunterfuchung einer Konstruktion für bau-
liche Zwecke durch Rechnung oder auf graphifchem
Wege, d. h. durch geometr. Konstruktion. Die G.
ietzt uns in den Stand, auf zeichnerifchem Wege die
Spannungen zu ermitteln, welche in den einzelnen
Teilen einer Konstruktion (Brücke, Dach u. s. w.)
herrschen. Ihre Vorzüge sind: Übersichtlichkeit durch
Schaffung von Figuren gegenüber den toten Zahlen-
reihen der Rechnung, leichtere Aufsindung eines
Fehlers, Kontrolle der rechnerifchen Methode, ge-
ringerer Zeitaufwand und weniger Ermüdung. Die
G. wird jetzt viel von den Ingenieuren angewandt
und wird an jeder höhern technifchen Lehranstalt
vorgetragen. Die Grundbegriffe sind das Kraft-
volygon, das Seilpolygon und der Kräfte-
plan, eine Aneinanderreihung verschiedener Kraft-
poly^onc. Die bcigedruckten Fig. 1 u. 2 geben
ein Bild von der Anwendung der G. zur Ermitte-
lung der Spannungen, welche durch eine gleichmäßig
verteilte, zufällige Last (I-VII, denen die Auf-
lagerdrücke ^ und V entsprechen) in den Stäben
eines Daches entstehen, welches nach dem System
des zweifachen Polonceauträgers (Fig. 1) gebildet
ist. Für die äußern Kräfte wird ein der Zeichen-
fläche entsprechender Maßstab gewählt, sodaß die in
Tonnen angegebene Kraft als Linie aufgetragen
werden kann. Durch Ziehen von Linien parallel
den Stäben des Daches nach gewissen Regeln er-
hält man die durch Fig. 2 gegebene, in diesem Falls
symmetrische Figur des Kräfteplans. Nrästeplan
und Stabsystem sind sonach reciproke Figuren. Die
Spannung, die dem Stäbe 1 entspricht, ist die im
Kräfteplan mit 1 bezeichnete Länge, welche, auf dem
,9
Fig. 2.
Kräftemaßstab abgegriffen, die Spannung in Ton-
nen ergiebt. Ob der Stab gedrückt oder gezogen ist,
ist nach Regeln leicht zu ermitteln; der gedrückte
Stab wird im Kräftcplan mit doppelten Linien, der
gezogene mit einfachen Linien dargestellt. Die wich-
tigsten Werke über G., die zuerst Culmann syste-
matisch behandelt hat, sind: Culmann, Die gra-
phische Statik (1. Aufl., Zür. 1866; 2. Aufl. des
1. Teils, ebd. 1875); Levy, 1.3. Ltati^us L^i^ihus
6t 868 HpMc9,t1oii8 Qnx c0N3ti-ucti0ii3 (mit Atlas,
Par. 1874); Iay du Vois, 1d6 6i6M6nt3 ot'^^-
pkical 8tatic auä tkeir application to tranig
8trucwr68 (1. Aufl., Neuyork 1875; 2. Aufl., ebd.
1877); Steiner, Die graphifche Zusammensetzung
der Kräfte (Wien 1875); Greine, ^rapkica,! ana-
1)^86 0lr00ktru3868 (Chicago 1876); Favaro,I^62i0ni
äi 3tktic3. Fi-apliica (Padua 1877); Wenck, Die gra-
phifche Statik. Ein Lehrbuch für den Unterricht an
Baugewertschulen u. s. w. (Berl. 1879); von Ott,
Das graphische Rechnen und die graphische Statik
(4. Aufl., Prag 1879-85); Bauschmger, Elemente
der graphischen Statik (ohne Anwendung der neuern
Geometrie, 2. Aufl., Münch. 1880); H. Müller-
Vreslau, Elemente der graphischen Statik der Vau-
konstruktionen für Architekten und Ingenieure (mit
einem Atlas, ebd. 1881). Wichtige Beiträge zur
graphifchen Statik lieferten auch Maxwell, Cre-
mona, Rantine, Mohr u. a.
Graphotypie, eine von dem Engländer Hitch-
cock erfundene, jetzt durch die Zinkographie (s. d.)
verdrängte Manier zur Herstellung von Illustra-
tionsdruckplatten. Mit pulverisierter, mit einem
Bindemittel gemischter Kreide wird eine Metallplatte
überzogen und sodann dem kräftigen Druck einer
hydraulischen Presse ausgesetzt. Auf der so präpa-
rierten Platte arbeitet der Künstler mit einer eigenen,
leicht flüssigen Tinte und mittels Feder und Pinsel
so, wie er seine Zeichnung aus dem Papier zu sehen