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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Grönländischer Föhn - Gronov
der Ostküste, umschiffte Kap Farewell, durchforschte zwei Jahre die Westküste und kehrte dann 985 nach Island zurück. Er gab dem neuen Lande den Namen Grünland, um Auswanderer anzulocken. Wirklich liefen noch 986 25 Fahrzeuge mit ihm aus, von denen aber nur 14 G. erreichten. Im Eiriksfjördr wurden die ersten normänn. Niederlassungen begründet. Leifr, der Sohn des Roten Erik, führte das Christentum ein, und 1124 wurde unter Beihilfe des norweg. Königs Sigurd Jorsalafari ein eigenes Bistum für G. gegründet, dessen Bischöfe bis 1378 in Gardar in der Nähe von Julianehaab residierten. Die von Erik und feinen Landsleuten
gegründeten Ansiedelungen zerfielen in zwei Bezirke: die Vestri- und Eystribygd (West- und Ostamt), beide an der Westküste. In beiden wurden 1 Kathedrale, 15 Kirchen und Kapellen, 280 Hofe, die bisweilen 30-50 Bewohner hatten, 1 Augustiner- und 1 Benediktinerkloster gezählt, sodaß die Gesamtzahl der Europäer 4000 betragen haben mag. Bis 1261 war G. ein selbständiger Freistaat mit einer Verfassung nach isländ. Muster, Häuptlingen (godar) mit Dingleuten unter sich, Gesetzsprecher (lögmadr) und Landesgemeinden zu Gardar. Das sociale und geistige Leben der Grönländer war den gleichzeitigen Zuständen Islands sehr ähnlich, die Sagendichtung hier wie dort im Schwünge. 1261 wurde G. ein Nebenland der norweg. Krone und kam durch letztere 1397 in die Union mit Dänemark und Schweden. Bis um die Mitte des 14. Jahrh. befand sich die Kolonie in blühendem Zustande. Der letzte Bischof, der seine Diöcese wirklich besuchte, ist Alfr (1365-78), wogegen dessen Nachfolger nur noch als Weihbischöfe in Norwegen, Schweden und Dänemark thätig sind, bis auch mit Vincentius Kämpe (1520-37) die Reihe der Titularbischöfe schließt.
Die Ursachen des etwa um die Mitte des 14. Jahrh. beginnenden Verfalls dieser Niederlassungen sind in der verkehrten Handelspolitik der norweg. Könige, den Einfällen der seit 1350 vom arktischen Amerika ostwärts nach G. und dann südwärts vordringenden Eskimo und namentlich in den Verheerungen einer Flotte der Skrälingar um 1418, keineswegs aber, wie man gemeint hat, in einer plötzlichen Veränderung des Klimas zu suchen. Über diese letzten Angriffe der Skrälingar giebt eine Urkunde Papst Nikolaus’ V. von 1448 Ausschluß, welche die Reihe der auf das altnordische G. bezüglichen Dokumente abschließt.
Seitdem war aller Verkehr mit der civilisierten Welt abgebrochen. Die Expeditionen von 1579, 1605, 1606, 1607, 1636 und 1670, welche die dän. Könige aussandten, um die Kolonie wieder aufzufinden, blieben erfolglos. 1576-78 sah Frobisher einen Teil von G., 1585-87 befuhr Davis die Westküste, und zwar 1587 bis 72° 12' nördl. Br., 1607 Hudson die Nordostküste bis 73° und 1616 Bassin die Westküste bis 78° nördl. Br., ohne daß eine alte europ. Niederlassung ausgefunden worden wäre. Um die Mitte und in der zweiten Hälfte des 17. Jahrh. wurde die Ostküste von Holland. Walfischfängern mindestens bis zum 77.° nördl. Br. oft genug befahren. Erst 1727 gelang es unter Friedrich IV. von Dänemark, nachdem Hans Egede (s. d.) sich 1721 der verwilderten Eskimo angenommen und die Niederlassung Godthaab gegründet, auf der Westküste festen Fuß zu fassen. Seitdem wurden, besonders nachdem 1733 auch die Herrnhuter ihre Missionen hierher gesandt, mehrere Niederlassungen gegründet (drei Handelsetablissements unter Leitung Jakob Severins, 10 weitere von einer 1747 gestifteten, 1774 durch die Krone aufgehobenen Handelscompagnie), wobei die Kolonisten durch die europ. und amerik. Walfischfänger wesentlich gefördert wurden. Nachkommen der Normänner fand man nirgends, wohl aber an vielen Stellen der Westküste Spuren, wie Runen und Grabsteine Mit Runen- und isländ. Schrift aus dem 12. Jahrh., lange Reihen von Särgen mit Skeletten und Ruinen. 1818 entdeckte John Roß die nördl. Teile der Westküste vom 76.° nördl. Br. ab; später wurden durch Inglefield (1852), Kaue (1853-55), Hayes (1860-61) diese Entdeckungen noch weiter bis zu 82° 30' nördl. Br. fortgesetzt. Die Ostküste erforschte 1822 Scoresby von 69° 13' bis 75° und 1828-30 der Däne Graah bis 65° 14' nördl. Br. Letzterer brachte es zur Gewißheit, daß die Eystribygd nicht auf der Ostküste, sondern auf dem südlichsten Teile der Westküste gelegen haben muß. Das alte Ostamt, der wichtigste Teil des frühern Kolonialgebietes, ist der südlichste des jetzigen Distrikts Julianehaab. Die Deutsche Expedition 1869-70 erforschte diese Küste bis in 77° nördl. Br. Seit 1878 läßt die dän. Regierung die Küsten systematisch erforschen und die gewonnenen Resultate in der Zeitschrift "Meddelelser om G." niederlegen. Auch besuchen jährlich kleinere Expeditionen G. zur geogr. und biolog. Erforschung des Landes. Neben dielen Forschungen in den eisfreien Küstengebieten hat es auch niemals an Versuchen gefehlt, in das Innere des Landes einzudringen. Die ersten Versuche waren erfolglos, so die von Dalager 1751, Nordenskiöld und Berggren 1870, Jensen und Kornerup 1878. Erst 1883 gelang es Nordenskiöld, vom Auleitsivik-Fjord aus tief in das Innere einzudringen und das Fehlen eisfreier Gegenden zu konstatieren, und 1888 vollbrachte der Norweger Nansen zum erstenmal eins Durchquerung der Insel von Gyldenlöve-Fjord an der Ostküste nach Godthaab an der Westküste.
Litteratur. Außer den vielen Polarreisen und den Werken der beiden Egede vgl. Cranz, Historie von G. (2 Bde., Barby u. Lpz. 1765-70); Scoresby, Tagebuch einer Reise nach der Ostküste von G. (deutsch von Kries, Hamb. 1825); Graah, Reise til Östkysten of G. (Kopenh. 1832); Rink, G. geographisk og statistisk beskrevet (2 Bde., ebd. 1852-57; deutsch, Stuttg. 1860); ders., Eskimoiske Eventyr og Saga (2 Bde., Kopenh. 1866-71); ders., Danish Greenland (Lond. 1877); Fries, G. dess natur och innevånare (Ups. 1873); Hayes, The land of desolation (Lond. 1871); Die zweite Deutsche Nordpolfahrt in den J. 1869 und 1870, Bd. 1 (Lpz. 1874); Nordenskiöld, G. Seine Eiswüsten im Innern und seine Ostküste (ebd. 1886); Drygalski, G. (in "Verhandlungen der Gesellschaft für Erdkunde", Berl. 1891); ders., G.s Gletscher und Inlandeis (in "Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde", ebd. 1891); Wissenschaftliche Ergebnisse von Nansens Durchquerung von G. (Petermanns "Mitteilungen", Ergänzungsheft 105, Gotha 1892) und die Zeitschrift "Meddelelser om G."
Grönländischer Föhn, ein warmer Südostwind Nordgrönlands, der im Winter auftritt und seinem Ursprung nach dem Föhn (s. d.) ähnlich ist.
Gronov, bei naturwissenschaftlichen Namen Bezeichnung für Lorenz Theodor Gronov (s. d.).
Gronov, latinisiert Gronovius, Joh. Friedr., Altertumsforscher, geb. 8. Sept. 1611 zu Hamburg,