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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Größenlehre; Großen-Linden; Großenlüder; Größenwahn; Groß-Enzersdorf; Großer Belt; Großer Geysir

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Größenlehre - Großer Geysir

bezeichnet. Diese Einteilung nach G. hat man auch bei den noch schwächern, nur im Fernrohr sichtbaren Sternen fortgesetzt, doch stimmen die einzelnen Beobachter bei diesen niedern G. weniger gut untereinander überein. Das Helligkeitsverhältnis zweier aufeinander folgender G. ist etwa 2,5, d. h. z. B. ein Stern 5. Größe sendet uns etwa zwei und ein halb mal weniger Licht zu als ein Stern 4. Größe. In England ist seit Herschel eine andere Größenskala noch gebräuchlich, sodaß die Sterne unserer 14. Größenklasse etwa der 20. nach Herschel entsprechen.

Größenlehre, soviel wie Mathematik (s. d.).

Großen-Linden oder Großlinden, Stadt im Kreis Gießen der hess. Provinz Oberhessen, 7 km südlich von Gießen, am Kleebach und an der Linie Gießen-Frankfurt der Preuß. Staatsbahnen, hat (1890) 1426 meist evang. E., darunter 33 Israeliten, Postagentur, Telegraph, eine alte Kirche (10. Jahrh.) und ein Rathaus, das den Tempelherren gehört haben soll; 3 Liqueur- und 2 Cigarrenfabriken. In der Nähe Braunsteingruben und Kalkofen. G. wurde 1575 Stadt.

Großenlüder, Dorf im Kreis Fulda des preuß. Reg.-Bez. Cassel, 11 km nordwestlich von Fulda, an der Lüder und an der Linie Gießen-Fulda der Oberhess. Eisenbahn, Sitz eines Amtsgerichts (Landgericht Hanau), hat (1890) 1586 E., Post, Telegraph und eine Bitterwasserquelle (Hess. Bitterwasser), deren Wasser in Salzschlirf zur Vor- und Nachkur getrunken wird.

Größenwahn, Wahnideen mit dem Inhalt der Selbstüberschätzung bezüglich Vermögen, socialer Stellung, Körper- und Geisteskraft, kommt bei verschiedenen Geisteskrankheiten vor, bildet also wissenschaftlich betrachtet keine Krankheit für sich, sondern nur ein Symptom. G. tritt in mehrern Formen auf, deren Unterscheidung praktisch wichtig ist, insofern als die einen auf ein tieferes, unheilbares Leiden, die andern auf leichtere Störungen des Gehirns hinweisen. In mehr bescheidener, innerhalb der Grenzen des Möglichen sich haltender Weise tritt G. auf bei der einfachen heilbaren krankhaften Hirnreizung, die "Manie" genannt wird: die Kranken bezeichnen sich in mehr allegorischem Sinne als Generale, Könige u. s. w., ohne diesen wechselnden Einfällen größeres Gewicht beizulegen; in völlig sinnloser, alles Mögliche überschreitender Form tritt der G. auf bei der sog. "Hirnerweichung" (s. Progressive Paralyse der Irren), wo die Kranken sich für den Weltkaiser, Obergott, Weltbetriebsdirektor u. dgl. m. ausgeben, Millionen Jahre alt zu sein behaupten, jeden noch so geringfügigen Dienst eventuell mit Milliarden belohnen, dabei aber fortwährend die specielle Ausdrucksweise ihrer Selbstüberschätzung ändern und sich in den größten Widersprüchen bewegen, ohne es zu bemerken. Ein ähnlicher G. findet sich auch bei vorübergehenden Hirnreizzuständen an sich schwachsinniger Personen, ohne indes jene Mannigfaltigkeit der Phantasieprodukte zu zeigen. Endlich bildet der G. auch ein häufiges Symptom der sog. chronischen Verrücktheit, wo Jahrzehnte hindurch eine und dieselbe Größenidee ("fixe Idee") festgehalten wird (bald religiösen Inhalts, z. B. Christus zu sein, bald politischen, z. B. ein Königskind zu sein, u. s. w.). Hier verarbeitet der Kranke in logischer Weise allerhand wahnhafte Wahrnehmungen wie überhaupt alle seine Gedanken zu einem Wahnsystem, sodaß er die Widersprüche seiner wirklichen und seiner eingebildeten Stellung in subjektiv befriedigender Weise beseitigt. Wenn hier, wie dies meist der Fall, gleichzeitig Verfolgungswahnsinn vorhanden ist, so wird auch dieser in das Wahnsystem einbezogen, und der Kranke erklärt sich für verfolgt, weil er eine besonders ausgezeichnete Person (beiseite gebrachter Thronerbe u. s. w.) sei, an deren Vernichtung andere Interesse haben. Die Größenideen sind hier tiefe Überzeugungssache, weshalb sich die Kranken vielfach auch in ihrem ganzen äußern Benehmen dem entsprechend geben. Die letztgenannte Form von G. ist ebenso wie der bei "Hirnerweichung" vorkommende G. unheilbar, nur tritt bei letzterer viel früher ein tödlicher Ausgang des Leidens ein, während die Verrücktheit mit G. die Lebensdauer an sich nicht beeinflußt.

Groß-Enzersdorf, s. Enzersdorf.

Großer Belt, s. Belt.

Großer Geysir, der größte der isländ. Geysir (s. d.). Der G. G. hat sich von Kieseltuff und Sinter einen Eruptionskegel von 8 bis 10 m Höhe und 65 m Durchmesser gebildet, auf dessen Spitze ein 1,9 bis 2,3 m tiefes, schüsselartiges, im Durchmesser von 17 bis 21 m messendes Becken ausgehöhlt ist. In der Mitte dieses Bassins führt ein cylindrischer Kanal von etwa 3 m Durchmesser in das Innere. Dieser sich nach unten verengende Kanal ist 24 m tief. Die Wände sind so glatt poliert und so hart, daß es nicht möglich ist, ein Stück davon mit dem Hammer abzuschlagen. Gewöhnlich ist das Becken mit krystallhellem, seegrünem Wasser von durchschnittlich 76 bis 89° C. Hitze angefüllt, während das Wasser innerhalb des Kanals nach unten wärmer wird. Plötzlich aber läßt sich ein unterirdischer Donner hören, der Boden zittert, das Wasser im Becken kocht auf, große Dampfblasen steigen aus dem Cylinder und schleudern das siedende Wasser hoch empor. Bald jedoch tritt wieder Ruhe ein, und die dichten Dampfwolken zerstreuen sich. Diese kleinern Explosionen wiederholen sich regelmäßig in Zwischenräumen von etwa 90 Minuten; aber im Laufe eines Tags oder auch nach längerer Pause entfaltet der G. seine ganze Kraft. Ein stärkeres Donnern geht dem gewaltigen Ausbruch voran, das Wasser im Becken schlägt hohe Wollen und wirbelt umher, in der Mitte erheben sich mächtige Dampfblasen, aus deren Dunst ein 30-40 m hoher Wasserstrahl mit furchtbarem Gebrause in die Höhe steigt. Größere und kleinere Strahlen verbreiten sich in allen Richtungen, einige seitwärts sprühend, andere senkrecht emporschießend. Ungeheure Dampfwolken wälzen sich übereinander und verhüllen zum Teil die 3 m dicke Wassergarbe. Die ganze Erscheinung fällt sodann nach einer Dauer von einigen Minuten in sich zusammen, und das Becken liegt wieder ruhig oder gar trocken da. Solche Eruptionen treten alle 24-30 Stunden ein, werden aber in spätern Jahren seltener. In 32 m Tiefe hat das Wasser vor dem Ausbruch eine Temperatur von über 130° C. Die Erscheinung dieser und der benachbarten heißen Springquellen (Strokkr, Kleiner Geysir) gründet sich auf die Spannkraft des Dampfes. Das Wasser in den Höhlungen, aus denen die Quellen hervordringen, wird durch vulkanisches Feuer im Innern so stark erhitzt, daß es sich zum Teil in Dämpfe verwandelt, die, durch das kältere Wasser oben in der Ausflußröhre gesperrt, bei rascher Anhäufung zuletzt nach Art einer Dampfkanone sich den Weg bahnen und das Wasser herausschleudern.