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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Gruson; Grusonmetall; Grusonscher Sprengstoff; Grusons Schnellfeuerkanonen

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Gruson - Grusons Schnellfeuerkanonen

Kura bis Tiflis. Sie wurde anfangs zu militär. Zwecken angelegt und 1. Nov. 1863 eröffnet.

Gruson (spr. grüson), Hermann, Erfinder der Hartgußgranaten und Hartgußpanzertürme, geb. 13. März 1821 zu Magdeburg, widmete sich der Technik, lernte bei Borsig in Berlin als Volontär und studierte (1839‒42) auf der Universität daselbst Naturwissenschaften und Philosophie. G. wurde 1845 Maschinenmeister an der Berlin-Hamburger Bahn, 1851 Oberingenieur der Wöhlertschen Maschinenfabrik in Berlin, 1854 technischer Dirigent der Hamburg-Magdeburger Dampfschiffahrts-Compagnie in Buckau und gründete 1855 daselbst eine Schiffswerft, aus der 1868 ein größeres Etablissement, bestehend in Hartgußgießerei und Maschinenfabrik, hervorging. Durch gehörige Auswahl der Eisensorten und Anwendung eiserner Gußformen verstand es G., als der erste in Deutschland, dem Gußeisen die für manche technische Zwecke erforderliche Härte der Oberfläche und Festigkeit zu geben, durch die es in seinem Verhalten dem Stahl sich nähert. Diesem sog. Hartgußeisen verschaffte er für Zwecke des Eisenbahnbaues, ferner als Material für Panzergeschosse und für Panzerungen zu Befestigungszwecken ausgedehnten Eingang. Wenn auch die Hartgußgeschosse den stählernen weichen müssen, finden doch die Hartgußpanzertürme von G. allgemeine Anwendung. Die Abbildung im Artikel Panzerdrehtürme zeigt den Durchschnitt eines in Grusonschen Hartgußeisen ausgeführten Panzerdrehturms für zwei 28 cm-Kanonen; die Abbildungen im Artikel Panzerbatterien zeigen eine Grusonsche Panzerbatterie für sechs 24 cm-Kanonen. G. hat für diese Türme eine sog. Minimal-Schartenlafette eigens konstruiert. Tafel: Geschütze Ⅱ, Fig. 5 zeigt Krupps 15 cm-Kanone in G.s Minimalschartenlafette c/84/87.

Das Etablissement beschäftigt sich im übrigen mit Herstellung von Revolver- und Schnellfeuerkanonen (s. Grusons Schnellfeuerkanonen), von sämtlichen Schumannschen Panzerkonstruktionen, schweren Lafetten, Kränen, Hebezeugen, hydraulischen Pressen, Zerkleinerungsmaschinen, Maschinen und vollständigen Anlagen für die Aufbereitung von Erzen und für die Fabrikation von ältern und rauchfreien Pulversorten, Gas- und elektrischen Motoren sowie von Gußwaren aller Art in Hart- und Weichgußeisen. Das Etablissement bedeckt gegenwärtig (1892) mit Ausschluß seiner Schießplätze einen Flächenraum von 127000 qm und beschäftigt etwa 3000 Beamte und Arbeiter. In den Werkstätten arbeiten 970 Werkzeugmaschinen, welche mit 64 Dampfmaschinen von 1811 Pferdestärken betrieben werden. Zum Heben der Lasten dienen 140 Krane und 15 hydraulische Hebezeuge von 50 bis 150 t Tragfähigkeit. Die Gießerei hat 12 Kupolöfen, von denen die größten 12½ t Eisen in der Stunde niederschmelzen. Ein besonderes Stahlwerk von 7400 qm Fläche wurde 1887 eröffnet. Am 1. Juli 1886 ging die G. gehörige Eisengießerei, und Maschinenfabrik unter der Firma Grusonwerk in den Besitz einer Aktiengesellschaft mit 9 Mill. M. Kapital über, welches später auf 12 Mill. M. erhöht wurde. Die Leitung des Geschäfts behielt G. zunächst noch als erstes Vorstandsmitglied. 1891 schied er ganz aus und trat in den Aufsichtsrat des Werkes ein, welches sich durch einen im Dez. 1892 geschlossenen Betriebsüberlassungsvertrag mit der Firma Friedr. Krupp in Essen fusionierte, die 1. Mai 1893 die gesamten Aktiva und Passiva des Werks übernahm. ^[Spaltenwechsel]

Der bei den um die Jahreswende 1885/86 in Bukarest stattgehabten Panzerschießversuchen beschossene deutsche Panzerturm nach dem System des preuß. Ingenieuroberstlieutenant a. D. Schumann war in G.s Fabrik ausgeführt und zeichnete sich vor dem französischen des Geniemajors Mougin durch größere Widerstandsfähigkeit gegenüber der Geschützwirkung vorteilhaft aus. Im April und Juni 1886 fanden in Spezia (Italien) Schießversuche mit dem Armstrongschen 100 t-Geschütz gegen eine Grusonsche Hartgußpanzerplatte statt, bei denen die letztere eine Widerstandsfähigkeit zeigte, welche die höchsten Anforderungen, die man heutzutage an einen Küstenpanzer stellen kann, übertraf.

Die Bedeutung des Grusonschen Unternehmens für Kriegszwecke hat infolge der Brauchbarkeit seiner Panzerplatten und Panzertürme in neuester Zeit erheblich gewonnen. Deutschland, Österreich, Italien, Belgien, Rumänien, die Schweiz und die Niederlande haben die Grusonschen Panzerwerke dem Landes-Verteidigungssystem dauernd einverleibt. Auch die Konstruktion und Fabrikation von Geschützen (namentlich von Schnellfeuergeschützen) hat eine derartige Ausdehnung erlangt, daß ein eigener 11000 m langer Schießplatz bei Tangerhütte, 40 km nördlich von Magdeburg, zu Versuchen angelegt wurde. Im Sept. 1890 vereinigte hier ein großartig angelegter Schießversuch etwa 200 Offiziere fast sämtlicher Militärstaaten. G. hat sich viel mit naturwissenschaftlichen Studien beschäftigt und war auch hierin produktiv. Eine Theorie über Entstehung des Zodiakallichtes und anderer Himmelserscheinungen hat er in einem Werke «Im Reiche des Lichts» niedergelegt. Seine Gewächshäuser sind durch Reichhaltigkeit und Schönheit der Exemplare berühmt. – Vgl. Geschichtliche und erläuternde Notizen über das Grusonwerk (2. Aufl., Magdeb. 1890).

Grusonmetall, soviel wie Hartguß (s. d.).

Grusonscher Sprengstoff, s. Hellhoffit.

Grusons Schnellfeuerkanonen, von Gruson gebaute Geschütze, die sich besonders durch einen sehr einfachen und tadellos wirkenden Verschluß auszeichnen (Fig. 1 im offenen, Fig. 2 im geschlossenen Zustande). Derselbe ist ein senkrechter Keil (a), dessen Auf- und Abwärtsgleiten in dem oben auch nach rückwärts offenen Keilloch (b) des Rohrs durch einen Doppelhebel (c) mit festem Drehpunkt (d) in der

^[Abb. Fig 1. Grusons Schnellfeuerkanonen]