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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Gummisirup; Gummistrumpf; Gummi Tragacanthae; Gummiwarenfabrikation

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Gummisirup - Gummiwarenfabrikation

Gummisirup, s. Traubenzucker.

Gummistrumpf, ein elastischer, eng anschließender Strumpf aus Gummigewebe, welcher bei Krampfadern des Beins durch seinen gleichmäßigen Druck die lästigen Beschwerden mindert und dem weitern Überhandnehmen der Krankheit vorbeugt.

Gummi Tragacanthae, s. Tragant.

Gummiwarenfabrikation, die Herstellung von technischen und andern Gebrauchsartikeln aus Gummi elasticum (Kautschuk, s. d.). Das in den verschiedenen Formen im Handel vorkommende Kautschuk, gewöhnlich Rohgummi genannt, wird zunächst in heißem Wasser erweicht, sodann zwischen horizontalen Walzen, die meistens gerieft sind, zerrissen, während gleichzeitig durch auffließendes kaltes Wasser mechanisch beigemengte Verunreinigungen, wie Sand, Baumrinde u. s. w., fortgespült werden. Man läßt das Kautschuk in der Regel mehrere Walzenpaare passieren, bis es schließlich die Form von Fellen oder dünnen Platten angenommen hat, welche jetzt das reine, aber noch feuchte Kautschuk repräsentieren. Durch Trocknen in Trockenräumen bei einer Temperatur von 38 bis 50° C. wird das Wasser verdunstet, und man erhält so das ganz reine Kautschuk, in der Regel von brauner Farbe; manche Sorten, namentlich die von Westindien, sind fast schwarz. Um aus diesem so gereinigten Kautschuk die verschiedenen Artikel herstellen zu können, ist es erforderlich, aus den lose zusammenhängenden Kautschukplatten größere homogene Flächen herzustellen, die frei sind von Poren u. s. w. Dies geschieht vorwiegend auf dreierlei Weise:

Nach der ältesten Methode, die aber noch sehr viel Anwendung findet, allerdings ausschließlich zur Herstellung der sog. Patentplatten (feuilles anglaises, fine cut sheet), wird das gereinigte und getrocknete Kautschuk durch Kneten im Mastikator zu einem massiven Block vereinigt, welcher dann durch Pressen entweder in eine cylindrische Form gebracht wird oder in eine Form von rechteckigem Querschnitt. Der Mastikator ist im wesentlichen ein starker eiserner Mantel, vorn mit Klappen und an den beiden Endflächen durch eiserne Platten geschlossen. In diesem Cylinder dreht sich eine eiserne, mit Riefen versehene Walze. Die Walze ist hohl und kann je nach Bedarf erwärmt und gekühlt werden. Durch fortgesetztes Kneten in dieser Maschine wird das Gummi plastisch und bildet schließlich eine zusammenhängende wurstähnliche Masse frei von Luft. Der Mastikator ist die älteste in der Gummifabrikation angewendete Maschine und wurde von Hancock 1820 erfunden. Der erhaltene Block wird nunmehr durch Pressen in eine der oben erwähnten regelmäßigen Formen gebracht, und, nachdem er durch längeres Lagern in der Kälte hart und fest geworden ist, wird er durch besondere Patentschneidemaschinen in Platten von verschiedener Stärke (1/6 mm bis 20 mm) geschnitten. Diese Platten, welche aus ganz reinem Gummi bestehen, werden Patentplatten genannt und bilden das Rohmaterial für die Patentgummifabriken (s. unten).

Bei weitem das meiste Kautschuk wird nach der zweiten Methode verarbeitet. Dieselbe besteht darin, daß man das Kautschuk zwischen zwei horizontal nebeneinander liegenden hohlen Walzen (sog. Mischwalzen) knetet, die durch Dampf erwärmt oder durch Wasser abgekühlt werden können. Die beiden Walzen drehen sich mit ungleicher Geschwindigkeit, und zwar dreht sich in der Regel die hintere Walze etwa dreimal so rasch wie die vordere. Durch dieses Kneten in erwärmtem Zustande wird das Kautschuk plastisch, und man kann ihm jetzt pulverförmige Körper zumischen; diese sind in der Regel Schwefel, Goldschwefel, Zinkoxyd, Kreide, Bleiglätte u. s. w. Nachdem diese Kautschukmischung durch wiederholtes Kneten gleichmäßig geworden ist, wird sie auf Kalandern zu Platten von verschiedener Stärke ausgezogen, und diese Platten bilden das Ausgangsmaterial für die meisten Artikel, die aus Gummi gefertigt werden. Die Kalander gleichen den in der Papierfabrikation gebräuchlichen und bestehen in der Regel aus zwei bis vier vertikalen übereinanderliegenden Walzen. Meistens nimmt man drei solcher Walzen. Dieselben sind aus Hartguß, hoch poliert und mathematisch genau abgeschliffen. Sie sind hohl und können durch Einleitung von Dampf erwärmt oder durch Zuströmen von Wasser abgekühlt werden. Die Walzen sind in der vertikalen Richtung gegeneinander verstellbar, sodaß man Platten von verschiedener Stärke ziehen kann. In der Regel haben sämtliche drei Walzen des Kalanders die gleiche Geschwindigkeit, doch ist meistens an der untern Walze eine Vorrichtung, um ihr für bestimmte Zwecke eine geringere Geschwindigkeit geben zu können. Es geschieht dies dann, wenn man auf dem Kalander Stoffe, z. B. Einlagen für Schläuche oder Riementuch, gummieren will.

Die dritte Methode in der Verarbeitung des Kautschuks besteht darin, daß man dasselbe auflöst. Schon 1823 hatte Macintosh die Beobachtung gemacht, daß gewisse Kohlenwasserstoffe, namentlich das Benzol des Steinkohlenteers, das Kautschuk stark aufquellen, und Hancock machte später die Beobachtung, daß dieses Aufquellen noch leichter von statten gehe, wenn er das Gummi vorher in seinem Mastikator knete. Auch heute noch geschieht das Auflösen des Kautschuks hauptsächlich in den Kohlenwasserstoffen des Steinkohlenteers und des Petroleums. Es findet jedoch keine vollständige Lösung statt, wie z. B. beim Lösen von Zucker in Wasser, sondern das Kautschuk quillt stark auf und bildet eine dicke breiartige Masse. Man kann das Kautschuk rein auflösen ohne irgendwelche Zusätze, oder nachdem man es mit Schwefel und andern mineralischen Stoffen auf den Mischwalzen gemischt hat. Die auf diese Weise erhaltene Lösung von reinem bez. gemischtem Kautschuks wird nun auf besondern Maschinen, den sog. Spreadingsmaschinen, zu Platten verarbeitet. Die Spreadingsmaschinen bestehen in der Hauptsache aus einer eisernen, in neuerer Zeit in der Regel mit Gummi überzogenen Walze, oberhalb welcher ein verstellbares Messer angebracht ist. Hinter dem Messer befinden sich mit Dampf geheizte Tische. Man läßt nun Stoffe zwischen der Walze und dem Messer durchgehen und bringt vor das Messer die Gummilösung; je nachdem man das Messer höher oder niedriger stellt, bleibt eine dünnere oder dickere Schicht gelösten Kautschuks auf dem Stoffe haften. Beim Passieren der Wärmetische verdunstet das Lösungsmittel und es bleibt das reine Kautschuk zurück. Man läßt nun diese Stoffe wiederholt durch die Maschinen gehen, entsprechend der Stärke, die die Platten haben sollen, und kann so Platten von beliebiger Stärke erhalten. Man hat es namentlich in der Gewalt, die Platten ganz genau zu arbeiten, genauer, wie es auf irgend eine andere