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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Hagedorn - Hagel (meteorologisch)
Das aus der Hagebutte bereitete Kompott ist na-
mentlich als Krankenspeise beliebt. Die Kultur der
aus Süddeutschland stammenden Hagebuttenrosen
im Garten macht keine Schwierigkeiten; die Ver-
mehrung ersolgt aus Ablegern, da die Hagebutte
selten Ausläufer macht. Der Strauch muß von
altem Holz befreit werden.
Hagedorn oder Weihdorn, Pflanzengattung,
s. ^i-atk^uZ; auch Bezeichnung der Hunds- oder
Heckenrose, s. Nose.
Hagedorn, Christian Ludw. von, Bruder von
Friedr. von H., geb. 14. Febr. 1712 zu Hamburg,
starb als Geh. Legationsrat und Generaldirektor
der Kunstakademien zu Dresden und Leipzig 24. Jan.
1780 in Dresden. Er ist als der eigentliche Vor-
läufer Winckelmanns zu betrachten und brach in
mehrern Richtungen der Kunst neue Bahn. Durch
ihn wurde auch 1765 die erste Gemäldeausstellung
der Akademie in Dresden veranstaltet. Den meisten
Ruf erwarb er sich durch seine "Betrachtungen über
die Malerei" (2 Bde., Lpz. 1762). Auch veröffent-
lichte er "Briefe über die Kunst" (ebd. 1797). - Vgl.
B. Litzmann, Briefe von A. M. von H. an ihren
jüngern Sohn Christian Ludwig (Hamb. 1885).
Hagedorn, Friedr. von, Dichter, geb. 23. April
1708 zu Hamburg, studierte seit 1726 in Jena die
Rechte, ging 1728 als Privatsekretär mit dem dän.
Gesandten nach London, von wo aus er 1729 in
Hamburg die erste Sammlung seiner Poesien u.d.T.
"Friedrich von H. Versuch einiger Gedichte" ver-
öffentlichte (Neudruck hg. von A.Sauer,Heilbr.1883).
1731 kehrte er nach Hamburg zurück, wo er 1733 als
Sekretär bei dem Nn^iigii (^ouit, einer seit früher
Zeit dafelbst bestehenden Gesellschaft engl. Kaufleute,
angestellt wurde. Er starb 28. Okt. 1754 in Ham-
burg. H. war kein im großen gestaltender, schöpfe-
rischer Geist, aber dadurch für feine Zeit bedeutend
und auch für die Zukunft einflußreich, daß er, ebenfo
frei von Lohensteins Schwulst als von Neukirchs
ärmlicher Nüchternheit, das Lied auf einfachere Ele-
mente zurückführte, ihm einen höhern Grad von
Sangbarkeit erteilte, fodaß die beliebtesten Kompo-
nisten damaligerZeit populäre Melodien dazu setzten.
Anakreontisch-satir. Lebensweisheit, Verherrlichung
anmutiger Naturscenen, Zufriedenheit, Geselligkeit
und Freundschaft bilden die Hauptelemente seines
Liedes, in welchem ihm zum TeilChaulieu und Prior
Vorbild waren. So hat H. das Verdienst, der eigent-
liche Schöpfer des deutschen Gesellschaftsliedes ge-
worden zu sein. Auch in der poet. Epistel, worin ihm
Horaz, und in der poet. belehrenden Erzählung,
worin ihm Lafontaine Muster war, leistete H. sür
seine Zeit Treffliches. Zugleich erscheinen in seinen
Liedern die rhythmische Form und die Sprache, an
der er unablässig feilte, von einer ungewöhnlichen
Reinheit und eleganten Leichtigkeit, fodaß er sich
den Beinamen des Dichters der Grazien erwarb.
Die beste Ausgabe seiner "Poet. Werke" nebst Lebens-
beschreibung und Charakteristik besorgte Eschenburg
(5 Bde., Hamb. 1800). - Vgl. H. Schuster, Friedr.
von H. und seine Bedeutung für die deutsche Litte-
ratur (Lpz. 1882); W. Eigenbrodt, H. und die Er-
zählung in Reimversen (Berl. 1884); Witkowski,
Die Vorläufer der anakreontischen Dichtung und
F. v. H. (Lpz. 1889).
Hagel, atmosphärische Niederschläge in Form von
Eisstücken, Hagelkörnern (s. d.); der H. scheint stets
eine Teilerscheinung bei Gewittern zu sein. Fälle,
wo H. obne Gewitter aufgetreten ist, sind nicht sicher
festgestellt. Nach den bisherigen Erfahrungen tritt
H. bereits im April und Mai auf und erreicht sein
Marimum im Juni lind Juli. Er beginnt also in
der Zeit, wo die untern Schichten der Atmosphäre
über dem Festland sich stark zu erwärmen an-
fangen, während nach dem Meere zu und nach
oben niedere Temperaturen zu finden sind. Solche
Zeiten sind zur Bildung von aufsteigenden Luft-
strömen sehr günstig. Die Luft gelangt hierbei leicht
in sehr kalte Räume, wo der Wasserdampf rasch zu
Eis werden kann. Finden sich hier auch große Men-
gen überschmolzenen Wassers (s. Wolken) vor, so
sind alle Bedingungen gegeben, die zur Bildung
des H. nötig sind. Die Hagelfälle finden auf be-
schränktem Gebiet statt. Wahrscheinlich sind sie an
kleinere Luftwirbel gebunden, die mit mehr oder
weniger großer Geschwindigkeit sich vorwärts be-
wegen und dabei ziemliche Wegstrecken zurücklegen
können. Von der Geschwindigkeit und dem Durch-
messer des Wirbels hängt die Zeit ab, während
deren der H. an einem Ort andauert. Im allge-
meinen sind dies nur Bruchteile einer Stunde, etwa
10-20 Minuten. Die Menge der Eismasscn, die
als H. fallen, ist verschieden; sie kann stellenweise
ganz enorm sein. Derselbe Hagelzug ;eigt selbst
große Verschiedenheiten, er setzt sogar stellenweise
ganz aus und fängt erst später wieder an, Eismassen
hcrabzuschütten. Von Einfluß aufHagelzüc^ckeinen
größere Wasserflächen zu fein, über die sie schwer
hinweggehen können. H. tritt vorwiegend in den
ersten Nachmittagstunden auf. Nächtliche Hagelfälle
sind zweifellos festgestellt und gar nicht so selten.
Hagelfälle treten in ganz Europa auf, ihre Häufig-
keit fcheint aber von West nach Ost abzunebmen. In
heißen Gegenden kommen sie nur im Gebirge, nicht
aber in den Niederungen vor. Wahrscheinlich fällt
H. bei jedem Gewitter oder heftigem Üufwirbel, die
Körner kommen aber vielfach geschmolzen als große
Regentropfen an. Gewisse Gegenden werden viel
von H. getroffen, während er in manchen Gegenden
selten oder gar nicht auftritt. Eine befriedigende
Erklärung diefer von den topogr. Verhältnissen ab-
hängigen Erscheinungen ist noch nicht gegeben. Vgl.
auch Graupeln.
In den meisten Fällen sollen die Wolkenbildungen
bei H. besonderer Art sein, sich namentlich durch röt-
liche Färbung auszeichnen. Vielfach will man ae-
radezu aus den Wolken herabhängende Schläuche,
wie bei Tornados (s. d.) und Wettersäulen (s. d.),
wahrgenommen haben. Es treten aber auch heftige
Hagelfälle bei Wolkenbildungen ein, die in der
Hauptfache nicht befonders auffallen. Dem Stu-
dium der Hagelerscheinungen wird von seiten der
Meteorolog. Institute immer größere Aufmerksam-
keit geschenkt. In Deutschland sind es namentlich
das Meteorologische Institut des Königreichs Yach-
sen und für die füddeutfchen Staaten die kölnglich
bayr. Centralstation in München, die in ihren
Jahresberichten regelmäßig eingehende Mitteilun-
gen über die Hagelerscheinungen bringen. Bei der
Neuheit dieser Ermittelungen, dem Mangel einer
eingehenden Bearbeitung und namentlich in Rück-
sicht auf das gegenwärtig ununterbrochen anwach-
fende Material der Thatfachen ist es schwer, eine
kurze Charakterisierung des gegenwärtigen Standes
dieser Forschungen zu geben. Als Beispiel des
Vorgehens der Meteorolog. Institute möge nur das
Ergebnis 7jähriger Ermittelungen im Königreich
Sachsen angeführt werden. Hier sind über 4000