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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Handelspiaster - Handelsrecht
stark begehrt und dadurch Gegenstand eines lebhaf-
ten Handels werden. - Im Gartenbau bezeichnet
man mit H. Topfgewächse, die von sog. Specia-
listen in großer Menge zum Export ins Ausland
oder zum Absatz an Wiederverkäufer im Inlande
angezogen werden, z. B. Azalien, Kamelien, Rho-
dodendren, Palmen und Blattpflanzen.
Handelspiaster, Handelsdollar, Han-
dels thal er werden genannt: 1) der französische H.,
I'iagti'o äo C0nnn6rc6, und der vormalige nord-
amerik. ^iaä6 voii^i-, s. Dollar, sowie das vor-
malige japan. Handels-Jen; 2) der neue chines.
Drachenthaler, s. Tael.
Handelspolitik, der Inbegriff der Grund-
sätze, nach welchen ein Staat seine wirtschaftlichen
Interessen nach außen hin wahrt und fördert und
auch den Verkehr im Innern zu beemflussen sucht.
Die Meinungen über die beste Art der H. gingen
von jeher in der volkswirtschaftlichen Theorie und
Praxis oft sehr weit auseinander, und manche wol-
len überhaupt der H. nur eine negative Aufgabe
zugestehen, nämlich die Wcgräumung der aus der
Vergangenheit noch übriggebliebenen Hindernisse
des freien inländischen und auswärtigen Verkehrs.
Ohne Zweifel bildet die Entscheidung der Frage, ob
Freihandel (s. d.) oder Schutzzoll (s. d.), die Haupt-
aufgabe der H., und zwar hat sie dieselbe zu treffen
nicht nach abstrakten Theorien, sondern mit Rücksicht
auf die besondern, historisch gegebenen Verhältnisse
der eigenen Nation und auf Grund möglichst all'
seitiger und genauer Erhebungen der Thatsachen.
Im unmittelbaren Zusammenhang mit dem Schutz-
zollsystem stehen andere handelspolit. Maßregeln,
wie Ausfuhr-, Schiffahrts-, Fischcreiprämien, und
die ältere Kolonialpolitik (f. Kolonialsystem). Gewisse
andere Maßregeln dagegen sind auch mit dem voll-
ständigen Frcihandelssystcm recht wohl verträglich.
Hierher gehört der Abschluß günstiger Handelsver-
träge (s. d.) mit andern, noch nicht frcihändlerischen
Staaten, dic Anstellung von Konsuln, namentlich
Berufskonsuln, in allen bedeutenden Handelsplätzen
der Erde, welche dort über die Interessen des natio-
nalen Handels wachen und für die Ausfuhr durch
Berichte, Mustersendungen u. s. w. nützliche Winke
geben sollen; die Organisierung einer möglichst ge-
nauen und vollständigen'Handelsstatistik fs. d.)'
Einwirkung auf Tarife der Eisenbahnen zur Beför-
derung des Außenhandels wie des Binnenhandels;
Fürsorge für den Handelsunterricht (f. Handels-
schulen), Anlegung von Handelsmuseen (s. d.), Ver-
anstaltung von Ausstellungen, Sorge für eine zweck-
mäßige Gestaltung des Handelsrechts und der
Handelsgerichtsbarkeit fowic für eine angemessene
Vertretung des Handclsstandes durch geeignete Or-
gane, wie namentlich Handelskammern (s. Handels-
und Gewerbekammern). (S. Freihandel.) - Vgl.
Die H. der wichtigern Kulturstaaten in den letzten
Jahrzehnten, Bd. 1-3 (Lpz. 1891-92; der 2. Bd.
von Lotz u. d. T.: Die Ideen der deutschen H. von
l 860 bis 1891); Zinnnermann, Geschichte der preuß.-
deutschen H. (Oldenb. 1892). >(s. d.).
Handelsprämien, soviel wie Ausfuhrprämien
Handelsprivilegien, im internationalen Ver-
kehr die Vorrechte, welche ein Staat den Angehöri-
gen eines andern Staates in Bezug auf den Handels-
verkehr einräumt, z. B. Freiheit von Hafcnabgab^n
oderniedrigereAbgaben,alssievondenAngehörigen
der übrigen Staaten zu leisten sind. Innerhalb dcs
einzelnen Staates wurden früher H. einem einzel-
nen Kaufmann, Handelscompagnien (s. d.) oder
ganzen Klassen, z. B. den Juden (Geld auf Zins
auszuleihen), erteilt.
Handelsrat (lüoiiseil Lupeiieur äo oommnrce)
war in Frankreich ein 1831 begründetes, aus höhern
Beamten, Vertretern der Praxis und andern Sach-
verständigen bestehendes Kollegium, welches Gut-
achten über Fragen der innern und äußern Handels-
politik und -Gesetzgebung zu erstatten hatte und auch
mit der Veranstaltung von Enqueten über Handels-
angelegenheiten betraut war. 1853 wurde er zu
einem öonzsil Lu^erisur äu oomiuErce, äs 1'aFi'i-
cuitui-6 et äs i'inäuZtlie, also zu einem allgemei-
nen "Volkswirtschaftsrat" erweitert. Einige weitere
Modifikationen erfuhr die Körperfchaft, deren Vor-
sitzender der Handclsminister ist, 1873.
Handelsrecht, derjenige Teil des Rechts, wel-
cher vornehmlich den Handel betrifft. Man kann
von einem Handelsstaatsrecht und einem Handels-
völkerrecht fprechen. Indessen pflegen die den Han-
del betreffenden Lehren des öffentlichen Rechts nicht
von jenen weitern Disciplinen des Staats- und
Völkerrechts abgesondert zu werden. Dagegen haben
Gesetzgebung, Wissenschaft und Praris dem Be-
dürfnis Rechnung getragen, von der Regelung der
Lehre und der Handhabung des bürgerlichen Rechts
einen den Handel betreffenden Teil abzusondern.
Dieses Handelsprivatrecht wird vornehmlich
unter dem Namen H. verstanden. Einerseits sordert
dieHandhabung des H. eine allgemeine Kenntnis des
Handelsverkehrs von seiner technischen Seite, der
Handelsgewohnheiten und Handelseinrichtungen,
und diesem Bedürfnis ist in Deutschland durch Ein-
richtung besonderer Kammern für Handelssachen
(s. d.) Rechnung getragen. Andererseits beansprucht
der Handel in besonderm Grade eine Berücksichti-
gung von Treue und Glauben im Verkehr, eine
nicht am Buchstaben haftende Auslegung der Ge-
fetze und der Rechtsgeschäste, eine freie Würdigung
der dem Kaufmann obliegenden Sorgfalt und der
sich aus der Vernachlässigung derselben ergeben-
den Schadenersatzpflicht. Rechtsgeschäfte des Han-
dels dürfen nicht an die umständlichen Formen ge-
bunden sein, welche das bürgerliche Recht z. B. für
die Begründung des Eigentums und der dinglichen
Rechte an Grundstücken vorschreibt', wo Formen an-
zuwenden sind, wie bei dem Wechsel, dem kaufmän-
nischen Verpflichtungsschein, der Anweisung u. s. w.,
müssen sie einfach und präcis, also leicht zu hand-
haben und ihre Innehaltung muß leicht erkennbar
fein. Prozesse in Handelssachen sollten unbeschadet
einer gründlichen Erledignng vorzugsweise schnell
abgeurteilt werden. Der Weltverkehr endlich be-
dingt und hat zur Folge eine Anpassung der natio-
nalen Gesetzgebung, Wissenschaft und Rechtsprechung
an die der andern handeltreibenden Nationen. Da5
H. verfolgt daher in weit höherm Grade als das
übrige bürgerliche Recht, zum Teil im Gegenfatz zu
diefem, die Tendenz, ein Weltrecht zu werden: alles
Gründe, das H.von dem übrigen bürgerlichen Recht
abzusondern. Das H. sondert sich seinem Inhalt nach
ab von dem Familienrecht, dem Erbrecht, dem Im-
mobiliarsachenrecht. Seinen Hauptinhalt bilden die
besondern Vorschriften über die dem Handelsverkehr
angehörenden Rechtsgeschäfte, also die Handels-
geschäfte (s. d.), außerdem das Wechsel- und See-
recht und die Vorschristen über die handeltreibenden
Personen, den Kaufmann (s. d.), sein Personal und
die Handelsgesellschaften (s. d.). In naher Beziehung