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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Handfeuerwaffen

veranlaßt das Einfallen des Stangenschnabels in die Rasten der Nuß. Das nach innen zu vorspringende Ende der Stange wird beim Abdrücken aufwärts bewegt, der Schnabel tritt aus der Rast, die Schlagfeder dehnt sich aus und führt durch ihren starken Druck auf die Nuß das Vorschleudern des Hahns herbei. Letzterer schlägt mit dem Stein

^[Abb.: Fig. 8.]

gegen den aufgerichteten Arm des Pfanndeckels B, der "Batterie", wodurch in ähnlicher Weise wie beim Schnapphahnschloß die Entzündung der Pulverladung herbeigeführt wird. Das franz. Schloß verdrängte allmählich sämtliche andern Systeme, trotzdem es dem nachteiligen Einfluß des Regenwetters ausgesetzt war und den übelstand besaß, daß der Stein bald stumpf wurde.

An die Erfindung des Batterieschlosses reiht sich die des Bajonetts (s. d.). Mit Anfang des 18. Jahrh. kann die allgemeine Einführung der Bajonettflinte (wie anch der Papierpatrone) als durchgeführt angesehen werden. Die nun folgenden Bestrebungen richteten sich namentlich auf eine Steigerung der Feuergeschwindigkeit. Der 1730 auf Vorschlag des Fürsten Leopold von Dessau im preuß. Heere eingeführte eiserne Ladestock gestattete ein erheblich rascheres Laden als der hölzerne, der öfters abbrach und dadurch die Gebrauchsfähigkeit der Schußwaffe zeitweise in Frage stellte. Durch diese Erfindung war es der im raschen Laden vorzüglich ausgebildeten preuß. Infanterie möglich, 3-4 Schüsse in der Minute abzugeben. Bei dem Aufschütten des Pulvers auf die Pfanne ging ein Teil der Ladung verloren; auch war dieses Verfahren umständlich und zeitraubend. Zur Beseitigung dieser Nachteile bohrte man das Zündloch nicht mehr cylindrisch, sondern konisch, sodaß die weite Öffnung nach der Pulverkammer führte. Wurde nun bei geschlossener Pfanne das Pulver in den Lauf geschüttet, so lief dasselbe ohne weiteres auf die Pfanne, die nun nicht mehr beim Laden geöffnet zu werden brauchte. 1770 fand diese Einrichtung im preuß. Heere Annahme. Der bisherige Verschluß des schmiedeeisernen Laufs durch eine Schwanzschraube erfuhr durch die 1800 in England erfundene Patentschwanzschraube eine wesentliche Verbesserung. Da die Pulverkammer in der Schraube selbst angebracht war, wurde eine Durchbohrung des Laufs behufs Anbringung des Zündkanals entbehrlich.

Die Napoleonischen Kriege ließen den Hauptnachteil des Feuersteingewehrs, seine geringe Gebrauchsfähigkeit bei Regen und Wind mehrfach empfinden. Das Bestreben nach Abhilfe dieses Übelstandes führte zur Anwendung von Knallpräparaten, die 1786 entdeckt waren. Nachdem Egg

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in England den empfindlichen Zündsatz in kleinen Kapseln (Zündhütchen) untergebracht hatte, war die Grundlage zur Zündungsverbesserung gegeben. Das Batterieschloß ließ sich leicht für den Gebrauch der Zündhütchen einrichten: der Hahn erhielt einen entsprechend veränderten Kopf und für das Hütchen eine besondere Auflage. Die Pfanne nebst Batterie fiel weg, der innere Schloßmechanismus wurde beibehalten. Die Vorteile der Perkussionszündung lagen namentlich in der Unabhängigkeit des Infanteriefeuers von der Witterung; außerdem erreichte man eine erhebliche Einschränkung der Gasentweichungen durch das Zündloch sowie der Versager. Dementsprechend wurde die Perkussion nicht nur bei Neuanfertigungen, sondern auch bei der Umänderung der Steinschloßgewehre eingeführt. Trotzdem war die Treffgenauigkeit des glatten Infanteriegewehrs infolge des großen zum Laden notwendigen Spielraums eine so geringe, daß der beste Schütze den schlechtesten wenig überbieten konnte.

Man kam deshalb schon gegen Ende des 15. Jahrh. auf den Gedanken, Züge (s. d.) in die Laufwände einzuschneiden. Nachdem durch das Dorngewehr (s. d.) von Thouvenin noch eine, nur vorübergehend eingeführte günstigere Einrichtung der Laufseele erstrebt war, wurden die weitern Verbesserungen durch Annahme eines andern Geschosses an Stelle der Rundkugel erreicht. (S. Geschoß, Bd. 7, S. 904 b, und Miniégewehr.) Als mit den Zügen Langgeschosse angenommen wurden, erhielt man für die letztern unter Beibehalt des Kalibers von 17,5 bis 18,5 mm Gewichte von 40 bis 50 g. Da wegen des Rückstoßes des Gewehrs keine zu großen Ladungen gewählt werden durften, war die Geschoßgeschwindigkeit nur gering und die Flugbahn stark gekrümmt. Dabei zwang das große Gewicht der einzelnen Patrone zu der Maßregel, entweder die Belastung des Soldaten zu vergrößern oder die Zahl der von dem Manne getragenen Patronen herabzusetzen. Bei der Aufstellung neuer gezogener Waffen schritt man daher zu einer Verringerung des Kalibers. Während Österreich und Süddeutschland 1858 bis zu dem sog. mittlern Kaliber (13,9 mm) herabgingen, setzte die Schweiz allein für die M/51, 56 und 63 das Kaliber auf 10,5 mm fest. Bei letzterm hatte das Geschoß im Verhältnis zu seinem Querschnitt ein ziemlich großes Gewicht, trotzdem dasselbe absolut gering war. Mit dem leichtern Geschoß konnte ein günstigeres Ladungsgewicht zur Anwendung kommen, das zugleich größere Geschoßgeschwindigkeiten lieferte. Die im engern Raum stärkere Gasspannung trug zum Wachsen der Geschwindigkeit und daher der Gestrecktheit der Bahn wesentlich bei. Gleichzeitig war ein erheblich geringeres Gewicht der Patrone erreicht. Mit dem Schweizer Gewehr M/63 war der Vorderlader auf der Höhe der erreichbaren Vollkommenheit angelangt. Gestrecktheit der Bahn, Treffgenauigkeit, Sicherheit der Zündung entsprachen hohen Anforderungen. Nur nach einer Richtung hin war dieses Gewehr, wie alle andern Vorderlader, dringend verbesserungsbedürftig: die Feuergeschwindigkeit blieb zu gering, ganz abgesehen davon, daß ein Laden im Knien, Liegen sehr erschwert war.

Daher ging aus dem Feldzuge 1866 ein Gewehr siegreich hervor, das in den letztgenannten beiden Beziehungen dem Vorderlader überlegen war, das preuß. Zündnadelgewehr (s. d.). Wenngleich sich die Geschichte der Hinterladung fast bis zu dem Ursprung der Feuerwaffe verfolgen läßt, so war