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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Handwerkervereine - Handzeichnungen
dafür, daß keinem Handwerker vor dem 24. Jahr
seine Selbständigkeit gestattet werden sollte. Ans
dem frühern Verbände wurde nnn ein Deutscher
von 5 Mitgliedern in Gang gebracht werden sollte.
Der.hannoverische Handwerkertag, 21. bis 22. Mai
1883, nahm Berlin seine führende Stellung. Er er-
klärte sich für die obligatorische Innung und wählte
Köln zum Vorort. 1885 kam die Vorstandschaft
nach München und sein Organ wurde das "All-
gemeine Gewerbeblatt", das seitdem den Titel "All-
gemeine Handwerkerzeitung)) annahm. Die von
ihm veranstalteten H. fanden 1887 in Dortmund,
1888 in München, 1889 in Hamburg statt und
führen seit Hannover (1883) die Benennung All-
gemeine Deutsche H.
Neben dieser Bewegung begründeten 15. Dez.
1884 die Vorstände von 14 Fachverbänden zur Ver-
wirklichung des Innungsgesetzes von 1881 den
"Centralausschuß vereinigter Innungsverbände
Deutschlands" in Berlin, welcher bis jetzt drei-
mal einen Deutschen Innungstag abhielt: im
Juni 1885, im Sept. 1888 und im Juni 1890.
Sitz des Centralausschusscs ist Berlin, Organ der
wöchentlich erscheinende "Handwerker". Trotz der
im einzelnen auseinander gehenden Bestrebungen
dieser beiden Hauptverbände, welche namentlich den
Charakter der Innungen - ob obligatorisch, ob
fakultativ - betreffen, haben sie doch Berührung
miteinander gefucht. 1890 wandten sie sich gemein-
sam an den Kaiser mit der Bitte um Einsetzung
einer Immediatkommission im Interesse des Hand-
werkerstandes, und vom 14. bis 17. Febr. 1892
fand in Berlin ein von 2000 Delegierten besuchter
"Deutscher Innungs- und allgemeiner Handwerker-
tag" statt, mit welchem diese Bewegung ihren vor-
läufigen Abschluß gefunden hat.
Außer diesen beiden großen Verbänden giebt es
noch mehrere territorial begrenzte Vereinigungen.
Der "Westdeutsche Bund selbständiger Handwerker"
wurde 25. Sept. 1882 in Köln gegründet, der West-
fälische Provinzialverein besteht seit 1881 und hat
12 Tage, den letzten im März 1892 in Letmathe,
abgehalten. Der Ostdeutsche Handwerkerbund ent-
wickelte sich aus den Schlesischen H. von 1881 und
1882 und hat zuerst 1883 in Neustadt (Oberschlesien),
zuletzt 1886 in Kattowitz getagt. In Bayern besteht
seit1883derVayrischeHandwerkerbund,derbis1892
10 Tage veranstaltet hat. Die Gründung eines bad.
und sächs. Bundes ist angeregt, aber noch nicht ver-
wirklicht. Eine freiere Stellung in allen gewerb-
lichen Fragen nimmt der 8. Sept. 1891 gegründete
Verband deutscher Gewerbevereine ein, der 14. und
15. Nov. 1892 seine erste ordentliche Hauptversamm-
lung in Köln abgehalten hat. (S. Gewerbevereine.)
Das Programm derHandwerker erstreckt sich haupt-
sächlich auf folgende Forderungen: Einführung des
Befähigungsnachweises (s. d.) in die Gewerbeord-
nung; obligatorische Innung; Errichtung von Hand-
werkerkammern; einheitliche Abfassung derLehrver-
trägc, der Gesellen- und Meisterbriefe; Fortfall des
Arbeitsbuches für Gefellen und fchärfere Bestim-
mungen für Kontraktbrnch; umfassendere Ausdeh-
nung der Unfallversicherung; Abänderung der den
Zuschlag bei Submissionen betreffenden Bestimmun-
gen; Maßregeln gegen die Konsumvereine, gegen die
Mißbrauche des Hausierhandels, der Abzahlungs-
geschäfte und gegen die Gefängnisarbeit und die
Militärwerkstätten. - Vgl. Eug'. Jäger, Die Hand-
werkerfrage (Berl. 1887); Hampke, DerVcfähigungs-
nachweis (Jena 1892); Handwörterbuch der Staats-
wissenschaften, Bd. 4 (ebd. 1892), S. 369 fg.
Handwerkervereine sind teils Verbindungen
zur Förderung der geschäftlichen und wirtschaftlichen
Interessen einzelner Handwerkszweige oder des
Handwerkerstandes im allgemeinen, teils Vereine
von mehr gemeinnützigen, namentlich auf die Ver-
breitung gewerblicher Kenntnisse und die Fortbil-
dung der jüngern Handwerker gerichteten Tenden-
zen. Zu der ersten Kategorie gehören die auf Grund
der Gewerbeordnung gebildeten Innungen (s. d.),
ferner die Rohstoff-, Magazin- und andern Genossen-
schaften fowie auch manche weitere Verbände, welche
viele in einem größern Bezirke oder im ganzen
Lande wohnende Fachgenossen zusammenfassen. Die
Vereine der zweiten Klasse haben im wesentlichen
den Charakter der Gewerbevereine (s. d.) und sie
führen daher auch häufig die Doppelbezeichnung
"Handwerker- und Gewerbcverein". Jedoch tritt in
den bedeutendsten H. das pädagogifche Element,
namentlich in der Veranstaltung regelmäßiger lln-
terrichtskurse für Lehrlinge und Gesellen, stärker
hervor. Es gilt dies besonders von dem 1844 ge-
gründeten, 1850 geschlossenen, 1859 aber wieder ins
Leben gerufenen Berliner Handwerkerverein, dem
größten diefer Vereine, der ein zweckmäßig einge-
richtetes eigenes Lokal mit Bibliothek, Sammlun-
gen u.f.w. besitzt und von einer zahlreichen Lehrer-
schaft unterstützt wird, unter der sich viele namhafte
wissenschaftliche Autoritäten befinden. Auch zu ge-
felligen Zusammenkünften und angemessener Unter-
haltung ist ausreichend Gelegenheit geboten. Die
Mitgliederzahl belief sich 1893 auf 2045; es wur-
den (1892) 152 Vorträge abgehalten, 1950 Schüler
waren an dem Fortbildungsunterricht beteiligt; der
Vermögensstand betrug 1893: 358000 M.
Handwerksartillerie, s. Artillerie (Bd. 1,
S. 951 d).
Handwerksbursche, eine früher gebräuchliche
Bezeichnung für Handwerksgefell.
Handwerksgesell heißt derjenige, welcher ein
Handwerk zunftmäßig erlernt hat, solange er bei
einem Meister Dienste als Gehilfe leistet. (Vgl.
Gcfell, Gewerbegehilfe und Handwerk.)
Handwerkslehrling ist derjenige, der bei einem
Handwerksmeister der Zunftordnung gemäß ein
Handwerk erlernt. (S. Lehrling.)
Handwerksmeister (Meister), s. Handwerk,
Innungen, Meisterprüfung, Meisterrecht, Zünfte.
Handwerksstätten. Truppenteile mit eigener
Bekleidungswirtfchaft (s. d.) stellen den Bedarf an
Bekleidungsstücken und Schuhzeug auf den H. her
und zwar durch Akonomiehandwerker (s. d.). Im
Kriege werden bei Ersatzformationen besondere
Handwerkerabteilungen gebildet. Im Fricden
bestehen solche seit dem 1. April 1890 bei den Korps-
Vekleidungsämtern (s. d.). Handwerkerabteilungen
(-Compagnien) bestehen auch in andern Armeen,
z.V. in der französischen (Onvrierg ä'^rtiiiorie) und
in der italienischen (O^svai ä'artiFlieria).
Handzeichen, ein die Stelle der Namensunter-
schrift vertretendes Zeichen der Analphabeten (s.d.),
gewöhnlich drei Kreuze. H. ist auch soviel wie Mo-
nogramm (s. d.).
Handzeichnungen, die mit Kreide, Blei- und
Notstift oder mit der Feder ohne Anwendung von
Farben ausgeführten Zeichnungen, Skizzen oder
Entwürfe. Die letztern haben, wenn sie von bedeu-