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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Hängebrücken

und Abgründe gespannt und mit einem Flechtwerke oder einer Bretterlage bedeckt sind, die als Brückenbahn dienen, wobei das Geländer durch neben der Bahn ausgespannte Seile gebildet wird, ist bei den eigentlichen H. die Fahrbahn nicht direkt auf die Seile (resp. Ketten) gelagert, sondern mittels besonderer Hängestangen an denselben aufgehängt. Die Fahrbahn hat demnach bei den letztern H. eine von den Tragketten unabhängige, meist nach oben schwach gewölbte Form, während die Ketten selbst zwischen ihren Befestigungspunkten die Gestalt einer sog. Kettenlinie annehmen. Dem Material nach zerfallen die H. in Ketten- oder Stabbrücken und in Drahtseilbrücken (Drahtbrücken). Als Ketten werden nicht gewöhnliche kurz- oder langschakige Gelenkketten genommen, sondern aus Flacheisen gebildete Ketten, deren hochkantig gestellte Glieder oft in großer Zahl nebeneinander liegen und an den Enden durch hindurchgeschobene horizontale Rundbolzen verbunden sind. Die Ketten oder Seile gehen an den beiden Anfangspunkten über je eine hochliegende Unterlage (meist in Form von Türmen ausgebildet) und dann abwärts in den Erdboden, wo sie durch Ankerplatten befestigt werden.

Die H. haben den Vorteil, daß sie sich in der Form der Ketten der jeweiligen Art des Verkehrs anzuschließen trachten, ohne daß hierbei, wie beispielsweise bei Bogenbrücken, die Gefahr des Einsturzes auftritt. Auch kann die Aufstellung unter Verwendung leichterer Gerüste oder auch ganz ohne Rüstung erfolgen, was bei andern Brückenarten nur unter besondern Umständen möglich wird. Es lassen sich daher H. noch bei Spannweiten anwenden, bei welchen andere Brückensysteme in der Regel nicht mehr benutzt werden können. Die Anzahl der Mittelpfeiler kann deshalb auch bei den H. sehr beschränkt werden, sodaß das Wasserbett keine zu große Verengung erleidet. Der Umstand, daß die H. ihre Form verändern können, bietet den Nachteil, daß sie bei schnellem Überführen von Einzellasten und bei Erschütterungen in gefahrbringende Schwankungen geraten können; deshalb werden sie entweder nur für Fußgänger, wie die Löwenbrücke im Berliner Tiergarten (1852; Tafel: Hängebrücken Ⅱ, Fig. 2), oder auch für Straßenfuhrwerke, aber nur vereinzelt für Eisenbahnverkehr konstruiert. Um der Konstruktion größere Starrheit und Unbeweglichkeit zu geben, werden in neuerer Zeit versteifte Kettenbrücken benutzt, wobei diese Versteifung entweder in Form eines Gitterwerks an der aufgehängten Fahrbahn (Eisenbahnbrücke über den Niagara, Drahtseilbrücke von 250,3 m Spannweite), oder in Form eines Blechträgers, wie bei der Franz Josephs-Brücke in

^[Fig. 1. Seilbrücke über den Ituri im Kongostaat]

^[Fig. 2. Straßenbrücke über den Monongahela bei Pittsburgh (1877).]