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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Hausfleiß - Hausfriedensbruch
der Erwerber während seines Lcbens zu Gnnsten
eines Agnaten darüber verfügt hat. In Württem-
berg besteht ein von dem zmn Staatsgut erklärten
ehemaligen Kammergut verschiedenes, als Privat-
eigentum des königl. Hauses anerkanntes H. unter
dem Namen Hofkammergut, dessen Einkünfte zur
freien Verfügung des Königs stehen. Es ist aus
dem ehemaligen ^iä6icoinini88uin Lpeci^Ie und
insbesondere aus dem mit dem Namen Kammer-
schreibereigut bezeichneten Teile desselben hervor-
gegangen. Die Verwaltung liegt den der Hofdomä-
nenkammerlMterstelltenHofkameralämternob. Auch
im Königreich Sachsenist durch §. 20 der Verfassung
vom4. Sept. 1831 ein königliches H. gebildet, welches
fowohl von dem Staatsgut als dem Privateigen-
tum des Königs unterschieden und als Eigentum
des königl. Hauses anerkannt ist: der Besitz des-
selben geht auf den jedesmaligen König oder recht-
mäßigen Regenten über, und es ist von dem Lande
unzertrennbar und unveräußerlich. zu demselben
gehören außer den königl. Schlössern, Gärten, Stal-
lnngen nebst Pferden und Wagen insbesondere auch
die Sammlungen im Grünen Gewölbe, die Gemälde-
galerie, die Sammlungen von Kupferstichen, Mün-
zen, Waffen, Natnralien u. s. w. und die Bibliothek.
"Ähnliche Bestimmungen bestehen auch in andern
deutschen Staaten. Über Familienfideikommih s. d.
- Vgl. Lewis, Das Recht des Familienfideikom-
misses (Berl. 1868); Heffter, Sonderrechte der sou-
veränen und der mediatisierten Häuser Deutschlands
(Berl. 1871): Gerber, Gesammelte jurist. Abhand-
lungen, Bd. 2 <Iena 1872).
Hausfleiß, diejenige Hausarbeit, die bei gering
entwickelter gewerblicher Thätigkeit in einem Lande
den Familienbedarf an Gewerbsprodukten ganz oder
teilweise hervorbringt. In dieser Form ist das Ge-
werbe älter als die Landwirtschaft. Der H. ist na-
mentlich in den nordischen Ländern sehr verbreitet
und hat wohl auch dort zur Entstehung des Hand-
arbeitsunterrichts mit Veranlassung gegeben. Der
H. sucht in erster Linie den häuslichen Bedarf
zu decken, ist aber bei größerer Ausdehnung auch
darauf angewiesen, für den nicht im Hause ver-
wertbaren Überschuß der Produktion den Absatz auf
dem Markte zu suchen. In dem Maße, als dieses
Streben mehr und mehr in den Vordergrund tritt,
wird der H. zum Hausgewerbe (s.d.) oder zur Haus-
industrie ff. d.). (S. auch Handarbeitsunterricht.)
Hausflur, Diele oder Öhre (Ärn) im nieder-
deutschen Hause, der unmittelbar von der Haus-
thür aus zugängliche Raum des Erdgeschosses eines
Hauses, der sich entweder durch dessen ganze Tiefe
oder nur auf einen Teil der Tiefe erstreckt, oder
der entsprechende, von der Treppe aus zugängliche
Raum der Obergeschosse. Seine Breite wird meist
von der gewöhnlich im Hintergrunde befindlichen
Treppe bestimmt, sein Fußboden aus Täfelung,
Ziegelpstaster oder Estrich gebildet. Während in
gewöhnlichen Wohnhäusern die Ausschmückung des
Flurs einfach ist und seine Überdeckung durch die
gerade Balkendecke erfolgt, wird der H. öffentlicher
oder vornehmer Gebäude (Vestibül) mit Säulen,
Pilastern, Wand- und Deckengemälden geschmückt
oder als gewölbte Vorhalle behandelt- Die in
Städten nötige Sparsamkeit mit dem Raum hat die
H. immer mehr beschränkt. Während bis ins vorige
Jahrhundert sich in ihnen ein Teil des Verkehrs,
oft sogar der Handel oder das Gewerbe der Hau5
Herren abspielte, ist er jetzt meist zum Gang ls. d.)
oder Korridor herabgesunken. Im Vaucrnhaus
ls. d.) ist er noch heute oft der ausgedehnteste Raum.
Hausfrauenvereine, Frauenvereine, welche
namentlich den Zweck haben, die Interessen der
Haushaltung zu stützen und zu fördern, einerseits
durch Verbreitung nützlicher Kenntnisse, anderer-
seits aber auch durch Organisation gemeinschaft-
licher Anstalten und durch Erzielung von Vorteilen
im Verkehr mit den Gewerbtreibenden. Der ein-
zelne Konsument ist z. B. nicht im stände, den über-
triebenen Forderungen einer Koalition von Flei-
schern, wie sie zuweilen vorkommt, Widerstand zu
leisten, ein Hausfrauenverem dagegen kann mit ver-
einten Kräften vorgehen und niedrigere Preife durch-
setzen, ähnlich wie dies durch das Markengeschäft
der Konfumvereine geschieht. Zum Teil fungieren
die H. selbst als Konsumvereine. Bisweilen besorgen
sie die Dienstvermittelung und ähnliches. Der 1873
gegründete Berliner Verein hat sich wieder aufgelöst,
der in Wien errichtete erfreut sich indessen einer an-
sehnlichen Blüte. Dieser besitzt ein eigenes Organ
in der "Wiener Hausfrauenzcitung".
Hausfriede, ein Nechtsbegriff, welcher speciell
dem gcrman. Rechte eigen ist und mit dem, was
dasselbe unter Frieden überhaupt versteht, genau
zusammenhängt. Wie der Landfriede den allgemei-
nen Rechtsschutz in sich begreift, fo der H. den be-
sondern der Behausung des Einzelnen und, als Unter-
art desselben, der Burgfriede den der Burg (Woh-
nung des Landesherrn oder Stätte des Gerichts).
Wie ursprünglich Haus und Hof befriedet waren, fo
ist dies jetzt die Wohnung nebst allen dem Zwecke
der Häuslichkeit dienenden Räumlichkeiten. Kraft
des Hausrechts kann von dem Inhaber solcherNäume
oder von Geschäftsräumen der Eintritt und das
Verweilen Nichtberechtigten untersagt werden, wäh-
rend eine solche Berechtigung dann entsteht, wenn
auf Grund einer aus amtlicher Eigenschaft folgenden
Befugnis oder eines gesetzmäßig erteilten Auftrags
gehandelt wird. Wider den Willen des Inhabers
kann das Eindringen in eine Wohnung geschehen
nach den nähern Vorschriften der Strafprozeßord-
nungen zum Zwecke der Verhaftung einer Person
oder der Durchsuchung von Räumen, oder aber zur
Vornahme anderweiter amtlicher Verrichtungen
(Volkszählung, Steuererhebung, Exekution) oder
wegen einer Gefahr für die Bewohner. Das Haus-
recht ("M7 K0U86 18 m)" C3.8U6", "mein Haus ist
meine Burg" sagt der Engländer) wird als ein
Grundrecht der Staatsbürger in neuern Verfassun-
gen besonders gewährleistet, so in Art. 6 der Preuß.
Verfassungsurkunde: "Die Wohnung ist unverletz-
lich." (S. Hausfriedensbruch.)
Hausfriedensbruch. Der H. ist nach den Be-
stimmungen des Deutschen Strafgefetzbuchs (88.123,
124) ein einfacher, ein qualifizierter oder ein schwe-
rer: 1) einfach, wenn jemand widerrechtlich in eine
Wohnung eindringt oder, wenn er ohne Befugnis
darin verweilt, auf die Aufforderung des Berech-
tigten sich nicht entfernt: 2) qualifiziert, wenn eine
der zu 1 genannten Handlungen von einer mit
Waffen versehenen Person oder von mehrern ge-
meinschaftlich begangen wird; 3) schwer sgewalt-
sam), wenn sich eine Menschenmenge öffentlich zu-
sammenrottet und in der Absicht, Gewaltthätigkeiten
gegen Personen oder Sachen mit vereinten Kräften
zu begehen, in eine Wohnung widerrechtlich ein-
dringt. Strafe zu 1 - übrigens Antragsdelikt
(s. d.) -: Gefängnis bis zu drei Monaten oder