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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Heiliger-Geist-Orden – Heilige Schar

Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Heiliger Geist'

zwar nicht als eine Person, aber doch als eine besondere Existenzweise des innergöttlichen Lebens selbst zu beschreiben und die Persönlichkeit Gottes erst im Moment des Geistes als wahrhaft vollzogen zu denken. Da jedoch das innergöttliche Leben für die religiöse Betrachtung nur Bedeutung erhält, sofern es sich an und in uns offenbart, so sieht die freie Theologie der Gegenwart, im Anschluß an Schleiermachers und Hegels Ideen, im H. G. Gott selbst, sofern er im religiös-sittlichen Leben der Gemeinde sich wirksam erweist, oder das dem frommen Selbstbewußtsein innewohnende Göttliche selbst. Die Orthodoxie der Gegenwart ist jedoch auch hier zu den dogmatischen Bestimmungen der altprot.Kirchenlehre zurückgekehrt. – Vgl. Kahnis, Die Lehre vom H. G., Tl. 1 (Halle 1847).

Heiliger-Geist-Orden.

1) Orden des Heiligen Geistes von Montpellier, s. Hospitaliter. –

2) Ritterorden des Heiligen Geistes zum gerechten Verlangen oder des Knotens, von Ludwig von Tarent 1352 zur Erinnerung an seine Krönung zum König von Jerusalem und Sicilien gestiftet, zählte 300 Ritter, erlosch aber mit dem Tode des Stifters. –

3) Ein anderer H. wurde in Frankreich von Heinrich III. 30. Dez. 1578 zum Andenken an seine Thronbesteigung in Frankreich und seine Berufung auf den poln. Thron, die beide am Pfingstfest stattfanden, gestiftet. Er zählte 100 Ritter, Ausländer ungerechnet. Das Ordenszeichen war ein grünes achtspitziges Kreuz, auf dem eine abwärts gekehrte silberne Taube ruhte. Das Band war himmelblau und die Ordenskette golden, aus Lilien, Waffentrophäen und gekrönten Heiligen zusammengesetzt. Durch die Revolution von 1792 beseitigt, wurde er 1814 durch Ludwig XVIII. erneuert, aber durch Dekret Ludwig Philipps vom 10. Febr. 1831 wieder aufgehoben.

Heiliger-Geist-Pfennig, s. Gottespfennig.

Heiliger-Geist-Wein, s. Bocksbeutel.

Heiliger Krieg, s. Heilige Kriege.

Heiliger Kuß, soviel wie Friedenskuß (s. d.).

Heiliger Rock, der Rock, den Christus auf dem Wege zum Kreuze trug und von dem es bei Joh. 19,23 heißt, daß er ohne Naht war und daß die Kriegsknechte ihn unter sich verlosten. Wie bei andern Reliquien, so streiten sich auch beim H. R. verschiedene Kirchen um den Besitz. Neuerdings hat aber die Domkirche zu Trier ihren Rock zu vorwiegendem Ansehen gebracht. Die Beweise für die Echtheit des H. R. von Trier bestehen in der Legende, daß die heil. Helena (um 326) den H. R. gefunden und nach Trier gesandt habe; diese Legende ist aber erst um die Wende des 11. und 12. Jahrh. entstanden. Am Ende des 6. Jahrh. schrieb Bischof Gregor von Tours und im 7. Jahrh. sein Fortsetzer Fredegar, der H. R. werde im Orient bewahrt; aus diesen Angaben geht hervor, daß man im 6. und 7. Jahrh. in Gallien von einem H. R. in Trier noch nichts wußte. Das Gleiche läßt sich für das 9. Jahrh. erweisen. Die Legende entstand allmählich gegen Ende des 11. Jahrh. Damals wurde in Trier das Leben des heil. Agritius geschrieben, worin erzählt wird, daß Helena einen Schrein mit Reliquien gesandt habe. Anfang des 12. Jahrh. behauptete man offen, daß der H. R. sich in Trier befinde, und um dies glaubhaft zu machen, fälschte man das sog. Silvesterdiplom und die Chronik des Eusebius sowie das Martyrologium des Usuardus, um Zeugnisse aus frühern Jahrhunderten für die Legende zu ↔ haben. Trotzdem erhielt sich im spätern Mittelalter die ältere von Fredegar gegebene Legende über den H. R., wodurch die Legende von Trier unmöglich gemacht wird, in Ansehen, und ebenso behaupteten zahlreiche andere Kirchen, im Besitz des H. R. zu sein. Größere Bedeutung gewann der Streit, seitdem Trier im 16. Jahrh. begonnen hatte, den H. R. öffentlich auszustellen und Scharen von Pilgern zur Verehrung herbeizuziehen, wogegen Luther heftig eiferte. 1515 erwarb Trier auch eine Bulle, durch die ihm Papst Leo Ⅹ. den Besitz des H. R. bestätigte, aber 1843 erwarb die Kirche von Argenteuil, deren Legende freilich nicht besser begründet ist als die von Trier, ein Breve des Papstes Gregor ⅩⅥ., das ihren H. R. als echt anerkannte. Im Sommer 1844 stellte Bischof Arnoldi von Trier den H. R. von neuem aus. Über 1 Mill. Wallfahrer fanden sich dabei zur Verehrung ein, und als die Großnichte des Kölner Erzbischofs, ein Fräulein Droste zu Vischering, Heilung beim Anblick der Reliquie gefunden, suchten Tausende hier Wunderhilfe. Infolge dieser Vorkommnisse richtete Joh. Ronge (s. d.) ein Schreiben an Arnoldi, worin er gegen diesen als neuen Tetzel und gegen den Reliquienkram überhaupt eiferte und damit die Entstehung des Deutschkatholicismus (s. Deutschkatholiken) veranlaßte. Zuletzt wurde der H. R. vom Bischof Korum (Aug. bis Okt. 1891) ausgestellt. Über die Beschaffenheit des in Trier verehrten Gewandes sind widersprechende Nachrichten verbreitet. Auch die Kommission von Sachverständigen, die im Juli 1890 der Bischof von Trier zur Untersuchung des Gewandes bestellte, wurde vorher eidlich verpflichtet, über das Gesehene zu schweigen und nur das bekannt zu geben, was in das amtlich gutgeheißene Protokoll aufgenommen sei. Das Ergebnis dieser Untersuchung war folgendes: Das bisher verehrte seidene Gewand mit Vogelmuster erklärte die Kommission für die Hülle des eigentlichen Gewandes und fand, daß der H. R. ein von Schimmel bedecktes, nur noch lückenhaft zusammenhängendes Zeug sei, dessen Stoff und Gewebe sich nicht mehr erkennen lasse; ebensowenig könne man erkennen, ob es ohne Naht sei. Dem Anschein nach sei es Linnen oder Baumwolle und ungemustert.

Litteratur. Gildemeister und von Sybel, Der H. R. zu Trier und die zwanzig andern heiligen ungenähten Röcke (3. Aufl., Düsseld. 1845); Beißel, Geschichte der Trierer Kirchen, Tl. 2: Geschichte des H. R., 2. Aufl. (Trier 1889), dazu ein Nachtrag: Ergebnisse der Untersuchung des H. R. mit einem Bilde der Umhüllung; Sauerland, Trierer Geschichtsquellen des 11. Jahrh. (ebd. 1889); Willems, Der H. R. zu Trier (ebd. 1892); Kaufmann, Die Legende vom Heiligen ungenähten Rock in Trier und das Verbot der vierten Lateransynode (Berl. 1892).

Heiliger Synod, s. Synod.

Heiliger Teich, s. Amritsar.

Heiliges Bataillon (Bataillon sacré) nannte man die während des Rückzugs der franz. Armee 1812 in Rußland aus Offizieren, deren Truppenteile sich aufgelöst hatten, zum Schutz des Kaisers Napoleon zusammengestellte berittene Leibwache unter Grouchy und Sébastiani, welche aufgelöst wurde, nachdem der Kaiser 4. Dez. das Heer verlassen hatte.

Heiliges Bein (Os sacrum), soviel wie Kreuzbein, s. Becken.

Heilige Schar nannten die Thebaner eine Schar von 300 Mann, welche seit der Vertreibung

Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 967.