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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Heliāden; Heliāde-Radulescu; Heliākisch; Hêliand; Helianthĕmum; Helianthīn; Heliánthus

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Heliaden – Helianthus

befugnisse erhoben werden konnte. Mit der fortschreitenden Entwicklung der Demokratie in Athen wuchs die Macht und Bedeutung der H. Kleisthenes (509 v. Chr.) erhöhte die Zahl der Heliasten auf 5000, bestimmte, daß von allen Sprüchen der Archonten über Verbrechen und Vergehen und auch in Civilsachen an die H. appelliert werden könnte, und gab der H. das Recht, alle Beschwerden gegen abtretende Beamte anzunehmen, die Rechenschaft der Beamten über ihre Amtsführung entgegenzunehmen, sie endlich ordnungsmäßig zu entlasten. In der Perikleischen Zeit wurde ihre Zuständigkeit abermals erweitert, indem jetzt jeder Bürger das Recht erhielt, in allen Angelegenheiten sich sofort an die H. zu wenden, ohne erst andere Instanzen befragt zu haben. Perikles führte eine Besoldung von einem Obol täglich für die Heliasten ein; Kleon erhöhte diese auf eine halbe Drachme. – Vgl. Fränkel, Die attischen Geschworenengerichte (Berl. 1877).

Heliāden, Bezeichnung der drei, nach andern sieben oder fünf Töchter des Helios (s. d.) und der Klymene, die Schwestern des Phaethon (s. d.). Die Namen der drei bekanntesten H. sind: Aigle (die Glänzende), Lampetie (die Leuchtende) und Phaethusa (die Scheinende). – H. heißen auch die durch Klugheit ausgezeichneten sieben Söhne des Helios und der Rhodos (Nymphe der gleichnamigen Insel).

Heliāde-Radulescu (spr. -lésk), Ioan, rumän. Schriftsteller, geb. 1802 zu Targoviştea, war Lehrer und Buchdruckereibesitzer in Bukarest, dann Mitglied der obersten Schulbehörde und gab 1835‒48 den Anstoß zu zahlreichen Übersetzungen der altgriech., franz., ital. und andern Klassiker. 1848 Mitglied der provisorischen Regierung, wurde H., als diese Nationalregierung den Russen und Türken weichen mußte, des Landes verwiesen; er ging zuerst nach Paris, dann nach Konstantinopel und kam 1854 mit Omer Pascha nach Bukarest, wo er seitdem blieb und 1872 im Irrsinn starb. Er war 1867‒70 Präsident der Rumänischen Akademie. H. gründete 1831 die erste litterar. Zeitschrift Rumäniens: «Curierul roman», dann «Curierul de ambe sexe» (1840‒44). Er schrieb: «Paralelismul intre dialectele roman si italian» (Bukar. 1841), «Souvenirs et impressions d’un prosrit» (Par. 1850), «Le protectorat du Czar» (ebd. 1850), «Mémoire sur l’histoire de la régéneration roumaine» (ebd. 1851) sowie ein Drama «Mircea» und ein Epos «Michael der Tapfere». Eine Auswahl seiner Schriften ist in Bukarest erschienen.

Heliākisch, helisch, zur Sonne (Helios) gehörig; s. Aufgang der Gestirne.

Hêliand, d. i. Heiland, hat Schmeller passend ein altsächs. Gedicht des 9. Jahrh. genannt, das in allitterierenden Versen die Geschichte Christi nach der meist unter Tatians Namen citierten Evangelienharmonie und gelehrten Kommentaren erzählt. Nach einer alten lat. Notiz hatte Ludwig der Fromme den Dichter zu einer beide Testamente umfassenden Dichtung angeregt (etwa 825‒835). Erhalten ist in den beiden Handschriften, der Münchener und dem im Britischen Museum aufbewahrten Cottonianus, nur die abgeschlossene Bearbeitung des Neuen Testaments; Spuren eines altsächs. Gedichts über das Alte Testament verrät nur eine angelsächs. Genesis, die zum Teil auf altsächs. Vorlage beruht. Der Verfasser (nicht Caedmon, s. d.) des H. war ein gelehrter Geistlicher, der aber doch Sachse genug war, um zu fühlen, was im Neuen Testament er betonen oder fortlassen müsse, um auf seine Landsleute zu wirken. Er schließt sich an ihren gewohnten volksepischen Stil so eng an, daß auch bei ihm Christus oft als ein mächtiger german. Volkskönig mit treuer Gefolgschaft, den Jüngern, erscheint. Als bedeutendstes Denkmal der altsächs. Mundart hat der H. auch großen sprachlichen Wert. Beste Ausgaben von Sievers (Halle 1878), Heyne (3. Aufl., Paderb. 1883) und Behaghel (Halle 1882); Übersetzung von Simrock (3. Aufl., Berl. 1882). – Vgl. Vilmar, Deutsche Altertümer im H. (2. Aufl., Marb. 1862); Windisch, Der H. und seine Quellen (Lpz. 1868); Sievers, Der H. und die angelsächs. Genesis (Halle 1875). ^[Spaltenwechsel]

Helianthĕmum Pers., Pflanzengattung aus der Familie der Cistaceen (s. d.) mit etwa 100 Formen, die sich auf ungefähr 30 Arten zurückführen lassen. Die meisten kommen im Mittelmeergebiet und Westasien vor, nur wenige in Amerika. Es sind krautartige Pflanzen oder Halbsträucher mit meist niederliegenden Stengeln und eiförmigen oder linealischen ganzrandigen Blättern. Die Blüten sind ansehnlich und gewöhnlich von gelber Farbe. Die bekannteste Art ist das gemeine Sonnenröschen (H. vulgare Gärtn. oder H. chamaecistus Mill.), an Waldrändern und auf sonnigen Grasplätzen durch ganz Mitteleuropa. Das Kraut desselben war offizinell. Einige andere Arten werden wegen ihrer schönen Blüten und ihrer großen Veränderlichkeit in den Gärten gezogen. Es giebt eine ziemliche Anzahl Varietäten mit verschieden gefärbten und auch mit gefüllten Blüten.

Helianthīn, s. Dimethylorange.

Heliánthus L., Sonnenblume, Pflanzengattung aus der Familie der Kompositen (s. d.) mit gegen 50 Arten, die fast sämtlich der nordamerik. Flora angehören. Es sind einjährige oder ausdauernde meist stattliche Gewächse mit sehr großen einzeln stehenden Blütenköpfchen. Der Kelch ist unregelmäßig dachziegelförmig, seine äußern Schuppen sind blattartig, spitz, mit nicht angedrückten Anhängseln, die innersten kleiner; der Fruchtboden ist flach oder gewölbt, mit spitzen Spreublättchen besetzt, die Früchtchen sind fast vierkantig, mit zwei grannenförmigen Schüppchen gekrönt. Die in den Blumengärten häufigste Art ist H. annuus L. (s. Tafel: Aggregaten Ⅱ, Fig. 4), die einjährige Sonnenblume, eine 2‒3 m hohe Zierpflanze mit 30 cm und darüber breiten nickenden Blütenköpfen und scharfhaarigen, herz-eiförmigen Blättern. Man kultiviert von ihr in den Gärten, besonders in landschaftlichen Anlagen, mehrere konstante Arten, die einblumige (var. unifloris) mit höherm und viel stärkerm Stengel, sehr großen Blättern und mit nur einem einzigen Blütenkopfe, dessen Scheibe aber gegen 50 cm breit ist; die gefüllte (var. flore pleno), bei der die gewölbte Scheibe dicht mit dachziegelig geordneten Blüten besetzt ist, die in der Form den Strahlblüten ähnlich sind; die kugelblütige (var. globosa), ohne Strahl und auch die Scheibenblüten verlängert-röhrig, sodaß die Blume, da der Rand der Scheibe nach hinten umgebogen ist, eine fast kugelige Gestalt erhält, und andere Spielarten. Man pflanzt diese effektvollen Pflanzen durch Aussaat im März und April fort. Die Sonnenblume verlangt zum Gedeihen ein sehr nahrhaftes, gut gedüngtes Erdreich, in welchem ihre Stengel bis 4 m hoch werden. Da sie den Boden sehr aussaugt, so ist sie zur Trockenlegung sumpfigen Bodens geeignet. Von großer wirtschaftlicher Be- ^[folgende Seite]