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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Hermann vom Busche; Hermanrich; Hermanubis; Hermäon; Hermaphroditismus; Hermaphroditos

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Hermann vom Busche - Hermaphroditos

Andreas II. im goldenen Freibriefe viele Privilegien erhielt. Vom 15. bis 17. Jahrh. war H. eine sehr starke Festung, die bei den Türken unter dem Namen "Rote Stadt" gefürchtet war.

Hermann vom Busche, Pseudonym von Anton Baumstark (s. d.).

Hermanrich, König der Ostgoten, s. Hermanerich

Hermanubis, s. Anubis.

Hermäon, s. Hermaion.

Hermaphroditismus, Zwitterhaftigkeit oder Zwitterbildung, diejenige Bildung organischer Geschöpfe, welche die Geschlechtsteile beider Geschlechter in einem Individuum vereinigt. Diese Bildung ist normal bei vielen Pflanzen und einigen niedern Tierklassen, namentlich mehrern Mollusken, Ringelwürmern, Hohltieren, einigen Stachelhäutern, vielen Eingeweidewürmern u. s. w., von denen einige das ganze Geschäft der Zeugung allein, ohne Zuziehung eines zweiten Individuums, vollbringen können, während andere, z. B. die Schnecken, welche zwar die Geschlechtsteile beider Geschlechter vollkommen besitzen, nur durch Vermischung mit einem andern Tiere derselben Art sich fortzupflanzen im stande sind. Im letztern Falle spricht man von Androgynie (s. o.). Es kann der H. zeitlich getrennt sein, sodaß ein und dasselbe Geschöpf erst männliche, dann weibliche Zeugungsstoffe produziert und umgekehrt (proterandrisch oder proterogynetisch; die Austern z. B. sind proterogynetisch). Bei den höher stehenden Tieren und dem Menschen ist der H., sofern er überhaupt vorkommt, stets nur ein Bildungsfehler, eine Mißbildung, zu welcher in den frühesten Anfängen der Körperentwicklung nach bis jetzt noch unerforschten Gesetzen der Keim gelegt wird, und welche von ihrer Fehlerhaftigkeit durch die Unvollkommenheit des Geschlechtslebens der Zwitter ein deutliches Zeugnis ablegt.

Mit dem Begriff eines Hermaphroditen aus den höhern Tierklassen darf daher keineswegs die Idee an eine konstante Form, an eine Klasse von Geschöpfen derselben Beschaffenheit verbunden werden, es kann vielmehr bei den meisten, vielleicht von allen Arten der höhern Tiere gelegentlich einmal ein hermaphroditisches Individuum vorkommen. Die vollständige Ausbildung und Vereinigung der männlichen und weiblichen Geschlechtsorgane in demselben Individuum mit der Fähigkeit, von beiden nach Belieben den von der Natur bestimmten Gebrauch zu machen und die Geschlechtsfunktionen vollständig bis an ihr Ende auszuführen, würde das Ideal des H. darstellen. Jedoch ist dieses durch die neuern Beobachtungen als eine Unmöglichkeit dargethan worden, sodaß man den Gedanken an die doppelten Geschlechtsverrichtungen gänzlich hat fallen lassen und einen wahren Zwitter bereits ein solches Geschöpf nennt, bei welchem sich die hauptsächlichsten männlichen und weiblichen Sexualorgane nebeneinander finden. So sind zahlreiche Schmetterlingszwitter beschrieben worden, welche in den innern und äußern Charakteren auf der einen Seite männlich, auf der andern weiblich waren; bei Fischen wird Milch und Rogen nicht selten in demselben Tiere in völlig normaler Entwicklung angetroffen, und es dürfte dies als das einzige sichere Beispiel vollkommenen H. bei einem Wirbeltiere dastehen, indem hier wohl kein Zweifel bleibt, daß die abgelegten Eier (ganz oder teilweise) durch den Samen eben desselben Tiers befruchtet werden könnten. Beispiele ähnlicher Art sind bei andern Wirbeltieren nicht erwiesen, und meist zeigt sich die Zwitterbildung nur so, daß die Geschlechtsteile der einen Seite männlich, die der andern weiblich (Hermaphroditismus lateralis), oder die innern männlich, die äußern dagegen von weiblichem Ansehen sind, seltener umgekehrt (Hermaphroditismus transversalis); oder daß die Zahl der Geschlechtsorgane zwar vermehrt, aber neben den ausgebildetern des einen Geschlechts die des andern nur angedeutet oder verkümmert vorhanden sind.

In noch weiterm Sinne bezeichnet man mit dem Namen Zwitter mit Unrecht alle die Individuen, bei denen durch eine Deformität der äußern Geschlechtsteile, die in der frühesten Entwicklungsperiode des Menschen und der höhern Tiere bei beiden Geschlechtern in den Grundzügen ihres Baues durchaus ähnlich sind, sich auf den ersten Anblick das Geschlecht nicht bestimmen läßt. Sollte eine solche Untersuchung bei Kindern von zweifelhaftem Geschlecht noch kein befriedigendes Resultat geben, so ist doch von dem reifern Lebensalter der Pubertät und den dann eintretenden Erscheinungen Aufschluß über das eigentliche Geschlecht zu erwarten. Am häufigsten handelt es sich hierbei um einen sog. Pseudohermaphroditismus, welcher entweder bloß darin besteht, daß nur die äußern Geschlechtsorgane des betreffenden Individuums (Scheinzwitters) eine Bildung zeigen, wie sie jener des andern Geschlechts entspricht, oder darin, daß mit oder ohne eine solche Mißbildung der äußern Geschlechtsorgane auch die Ausführungsgänge der Genitalien des andern Geschlechts zu mehr oder weniger ausgesprochener Entwicklung gelangt sind. Sind dabei die Keimdrüsen männlich, so spricht man von einem Pseudohermaphroditismus masculinus, sind sie aber weiblich, so nennt man diesen Zustand Pseudohermaphroditismus femininus. Ferner gehören hierher alle diejenigen Individuen, bei denen auch die genaueste Untersuchung, selbst die innere, nach dem Tode angestellte, das Geschlecht zweifelhaft läßt, weil die Geschlechtsteile so verkümmert sind, daß sie durchaus keinen sichern Anhaltspunkt zur Bestimmung des Geschlechts geben. Bei dem Menschen sind auch in den Fällen, in welchen die äußere Beschaffenheit am meisten Aussicht dafür bot, niemals Ei und Samen bereitende Organe in einem und demselben Individuum mit Sicherheit nachgewiesen worden. Die Zeugungsfähigkeit der abnormen Zwitter ist im allgemeinen eine sehr geringe und beschränkt sich fast nur auf jene Art, bei welcher auch durch eine genauere Untersuchung das Geschlecht ausgemittelt werden kann. Da diese Eigenschaft zugleich die Ehefähigkeit bedingt, so kommen Fragen über den wirklichen oder nur scheinbaren H. nicht selten vor das Forum der gerichtlichen Medizin, wie diese auch bei Erbschaftsangelegenheiten manchmal über diesen Punkt ihr Gutachten abzugeben hat.

Hermaphroditos, der Sohn des Hermes und der Aphrodite, wurde von Nymphen auf dem Ida erzogen, kam aber noch als Knabe nach Karien, wo die Nymphe der Quelle Salmakis, in der er sich badete, ihn vergeblich um Gegenliebe anflehte. Auf ihr Flehen zu den Göttern, immer mit ihm vereinigt zu sein, wurden ihre Leiber so verbunden, daß ein Doppelgeschöpf, halb Mann halb Weib, entstand. Diese Sage, welche in der durch Ovid überlieferten Gestalt ohne Zweifel das Werk gelehrter alexandrinischer Dichtung ist, beruht auf