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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Hexenbesen

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Hexenbesen

Pakts diente eine travestierte Taufe, wobei der Hexe ein Zeichen auf den Leib gedrückt ward, das Uneingeweihte nur an der Unempfindlichkeit der Stelle erkannten. Die so Geworbenen mußten nun durch Zauberei allerlei Schaden stiften, dem Teufel und seinen Dienern in allem zu Willen sein und insbesondere sich auf nächtlichen Zusammenkünften mit der Höllenbevölkerung und deren Anhange (Hexensabbaten) an obscönen Festen beteiligen. Die Hexe wurde dazu entweder von dem Teufel abgeholt oder fuhr auf einer Ofengabel, einem Besenstiel u. dgl. durch den Schornstein dahin, nachdem sie sich mit einer besondern Hexensalbe bestrichen. Als von dem Teufel gezahltes Entgelt werden angegeben: Geschenke, die sich kurz darauf in Unflat verwandelten, Schläge und unsaubere Rationen bei den nächtlichen Festen. Die erwähnte Hexensalbe enthielt nach den Angaben Bilsenkraut, wahrscheinlich auch Mandragora und Stechapfel; der Genuß der letztern Pflanze (im sog. Hexentrank) erzeugt eben das Gefühl des Fliegens und ähnlich dem Opium und Haschisch abenteuerliche Einbildungen wie von kleinen schwarzen Tieren.

Die einmal erregte Furcht vor Behexungen sah in jedem Erkranken von Menschen und Vieh, in Mißwachs, Hagelschlag und sonstigen Landplagen nur das Werk boshafter Unholdinnen, deren Entdeckung um so leichter fiel, als schon ein unangenehmes Äußere, den Nachbarn nicht ganz begreifliche Erwerbsverhältnisse, ja selbst die bloße Anklage den höchsten Verdacht besonders auf ältere Personen lenkten. Teilweise scheint auch Eigennutz die Veranlassung zu Hexenprozessen gewesen zu sein, da Richter, Schreiber, Büttel, Henker und alle Beteiligten während des Prozesses reiche Gebühren bezogen. Wo das Gericht mit der Marter nicht gleich bei der Hand war, half sich die Volksjustiz mit der Hexenprobe, indem die Verdächtigen gebunden, ins Wasser geworfen und bei dem Versinken für schuldlos, bei nicht völligem Untertauchen als Schützlinge des Teufels erkannt wurden. Auch eine Hexenwage hatte man, weil man glaubte, daß Hexen darauf schwerer oder je nach Belieben der Richter leichter wären, als man sie schätzte. Das Resultat des Wägens führte natürlich stets zum Scheiterhaufen. Die Verurteilungen lauteten nämlich auf den Tod durch Feuer und ergingen in solcher Überzahl, daß z. B. eine etwa fünfjährige Verfolgung im Stift Bamberg 600, im Bistum Würzburg 900 Opfer forderte, daß im Braunschweigischen die Pfähle, an welche die Hexen auf dem Scheiterhaufen gefesselt wurden, nach der Äußerung des Chronisten wie ein Wald anzusehen waren, und daß es in England einen besondern General-Hexenfinder gab. Selbst Kinder wurden nicht geschont, wie denn unter andern in Luzern ihrer vier von 7 bis 12 Jahren verbrannt wurden. Das Pulver verbrannter Hexen aber wurde als Heilmittel gebraucht. Wie für die Ketzer, so hatte man damals auch für die Hexen besondere Türme, in denen sie verwahrt, untersucht und hingerichtet wurden, z. B. zu Lindheim in der Wetterau. Der Wahn des Hexenglaubens wurzelte so tief, daß es Jahrhunderte bedurfte, bis eine entschiedene Opposition nur auftreten durfte, und wieder Jahrhunderte, bis sie siegte. Einigen Eindruck hatten nach frühern Vorgängern die Verwahrungen gemacht, die der Jesuit Spee in seiner "Cautio criminalis" (Rinteln 1631) wider die Praxis der Hexenprozesse einlegte, und gegen das Ende des 17. Jahrh. griff Balthasar Bekker, reform. Prediger in Amsterdam, in seiner "Bezauberten Welt" (1691 u. ö.) das Princip der Dämonologie, den Glauben an den Teufel selbst, an. Seit Thomasius in seinen "Lehrsätzen von dem Laster der Zauberei" (1703 u. ö.) den offenen Kampf mit dem finstern Vorurteil aufgenommen hatte, fing man in Deutschland allmählich an, sich der Hexenprozesse zu schämen, und gegen die Mitte des Jahrhunderts entfernte auch die Gesetzgebung in Preußen, Österreich (durch Maria Theresia 1766) und andern Staaten, oder wenigstens der Gerichtsbrauch, das Verbrechen der Zauberei. Doch war noch 1729 zu Würzburg Maria Renata, die Subpriorin des Klosters Unterzell, auf ihr Geständnis, vom Teufel besessen zu sein, lebendig verbrannt und zu Landshut 1754 ein 13jähriges, 1756 ein 14jähriges Mädchen wegen Hexerei enthauptet worden. Der letzte Todesstreich gegen eine Hexe (die Dienstmagd Anna Göldi) fiel 1782 zu Glarus in der Schweiz. Doch spielte noch immer der Hexenglaube seine Rolle in den Annalen der Strafrechtspflege längere Zeit fort, insofern in gewissen Ländern, insbesondere in Mexiko, gelegentlich aber auch in England und Deutschland, ältere Weiber wegen Verdachts Tiere verzaubert zu haben, von der Landbevölkerung angegriffen oder getötet wurden. Selbst jetzt ist der Hexenglaube nicht völlig verschwunden; 1892 wurde in Eichstädt ein Franziskanermönch aus Wemding, der eine Frau als Hexe bezeichnet hatte, die die angebliche Besessenheit eines Knaben veranlaßt haben sollte, wegen Ehrenkränkung zu einer entsprechenden Strafe verurteilt.

Vgl. Soldan, Geschichte der Hexenprozesse (Stuttg. 1843; neu bearbeitet von Heppe, 2 Bde., 1880); Haas, Die Hexenprozesse. Ein kulturhistor. Versuch (Tüb. 1865); Roskoff, Geschichte des Teufels (2 Bde., Lpz. 1869); Baldi, Die Hexenprozesse in Deutschland und ihr hervorragendster Bekämpfer (Würzb. 1874); A. Wuttke, Der deutsche Volksaberglaube der Gegenwart (2. Aufl., Berl. 1869): Nippold, Die gegenwärtige Wiederbelebung des Hexenglaubens (ebd. 1875); Rhamm, Hexenglaube und Hexenprozesse, vornehmlich in den braunschw. Landen (Wolfenb. 1882); Mejer, Die Periode der Hexenprozesse (Hannov. 1882); Leitschuh, Beiträge zur Geschichte des Hexenwesens in Franken (Bamb. 1883); Diefenbach, Der Hexenwahn vor und nach der Glaubensspaltung in Deutschland (Mainz 1886); Längin, Religion und Hexenprozeß (Lpz. 1888); Baissac, Les grands jours de la sorcellerie (Par. 1890); Snell, Hexenprozesse und Geistesstörung (Münch. 1891); Henne am Rhyn, Der Teufels- und Hexenglaube (Lpz. 1892).

Hexenbesen, Wetter- oder Donnerbüsche, Donnerbesen, gewisse abnorme Zweigbildungen in den Kronen verschiedener Laub- und Nadelhölzer, deren Ursache meist auf die Anwesenheit eines parasitischen Pilzes zurückzuführen ist. Alle H. sind noch nicht hinreichend erklärt, in einzelnen Fällen können vielleicht auch Insekten ähnliche Gebilde veranlassen. Die H. der Weißtannen entstehen durch Accidium (Peridermium) elatinum Link, die der Kiefer durch Cladosporium entoxylinum Corda und Cladosporium penicilloides Preuss. Auf Hainbuche bewirkt Exoascus carpini Rostr., auf Kirsch- und Mandelbäumen Exoascus deformans Berk., auf Birke Exoascus turgidus Sdbck. die Bildung von H. - Der Volksmund bezeichnet hier und da wohl